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Amnesie - Robotham, M: Amnesie - Lost

Amnesie - Robotham, M: Amnesie - Lost

Titel: Amnesie - Robotham, M: Amnesie - Lost Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Robotham
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Wackelkontakt.
    Ich bin nicht bis zum Schluss des Gottesdienstes geblieben, sondern habe mich nach draußen geschlichen. Vor der Gedenktafel, die später gesegnet wurde, bin ich kurz stehen geblieben.
    MICHAELA LOUISE CARLYLE
    1995 – 2002
    Wir hatten keine Zeit, Abschied zu nehmen, mein Engel, aber du bist nur einen Gedanken entfernt.
    Es gab keine Lehren zu ziehen, keine Logik und keine Handlung zu analysieren, keinen moralischen Trost zu spenden. Dem Richter zufolge war ihr Tod sinnlos und brutal gewesen und nun in seinen Kontext gestellt worden.
    Ich habe Howard Wavell ein Dutzend Mal vernommen in der Hoffnung, dass er Mickeys Grab preisgeben würde, aber er hat nichts gesagt. Hin und wieder haben wir eine neue Spur verfolgt, einen Garten in Pimlico umgegraben und den Teich im Ravenscourt Park trocken gelegt.
    Mit Rachel habe ich seither nicht mehr gesprochen, aber ich habe manchmal vor den Dolphin Mansions geparkt, aus dem Fenster gestarrt und mich gefragt, wie zwischen fünf Etagen und elf Wohnungen ein Kind verschwinden kann.

    Der altmodische Metallfahrstuhl rumpelt aufwärts. Ich klopfe an die Tür der Wohnung Nummer elf, aber niemand antwortet.
    Ali späht durch das Bleiglasfenster, hockt sich dann auf ein Knie und hebt die Klappe vom Briefschlitz.
    »Sie ist eine Weile nicht zu Hause gewesen. Auf dem Fußboden stapeln sich Briefe.«
    »Was können Sie sonst noch sehen?«
    »Die Schlafzimmertür steht offen. Ich sehe einen Bademantel an einem Haken.«
    »Ist er hellblau?«
    »Ja.«
    Ich kann mich erinnern, wie Rachel in diesem Bademantel auf dem Sofa gesessen und das Telefon an sich gedrückt hat.
    Ihre Stirn war schweißgebadet, ihr Blick verschleiert. Ich kannte die Symptome. Sie wollte einen Drink; sie brauchte einen Drink, einen Beruhigungsschluck, um alles durchzustehen.
    »Sieben Jahre. Das ist ein tolles Alter.«
    Sie antwortete nicht.
    »Verstehen Mickey und Sie sich gut?«
    Sie blinzelte mich erstaunt an.
    »Ich meine, haben Sie sich gestritten?«
    »Manchmal. Nicht mehr als normal.«
    »Und was glauben Sie, wie oft sich normale Familien streiten? «
    »Ich habe keine Ahnung, Inspector. Ich kenne normale Familien nur aus Comedyserien im Fernsehen.«
    Sie sah mich fest an, nicht trotzig, aber mit dem sicheren Wissen, dass ich die falschen Fragen stellte.
    »Ist Mickey mit irgendjemandem aus dem Haus besonders häufig zusammen?«
    »Sie kennt jeden. Mr. Wavell von unten, Kirsten von gegenüber, Mrs. Swingler, Mr. Murphy, Mr. Dravid im Erdgeschoss. Er ist Klavierlehrer…«

    »Gibt es irgendeinen Grund, warum Mickey einfach weggelaufen sein könnte?«
    »Nein.« Ein BH-Träger rutschte von ihrer Schulter, sie schob ihn hoch, er rutschte erneut runter.
    »Gibt es irgendjemanden, der sie Ihnen vielleicht wegnehmen wollte?«
    Sie schüttelte den Kopf.
    »Was ist mit ihrem Vater?«
    »Nein.«
    »Sie sind geschieden?«
    »Seit drei Jahren.«
    »Sieht er Mickey?«
    Sie knüllte die feuchten Papiertaschentücher in ihrer Faust zusammen und schüttelte noch einmal den Kopf.
    Mein marmorierter Notizblock lag aufgeschlagen auf meinem Knie. »Ich brauche einen Namen.«
    Sie antwortete nicht.
    Ich wartete, dass das Schweigen sie mürbe machen würde, aber es schien sie nicht zu berühren. Sie zeigte keine nervösen Ticks, fuhr sich weder durch die Haare, noch kaute sie auf ihrer Unterlippe herum. Sie war vollkommen verschlossen.
    »Er würde ihr nie wehtun«, verkündete sie unvermittelt. »Und er ist nicht dumm genug, sie zu entführen.«
    Mein Stift schwebte über dem Block.
    »Alexej Kuznet«, flüsterte sie.
    Ich dachte, sie macht einen Witz. Ich hätte beinahe gelacht.
    Das war aber mal ein klangvoller Name: ein Name, der einem die Kehle zuschnürt und den Schließmuskel löst, ein Name, den man nur heimlich und leise ausspricht und dabei die Finger kreuzt und auf Holz klopft.
    »Wann haben Sie Ihren Exmann zum letzten Mal gesehen?«
    »Am Tag unserer Scheidung.«
    »Und warum sind Sie so sicher, dass er Mickey nicht entführt hat?«

    Sie zuckte nicht mit der Wimper. »Mein Mann gilt als brutal und gefährlich, Inspector, aber er ist nicht dumm. Er wird weder Mickey noch mich je anrühren. Er weiß, dass ich ihn vernichten kann.«
    »Und wie genau wollen Sie das anstellen?«
    Sie musste nicht antworten. Ich erkannte mich selbst wieder in ihrem starren Blick. Sie glaubte fest daran. Sie hatte nicht den geringsten Zweifel.
    »Es gibt noch etwas, das Sie wissen sollten«, sagte sie. »Mickey leidet unter

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