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Amnion 2: Verbotenes Wissen

Amnion 2: Verbotenes Wissen

Titel: Amnion 2: Verbotenes Wissen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Donaldson
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inoperabel, trug Morn das Kind Angus Thermopyles in ihrem Leib.
    Na, dachte sie mit immer stärkeren Wallungen der Hysterie, das erklärt natürlich den Ekel.
    Es war blanker Irrsinn. Was sollte jetzt eine Schwangerschaft? In der Raumfahrt stellten die meisten Frauen sicher, daß sie unfruchtbar waren, ob sie sich Kinder wünschten oder nicht. Im All lauerten zu viele Gefahren auf das Leben: Jedes Risiko für ein weibliches Crewmitglied bedeutete ein Risiko für das ganze Raumschiff. Und ohnehin hatte kein Raumer – außer vielleicht die luxuriösesten Passagierraumschiffe – geeignete Einrichtungen an Bord, um Kinder aufzuziehen. Im Weltall erachtete die Mehrheit der Frauen es als zu schauderhafte Aussicht, Kinder zu haben, um allen Ernstes daran zu denken. Wollten sie wirklich Kinder, gebaren sie sie auf Weltraumstationen und ließen sie dort auch aufwachsen.
    Aber für Morn war das Problem noch unendlich greulicher. Ihr Kind war, geradeso wie die Käptens Liebchen, dem Untergang geweiht. Aber ihnen stand nahezu mit Gewißheit kein schnelles Ende bevor. Es mußte im Gegenteil eine ausgedehnte Marter werden. Sobald das Virus die Computerspeicher gelöscht hatte, verlor das Raumschiff seine Mittel zur Astrogation und Navigation. Das Schiff mochte bis ans Ende aller Zeiten durch die schwarze Leere des Alls treiben – ein fliegender Sarg, dessen Insassen alle durch Hunger oder Durst den Tod gefunden hatten. Bis sie starben, müßten jedoch viele lange Monate verstreichen. Und ohne Zweifel verschlechterte sich in der Zwischenzeit ständig Morns Los.
    Mit Fortschreiten ihrer Schwangerschaft würde sie für Nick immer unattraktiver, sie ihm stets weniger bedeuten, nähme sein Interesse an ihrem Wohlergehen ab. Sie wäre körperlich verletzlicher. Und je näher Nick und sein Anhang dem Tode rückten, um so mehr mäßen sie Morn dafür die Schuld zu. Höchstwahrscheinlich wären sie und ihr Kind die ersten, die stürben.
    Und es war Angus’ Sohn, Angus Thermopyles Kind. Schon jetzt verhielt der Fötus sich so brutal wie sein Vater, beeinträchtigte Morns Überlebenschancen, so wie sein Vater ihre Seele verletzt hatte.
    Wie konnte sie überhaupt schwanger geworden sein? Was war aus der Langzeit-Geburtenkontrollinjektion geworden, die man ihr routinemäßig an der Polizeiakademie gegeben hatte? Diese Verhütungsmethode sollte bis zur Dauer eines Jahres wirksam sein, und die letzte solche Injektion hatte sie erst vor… erst vor…
    Die letzte Dosis war ihr vor einem Jahr injiziert worden.
    Unvermittelt fing Morn zu weinen an.
    Ach du meine Güte…!
    Sie hatte völlig vergessen, sich eine Auffrischinjektion geben zu lassen. Mit ihrer Menses hatte sie nie sonderliche Schwierigkeiten gehabt. Und von der Akademie hatte man sie schnurstracks der Stellar Regent zugeteilt, dem Zerstörer, den ihr Vater kommandierte, ein Raumschiff, auf dem die Mehrzahl der Personen, mit denen sie zusammenzuleben und zusammenzuarbeiten hatte, aus Verwandtschaft bestand. Sie hatte nie angestrebt, mit irgend jemandem an Bord ein sexuelles Verhältnis anzuknüpfen. In der Aufgeregtheit und Verantwortung, die mit dem ersten Antritt ihres Dienstes einhergingen, hatte sie für Sexualität überhaupt keinen Gedanken erübrigt.
    Eine unverzügliche Abtreibung bot die einzige sinnvolle Lösung. Die Cybernetiksysteme des Krankenreviers konnten sie innerhalb weniger Minuten durchführen.
    Doch sie brachte ihre Hände nicht zum Eintippen der erforderlichen Befehle. Sie schaffte es nicht, wie nachdrücklich sie sich auch zu zwingen versuchte, sich auf den Operationstisch zu legen.
    Ihre Tränen versiegten so plötzlich, wie das Weinen sie überkommen hatte.
    An der Stelle von Furcht, Zerrüttung oder Entrüstung erfüllte sie auf einmal eine absonderliche Taubheit, ein Verlust jedes Fühlens, den sie so wenig erklären konnte wie die Effekte ihres Z-Implantats. Sie stand unter Schock. Orns Gewalttätigkeit, das Duell, die Gefährdung der Käptens Liebchen: Das alles hatte Morn schlicht und einfach emotional völlig ausgemergelt. Auch die Entscheidung über eine Abtreibung überforderte sie gänzlich.
    Zum Glück konnte sie sie aufschieben. Nichts mußte noch in dieser Minute entschieden werden. Der MediComputer entledigte sie des Fötus jederzeit, wann sie es wollte.
    Angus’ Sohn.
    Geschockt oder nicht, sie schämte sich zu tief für das, was sie im Leib hatte – und ihre Furcht vor den Konsequenzen war zu groß –, als daß sie zu riskieren bereit

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