Amnion 3: Ein dunkler, hungriger Gott erwacht
Käptens Liebchen, ihr die Kommunikationsfrequenz freizumachen und eine Direktverbindung zu ihrem Bordcomputer herzustellen.
Dann befahl das Amnion-Kriegsschiff der Käptens Liebchen, den Pulsator-Antrieb zu deaktivieren und den Waffensystemen die Energiezufuhr abzudrehen.
Als stünden ihre Synapsen in Flammen, betätigte Liete Schaltungen, die sowohl die Steueranlagen wie auch die Waffensysteme korrektursteuerten.
Die Empfindung erneuter G-Schwankungen kroch durch ihren Bauch, als das Raumschiff den Schub verlor. Fast glaubte sie, das unmerkliche Seufzen hören zu können, mit dem der Materiekanone und den Lasern die Energie entzogen wurde.
»Was…?« schrie Malda unwillkürlich auf.
Pastilles Ausruf unterbrach die Waffensysteme-Hauptoperatorin. »Was, zum Satan, machst du da, Liete?«
Liete vermochte keine Luft mehr zu holen. Ihre Nerven schienen zu glühen; Krämpfe stauten ihr den Atem in der Brust. Hat es geklappt? fragte sie das Schweigen. War ich flink genug? Fallen sie darauf herein?
Nick, sag mir, ich war schnell genug!
»Die Befehle kamen von der Stiller Horizont«, konstatierte Lind mit hoher, gepreßter Stimme. Um den Mund zu halten, hatte ihn zu tiefe Furcht gepackt. »Sie haben gelautet, den Antrieb und die Waffensysteme stillzulegen. Nicks Prioritätscodes sind benutzt worden… Die alten Codes.«
Vor Bestürzung oder Erleichterung erschlaffte Malda in ihrem G-Andrucksessel.
»Und du hast’s getan?« empörte Pastille sich wild. »Die Amnion haben die alten Codes verwendet, und du hast gehorcht? Bist du verrückt geworden?«
Ein Schauder durchlief Liete. Zaghaft tat sie einen, dann noch einen Atemzug. Schlagartig lockerten sich ihre verspannten Muskeln, und sie war wieder zum Atmen imstande.
»Jetzt halten sie uns für wehrlos«, sagte sie heiser, als verlöre sie die Stimme. »Nun können wir ernsthaft ans Werk gehen.«
In ihren Ohren war der Wind so schwarz und unheilvoll wie das Hyperspatium geworden.
ANGUS
Angus kletterte aus der Schleuse auf den Rumpf der Posaune und schwang die Materiekanone ins Freie.
Die Rumpfaußenfläche des Raumschiffs hatte eine kompliziert aussehende Beschaffenheit. Trichterantennen, sonstige Antennenanlagen sowie Rezeptoren spickten sie, stachen wirr ins All; als Versorgungsluken getarnte Stückpforten der Schiffsartillerie säumten die Rumpfsegmente. Am Heck ragten die scheinbar beliebig angeordneten Düsen des Pulsator-Antriebs aus der großen, unförmigen Rundung des Antriebsgehäuses. So ein Raumschiff konnte nur in den Augen eines Raumfahrers schnell oder schön wirken. Der Mangel an Aerodynamik sowie jeder ersichtlichen Symmetrie machte es für den Flug in jeder Atmosphäre untauglich; für die Durchquerung des Vakuums – oder des Hyperspatiums – blieben diese Eigenheiten unerheblich.
Angus wünschte, er könnte die Sterne sehen. Selbst winzige, Milliarden von Kilometern entfernte Lichtpünktchen hätten die unerbittliche Vollkommenheit der ringsum allgegenwärtigen Finsternis gelindert; hätten die Bedrohlichkeit des Abgrunds gemildert. Doch wie kleine Sonnen blendeten ihn die Bogenlampen und verwehrten ihm den Blick zu den Sternen.
Er adjustierte die Polarisation der Helmscheibe, um die Sicht zu verbessern, und beobachtete kurz die Docks, hielt nach Wächtern oder Augenzeugen Ausschau. Selbstverständlich gab es keine Garantie dafür, daß die Besatzungen anderer geparkter Raumer ihn nicht sahen. Wenn jemand Sensoren einsetzte, konnte er Angus und seine Begleiter leicht orten. Aber das war unwahrscheinlich. Thanatos Minors Gäste verließen sich in Sicherheitsfragen voll auf den Kassierer. Eine akutere Gefährdung bedeutete die Leitzentrale; doch auch die Wahrscheinlichkeit, daß sie sie entdeckte, war nicht allzu hoch. Station Kassafort hatte sich darauf eingerichtet – und das Personal entsprechend geschult –, sich gegen Bedrohungen zu verteidigen, die aus dem Hyperspatium und dem Dunkel des Alls kamen, nicht hingegen auf die tollkühne Anmaßung von Menschen, die wie Mücken über die Oberfläche des Planetoiden krochen.
Unter den grellen Lampen wirkte der stumpfe, weiß erhellte Beton Kassaforts so öde und menschenfeindlich wie eine Wildnis.
Angus behielt die Käptens Liebchen im Auge, während er von der Luftschleuse abrückte, um seinem Trupp das Aussteigen zu ermöglichen.
Ließ man einmal ihr gewaltsames Ablegen außer acht, bewegte sich Succorsos Interspatium-Barkentine, als vollzöge sie eine routinemäßige
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