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Amnion 3: Ein dunkler, hungriger Gott erwacht

Amnion 3: Ein dunkler, hungriger Gott erwacht

Titel: Amnion 3: Ein dunkler, hungriger Gott erwacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Donaldson
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ihrer elektronischen Flugdaten und Trajektorien.
    Von dermaßen intensiver Beleuchtung überstrahlt, daß sie nahezu phosphoreszent zu sein schien, sah die sich scharf abzeichnende Landschaft gleichzeitig banal und fremdartig aus. Auf vielen Quadratkilometern des Planetoiden war Thanatos Minors Oberflächengestein mit Beton übergossen worden, um die Außenseiten und Randzonen Kassaforts zu verstärken.
    Im Gegensatz zu den Werftbauten und dem Frachthafen der Station war diese Sektion frei von Laufkränen oder sonstigen Krananlagen, Umlade- und Wartungseinrichtungen oder Energiezapfstellen; ebensowenig gab es Schleusen für Frachtschlepper oder Schiffsbelader.
    Statt dessen waren nur vorhanden: die im Beton aufgeworfenen, Beulen ähnlichen, wie Insektenmäuler mit allerlei Fühlern und Zangen durchaus vergleichbaren Aufreihungen von Kabeln und Greifarmen garnierten Astro-Parkbuchten; mehrere Trichterantennen, die diesen Quadranten von Kassaforts Umraum abdeckten; ferner Scanningantennen und Rezeptoren, hochauf verzweigt und dünngliedrig wie abgebrannte Bäume, sowie da und dort die Luke einer Notschleuse; und eine Anzahl von Artilleriebunkern, die der Leere des Alls mit Salven aus Materiekanonen drohten.
    An und für sich hatten die Artilleriebunker ein wuchtiges, mörderisch gefährliches, unwägbar destruktives Aussehen. Doch unter der unermeßlichen Finsternis, die sich statt eines Himmels über Thanatos Minor wölbte, wirkte ihr Beton keineswegs massiver oder effektiver als das alte Planetoidengestein, auf dem man sie gebaut hatte.
    Ausschließlich das Licht war es – beziehungsweise der Kontrast zwischen der unnatürlichen, von Menschen erzeugten Beleuchtung und der natürlichen, menschenfeindlichen Weite –, das der Landschaft die Fremdartigkeit verlieh. Vor dem absolut allesbeherrschenden, schwarzen Hintergrund des Kosmos gab jede Bogenlampe, wie hell sie auch leuchten mochte, nur ein belangloses Fünkchen ab.
    Das menschliche Empfinden beharrte darauf, daß so viele Millionen Tonnen von Beton und soviel Fusionsenergie, so viele greifbare Resultate bewußten Planens sich zu einem hinlänglich großen Faktor summieren müßten, um einen Unterschied zu bedeuten. Aber die Leere ringsherum leugnete es.
    Angus trug EA-Anzüge aus demselben Grund, weshalb er Raumschiffe flog und Weltraumstationen betrat: natürlich auch, um Leib und Leben vor dem Vakuum zu bewahren; noch entscheidender kam es ihm jedoch darauf an, seinen Geist vom Abgrund fernzuhalten. Das Weltall als solches war ihm ein Greuel.
    Möglicherweise war dieser eine Sachverhalt das einzige in seinem Dasein, das Angus Thermopyle wirklich voll und ganz verstand.
    Wegen der Lichtverhältnisse konnte er die Käptens Liebchen, obwohl sie sich hundert Meter weit entfernt befand, deutlich sehen.
    Er erblickte sie genau in dem Moment, als sie sich aus ihrer Astro-Parkbucht löste. Inmitten eines Nebels dekomprimierter Luft, des Baumeins zertrennter Haltevorrichtungen und einer Corona gerissener, funkensprühender Stromkabel trudelte sie vom Besucherdock in die Höhe, als ginge sie ein für allemal verloren.

 
LIETE
     
     
    An der Kommandokonsole in ihrem G-Andrucksessel festgeschnallt, fühlte Liete Corregio stoßweisen Schub ihren Körper durchfahren und vielschichtige Winde ihre Seele durchwehen, während die Käptens Liebchen sich aus der Astro-Parkbucht losriß und von dem Planetoiden emporschwebte.
    Sofort zerrten neue Kräfte an ihr: Beschleunigung, Steuerdüsenschub, Bordrotation. Sie warfen ihre Gestalt von einer zur anderen Seite, schaukelten sich in ihrem Innern auf zu Übelkeit. Sie brauchten keine Bordrotation: ohne sie wären die Manöver des Raumers müheloser zu verkraften gewesen. Aber sie hatte auf Bordrotation geschaltet, weil Kassaforts Leitzentrale das von zentrifugaler G hervorgerufene Magnetfeld leichter orten könnte, und ebenso wären die Friedliche Hegemonie und die Stiller Horizont dazu fähig, geradeso wie die Sturmvogel. Und zudem beugte sie dadurch dem Eindruck vor, daß von der Käptens Liebchen eine Gefahr ausginge: ein Raumschiff, das sich auf ein Gefecht vorbereitete, behinderte sich im allgemeinen nicht selbst mit Bordrotation. Liete konzentrierte sich dermaßen angestrengt auf andere Angelegenheiten, daß sie den Wind in ihren Ohren nicht erkannte. Er fühlte sich wie der Mistral der Dringlichkeit an, doch genausogut mochte es der anhaltende schwarze Fön ihres Untergangs sein.
    Daß niemand am Posten des Bordtechnikers

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