Amnion 3: Ein dunkler, hungriger Gott erwacht
auf Davies –, »er soll tun, was ich sage. Er soll meinen Befehl befolgen. Danach überlasse ich dir das Kommando. Sonst…«
Er hob die linke Hand hinter Lumpis Rücken hervor. In der Hand hatte er Morns Zonenimplantat-Kontrollgerät.
»Ich habe meine Finger auf genug Knöpfen«, konstatierte er heiter, »um ihr das Gehirn zu verschmoren.« Unvermittelt schnauzte er Davies an. »Hast du’s kapiert, du kleines Stück Dreck?!«
Aber schon im nächsten Moment hatte er die Beherrschung zurückgewonnen. »Einmal zugedrückt, und sie ist ’n Nullwellenhirnchen. Und das wäre ja immerhin doch ’ne gewisse ausgleichende Gerechtigkeit, was? Also noch mal von vorn.« Er sprach jede Silbe ganz deutlich aus. »Du legst nun vom Dock ab. Ich will, daß du…«
Mit all ihrer Kraft vollführte Mikka einen Satz auf ihn zu.
Aus Panik zuckte Lumpi am ganzen Leibe zusammen. Morn wollte schreien, aber ihre Kehle war wie verstopft.
Blitzartig wie eine Schlange riß Nick die Rechte hoch und setzte Lumpi eine Pistole an die Ohrmuschel.
Mikka blieb stehen, als wäre sie gegen eine Wand gelaufen.
»So gefällt’s mir besser«, knurrte Nick, schmunzelte hämisch. »Vielleicht kommen wir jetzt allmählich ’n bißchen weiter.«
Er bohrte Lumpi die Mündung der Waffe ins Ohr, bis Mikka zur Kommandokonsole zurückgewichen war; danach erst senkte er die Waffe. Lumpi keuchte durch die Zähne, taumelte fort. Doch Nick packte ihn am Kragen der Bordmontur, zog ihn beiseite und stieß ihn roh in den G-Andrucksessel des Ersten Offiziers.
Verkrampft legte Lumpi die Unterarme mit den Innenseiten auf die Armlehnen des Sessels. Aber Nick räumte ihm zum Auf- und Fortspringen keine Gelegenheit ein. Er drehte den Sitz, brachte Lumpi und die Konsole zwischen sich und die restlichen Anwesenden.
Dadurch wieder gedeckt, stützte er sich mit beiden Armen auf die Rücklehne des Andrucksessels, richtete mit einer Faust die Pistole auf Lumpis Schläfe, behielt in der anderen Hand Morns Zonenimplantat-Kontrollgerät in Bereitschaft.
»Hört ihr mir nun endlich zu?« erkundigte er sich nachgerade leutselig. »Wollt ihr nun hübsch aufmerksam sein? Von hier aus kann ich euch alle umlegen, also erlaubt euch keine Fisimatenten. Und der gute, alte Kaptein Thermogeil kann sich nicht hinterrücks anschleichen.« Er deutete mit einem Nicken hinüber zum Einstieg, um zu verdeutlichen, daß er ihn vollständig in seiner Sicht hatte. »Und außerdem biete ich ihm gar keine Möglichkeit, mir dazwischenzumurksen. Wir fliegen ab. Davies, du mieses, kleines Arschloch« – er schaute Davies an – »es ist wirklich besser, du richtest dich nun nach meinen Befehlen. Tust du’s nicht, muß nämlich Morn als erste dafür büßen. Zum letztenmal…« Er verfiel erneut in Gebrüll. »Du sollst ablegen!«
»Nein.« Es erstaunte Morn, daß sie plötzlich wieder sprechen konnte. Aber sie fühlte sich zu schwach, um von alldem noch mehr durchstehen zu können. Und Davies bedurfte ihrer Hilfe. Alle diese Menschen brauchten ihren Beistand. Nick war ihr Problem.
»Es ist mir gleich, was aus mir wird. Ich bin sowieso zu nichts nutze, solang ich nicht das…« Mit abgehackter Geste wies sie auf Nicks linke Hand. Hätte sie genügend Kräfte für so etwas gehabt, sie wäre auf ihn zugegangen; aber sie war viel zu ausgelaugt, um von Vector und dem G-Andrucksessel abzulassen.
Sie hatte Nick soweit getrieben. Ihre Lügen und ebenso ihre Überzeugungen, ihre falsche sexuelle Hingabe und ihr ehrlicher Einsatz für ihren Sohn hatten ihn seine Unbezwingbarkeit gekostet, seinen Glauben an sich selbst. Auch das war ein zu hoher Preis gewesen. Nun mußte sie die Folgen tragen.
»Nur zu, verschmor mir ruhig das Hirn, wenn du willst. Bring uns alle um und versuch dich allein durchzuschlagen. Oder wach auf und schau den Tatsachen ins Auge. Du bist erledigt. Es ist vorbei mit der lebenden Legende Nick Succorso. Den heldenmütigen, ruhmvollen Raumpiraten Succorso gibt es nicht mehr. Du hast kein Raumschiff mehr, du hast alles verloren. Ist es nicht so, Nick? Ist es nicht wahr?«
Lumpi wand sich im G-Andrucksessel, als säße er äußerst unbequem.
Nick stieß ihm die Waffe gegen die Schläfe. So bleich, als fiele er in Ohnmacht, ließ sich der Junge im Sitz zusammensinken.
Doch Nick hatte reagiert, ohne Mikkas Bruder oder sein Verhalten wirklich zur Kenntnis zu nehmen. Das krampfhafte Zucken erfaßte sein ganzes Gesicht, als hätten Morns Worte ihm einen Nerv verätzt; es hatte sich
Weitere Kostenlose Bücher