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Amnion 3: Ein dunkler, hungriger Gott erwacht

Amnion 3: Ein dunkler, hungriger Gott erwacht

Titel: Amnion 3: Ein dunkler, hungriger Gott erwacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Donaldson
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wir an der Vorbereitung der Aktion gearbeitet. Wenn Sie ein größeres Kommunikationsnetz wollten, weshalb haben Sie dann bis jetzt mit der Einrichtung gewartet?«
    »Weil ich gar nicht derjenige bin«, antwortete er lakonisch, »der es will. Der Drache hat diese Idee gehabt. Er hat mit mir darüber gesprochen, gerade als bei Frik der Kaze aufgetaucht ist. Ein komischer Zufall« – sein Ton blieb sachlich – »könnte man sagen. Auf jeden Fall, er ist der Ansicht, die Operation würde allmählich zu knifflig. Er will den Schaden begrenzen können, falls was schiefgeht. Deshalb legt er gesteigerten Wert darauf, schnellstens zu erfahren, was geschieht, damit wir dazu in der Lage sind, rechtzeitig etwas zu unternehmen. Er hat angeordnet, alles ins K-Netz einzubeziehen, was uns zur Verfügung steht. Dafür hat er uns zusätzlich den Gebrauch aller Kommunikationsmittel der VMK gestattet. Ich glaube, er möchte sich« – noch immer blieb Dios’ Tonfall neutral – »von dem distanzieren, was ich dem EKRK ins Gesicht gesagt habe.«
    Min Donner nickte. Natürlich. Das Kommunikationsnetz zu erweitern, war Fasners Idee. Die Geheimhaltung des Anti-Mutagen-Serums war seine Idee gewesen. Kurz vor Godsen Friks Ermordung hatte er mit ihm gesprochen. Er sprach mit Dios, als Frik starb.
    Fast neigte Min zu der Auffassung, daß weder sie noch der VMKP-Polizeipräsident wirklich existierten. Vielleicht waren sie beide lediglich Produkte der fiebrigen und raffgierigen Phantasie Holt Fasners.
    »Warden, hören Sie zu.« Sie konnte es unmöglich länger aufschieben: sie mußte es sagen. »Ich bin Ihre Leibwächterin. Das ist Teil meiner dienstlichen Aufgaben. Was könnte sich auf Thanatos Minor ändern, das dermaßen wichtig ist, daß Sie mich deswegen dort hinschicken, anstatt mich hier mit der Kaze-Abwehr zu beauftragen?«
    Lange bewahrte Dios Schweigen; so lange, daß Min mutmaßte, er hätte sich vom Interkom-Apparat entfernt, sie mit den leblosen Schaltkreisen allein gelassen. Aber dann hörte sie ihn durch das andauernde Singen ihres neuralen Rückkopplungseffekts seufzen.
    »Vermutlich betrachten Sie als merkwürdig, was ich Ihnen nun sage.« Er klang so distanziert, daß Min sich mit Leichtigkeit vorstellen konnte, er unterhielte sich mit jemand anderem oder führte ein Selbstgespräch. »Aber ich habe nicht vor, es Ihnen näher zu erläutern. Es ist so, daß ich Anlaß zu der Annahme sehe« – flüchtig stockte er, als ob er seinen Entschluß bereute, ihr diese Mitteilung anzuvertrauen – »Morn Hyland könnte überstehen, was ihr zugestoßen ist. Möglicherweise kommt sie mit dem Leben davon. Und für diesen Fall möchte ich von jemandem dafür gesorgt haben, daß sie am Leben bleibt, durch jemanden, dem ich vertraue. Das heißt, durch Sie. Viel Glück.«
    Hörbar knackte der Lautsprecher, als Dios seinen Interkom-Apparat abschaltete.
    Min hatte sich so angestrengt auf seine Worte konzentriert, daß sie nicht merkte, wie ihr wieder die Nase blutete. Als sie den Blick senkte, sah sie auf dem Textausdruck der Befehle feuchte, rote Kleckse.

 
ERGÄNZENDE DOKUMENTATION
     
     
GOSSENGANGS
    Bevor die Menschheit Kontakt zu den Amnion hatte, konnte man leicht glauben, eines Tages würden Gossengangs die Erde beherrschen.
    Ihre Wurzeln waren in gewisser Beziehung so alt wie das Verbrechen an sich. »Arme habt ihr allezeit bei euch«, sagte Christus und hatte damit nicht unrecht. Allerdings hätte er hinzufügen sollen, daß bei fehlendem Reichtum Armut keine Bedeutung hat: wo alle nichts haben, alle gleich sind, ist niemand arm. Erst von dem Moment an, als die menschliche Evolution auf das Prinzip des Habens stieß, hatten manche Individuen, Stämme oder Völker mehr, hatten andere weniger. Daß diese Ungleichheit Spannungen verursachen mußte, ließ sich voraussehen. In der Konsequenz führte diese Spannung zu Gewalt – dem Vorgang, daß die, die nicht hatten, jenen etwas raubten, die hatten.
    Wie bei allen menschlichen Unternehmungen zeigte sich auch dabei, daß konzentrierte Aktion effektiver war als individuelle Bemühungen: Gruppen konnten mehr rauben.
    In anderer Hinsicht waren die Gossengangs ein Phänomen der neueren Geschichte, nämlich ein Ergebnis der modernen Technisierung und Urbanisierung. Genauer ausgedrückt: sie waren sowohl ein Symptom des langsamen Zusammenbruchs der sozialen Infrastruktur der Erde wie auch eine Reaktion auf diesen Verfall.
    Weil die sozialen Institutionen der wohlmeinenden, aber steuerlich

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