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Amnion 2: Verbotenes Wissen

Amnion 2: Verbotenes Wissen

Titel: Amnion 2: Verbotenes Wissen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Donaldson
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hatten sie vornehmlich dringende Natur.
    Falls Nick wußte – oder ahnte –, daß sie ein Z-Implantat im Kopf hatte, wie lange könnte sie den Besitz des Kontrollgeräts geheimhalten? Mehr als alles andere mußte sie frische Kräfte sammeln. Ihre Furcht niederzuringen, erforderte Kraft; es verlangte Kraft, sich mit ihm abzugeben. Sie mußte Kraft haben, um seine Aufmerksamkeit zu zerstreuen.
    Das Zonenimplantat konnte ihr zu diesen Kräften verhelfen. Unter anderem hatte es die Funktion, das unentbehrliche Vermögen des Hirns zu neutralisieren, Müdigkeit zu erkennen. Leider wußte Morn nur, welche Funktionen das Implantat hatte; wie man sie am besten nutzte, davon verstand sie nichts. Natürlich konnte sie die über den Tasten aufgedruckten Beschriftungen lesen; aber sie hatte keine Ahnung, wie sie sich aufeinander abstimmen, miteinander kombinieren ließen, um spezielle Wirkungen hervorzubringen. Gegenwärtig konnte sie ihrem Implantat lediglich grobes Funktionieren entlocken.
    Das mußte sich ändern. Sie blieb in fatalem Umfang im Nachteil, solange sie keine vollständige Herrschaft über das Kontrollgerät hatte – über sich selbst –, bis sie ihre eigenen Nerven und Synapsen so zu steuern vermochte, wie Angus Thermopyle es getan hatte.
    Um diese Art der Steuerung zu lernen, brauchte sie Zeit. Viel Zeit.
    Im Moment durfte sie sich nur ein paar Stunden Gnadenfrist erhoffen.
    Solange Sie an Bord sind, ist keiner von uns sicher. Morn verdrängte die Bemerkung. Seien Sie lieber vorsichtig. Nick ist gescheiter, als Sie glauben. Außer ihrem unmittelbaren Problem wies sie vorerst alles von sich. Sie fand ihrer Kabine eine gesonderte Hygienezelle mitsamt eigenem Wasserbehälter angeschlossen; und in einem der Einbauschränke neben dem Behälter ein für Gäste bestimmtes Sortiment an Toilettenartikeln und sonstigen Utensilien, darunter auch eine kleine Dose mit Nähzeug zum Flicken zerrissener Bordmonturen. Sie suchte eine Pinzette heraus und brach damit das Gehäuse des Kontrollgeräts auf; dann kratzte sie mit einer Nähnadel eine minimale Lücke in die Schaltkreise des Geräts – genau an dem Abschnitt, der die Option ermöglichte, sie in einen Zustand der Hilflosigkeit zu versetzen, indem es die Verbindung zwischen Gehirn und Körper blockierte. Angus hatte diese Funktion häufig benutzt; sie hatte es ihm gestattet, mit ihrem wehrlosen Fleisch, während ihr Geist es nur mitverfolgen und bejammern konnte, zu treiben, was ihm behagte.
    So gut sie es konnte, stellte sie sicher, daß nie wieder irgend jemand diese Gewalt über sie ausüben durfte. Wenigstens in dieser Sache half ihr die an der Akademie genossene Elektronikschulung.
    Als sie fertig war, zitterten ihre Finger, sie hatte schreckliche Furcht, einen Fehler begangen zu haben. Doch sie konnte sich jetzt keine Furchtsamkeit leisten. Solange Sie an Bord sind, ist keiner von uns sicher. Ebensowenig durfte sie Fehler machen. Nick begehrte sie. Aber für sie waren sexuelle Lust und Angus eins geworden; für sie bedeutete sie nichts anderes als Brutalität und Vergewaltigung. Nick ist gescheiter, als Sie glauben. Sie unterdrückte das Zittern, schloß das Gehäuse des Kontrollgeräts. Mit überlegter Umsichtigkeit deponierte sie die Werkzeuge ihrer Manipulation – Pinzette und Nähnadel – wieder in der Hygienezelle. Dann hockte sie sich auf die Koje, lehnte den Rücken ans Schott, nahm das Kontrollgerät zur Hand und betätigte eine Taste.
    Sofort durchströmte sie ein wunderbares Gefühl der Gelassenheit. Eine Ruhe erfüllte ihren Körper, als wäre ihr gerade eine Kat-Injektion verabreicht worden. Wohltuende Dösigkeit breitete sich in ihren Gliedern aus, besänftigte die Enden gereizter Nerven, beschwichtigte alte, eingefleischte Ängste. Langsam entspannte Morn sich am Schott, der Kopf sank ihr auf die Brust.
    Heil. Sicherheit. Friede. Fast schlief sie, ehe die Verzweiflung, die sie bei Angus erlernt hatte, sie aufschreckte. Diese Anwandlung des Schauderns gab ihr die Kraft, um das Kontrollgerät auszuschalten.
    Als die Wahrnehmungen der Realität in ihre Muskeln und Neuronen zurückkehrten, trieb ihr die pure, abgrundtiefe Enttäuschung Tränen in die Augen.
    Doch sie wußte längst, daß das Leben mit einem Zonenimplantat kein Zuckerschlecken war; sie erwartete nicht, daß es leicht würde: Was sie anstrebte, war die Beherrschung dieses Daseins.
    Die gefühlsmäßige Sorge marterte sie, daß sie sich zuviel abverlangte, kein Mensch schaffen und

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