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Amnesie - Robotham, M: Amnesie - Lost

Amnesie - Robotham, M: Amnesie - Lost

Titel: Amnesie - Robotham, M: Amnesie - Lost Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Robotham
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der Halle aussteigen, drehe ich
mich noch einmal zum Treppenhaus um. Ich habe dieses Gebäude dutzende Male durchsucht – in der Realität und in meinen Träumen –, aber ich möchte es immer noch ein weiteres Mal tun. Ich möchte es Stein für Stein auseinander nehmen.
    Rachel ist unauffindbar, genau wie die Menschen, die auf dem Boot ihr Blut hinterlassen haben. Ich weiß nicht, was das bedeutet, aber ein Zucken meines Gehirns, ein nervöser Schauder und irgendein Instinkt sagen mir, dass ich mir Sorgen machen sollte.
    Es wird spät. Laternen flackern auf, Rücklichter schimmern im Halbdunkel. Wir folgen dem Weg in den Garten hinter dem Haus – ein schmales, von Backsteinmauern umgebenes Rechteck aus Gras. Ein Kinderplanschbecken liegt umgedreht im Schatten, Gartenmöbel lehnen zusammengeklappt an dem kleinen Geräteschuppen.
    Hinten grenzt der Paddington Recreation Ground an den Garten, schlammige Pfützen sprenkeln den Park, auf der linken Seite liegt eine kleine Privatstraße mit Garagen, während sich rechts hinter einem halben Dutzend Mauern das Macmillan Estate erhebt, ein trister Nachkriegsbau mit sechsundneunzig Sozialwohnungen, Balkonen mit flatternder Wäsche und Satellitenschüsseln an der Fassade.
    Hier haben Mickey und Sarah sich immer gesonnt. Darüber ist das Fenster, aus dem Howard sie beobachtet hat. Am Tag von Mickeys Verschwinden kam ich auf der Suche nach Schatten und Stille in diesen Garten. Da wusste ich schon, dass sie nicht einfach abgehauen war. In einem fünfstöckigen Wohnhaus geht ein Kind nicht zufällig verloren. Alles sprach für Entführung oder Schlimmeres.
    Wenn Kinder vermisst werden, bedeutet das meist nichts Gutes. Jeden Tag verschwinden dutzende, meistens Ausreißer oder Verwahrloste. Aber bei einer Siebenjährigen ist das anders, denn die einzig möglichen Erklärungen sind immer der Stoff, aus dem die Albträume sind.

    Ich gehe in die Hocke und starre in den Teich, in dem träge ein paar Kois kreisen. Ich habe nie begriffen, warum Menschen Fische halten. Sie sind gleichgültig, teuer, schuppig und reichlich haltlos. Meine zweite Frau Jessie war auch so. Als wir ein halbes Jahr verheiratet waren, kam ich schneller aus der Mode als der Männertanga.
    In meiner Kindheit habe ich Frösche gezüchtet. Ich habe die Kaulquappen in einem Tümpel auf unserem Bauernhof gefangen und sie in Fässern gehalten, die man in der Mitte durchgesägt hatte. Babyfrösche sind süß, aber hunderte in einem Eimer werden zu einer zappelnden glitschigen Masse. Am Ende haben sie sich im ganzen Haus breit gemacht. Mein Stiefvater meinte, ich sei ein »phantastischer« Kaulquappenzüchter. Vermutlich hat er das nicht als Kompliment gemeint.
    Ali steht neben mir und schiebt sich die Haare hinter die Ohren. »Sie haben schon am ersten Tag gedacht, dass sie tot sein könnte.«
    »Ja.«
    »Wir hatten noch keine Hintergründe ermittelt, die Spurensicherung war noch nicht eingetroffen. Es gab weder Blutflecken noch Verdächtige, aber Sie hatten trotzdem ein ungutes Gefühl.«
    »Ja.«
    »Und Howard ist Ihnen gleich von Anfang an aufgefallen. Weshalb eigentlich?«
    »Er hat Fotos gemacht. Alle anderen Hausbewohner haben Mickey gesucht, aber er hat seine Kamera geholt. Er hat gesagt, er wolle es dokumentieren.«
    »Was dokumentieren?«
    »Die ganze Aufregung.«
    »Warum?«
    »Damit er sich später daran erinnern könne.«

5
    Als ich ins Krankenhaus zurückkehre, ist es fast dunkel. Im ganzen Gebäude riecht es säuerlich wie nach abgestandener Luft in einem verschlossenen Raum. Ich habe meinen Physiotherapietermin verpasst, und Maggie wartet darauf, meine Verbände zu wechseln.
    »Irgendjemand hat gestern Tabletten vom Medikamentenwagen genommen«, sagt sie, als sie meinen letzten Verband aufschneidet. »Ein Fläschchen mit Morphiumkapseln. Meine Freundin hat Ärger. Man glaubt, es war ihr Fehler.«
    Maggie beschuldigt mich nicht, aber ich spüre, dass eine Andeutung in der Luft liegt. »Wir hoffen, die Kapseln tauchen wieder auf. Vielleicht hat sie jemand verlegt.«
    Sie geht rückwärts zur Tür, das Tablett mit den Verbänden und der Schere vor sich.
    »Ich hoffe, Ihre Freundin bekommt nicht zu viel Ärger«, sage ich.
    Maggie nickt, dreht sich um und verschwindet lautlos.
    Ich liege auf dem Bett und lausche den Servierwagen, die klappernd in entfernte Zimmer geschoben werden. Irgendjemand wacht schreiend aus einem Albtraum auf. Im Laufe des Abends versuche ich vier Mal, Rachel Carlyle anzurufen. Sie

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