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Amnion 3: Ein dunkler, hungriger Gott erwacht

Amnion 3: Ein dunkler, hungriger Gott erwacht

Titel: Amnion 3: Ein dunkler, hungriger Gott erwacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Donaldson
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Knien auf; alte, andauernde Gelenkbeschwerden behinderten nicht nur seine Bewegungen, sondern trübten auch seinen Blick. »Hättest du nicht obendrein noch eine ganze Menge mehr abgekriegt«, erklärte er ruhig, »sähe man da, wo ich dich geschlagen habe, einen blauen Fleck.« Weich wie Samt strich er mit den Fingerspitzen über den Rand ihres Wangenknochens.
    Instinktiv schrak Morn zurück. Er war ein Mann, geradeso wie Nick; so wie Angus. Trotz aller Behutsamkeit wirkte seine Berührung auf Morn nicht anders als eine neue Brutalität.
    Er lächelte wieder, als er die Hand fortnahm. »Es wäre mir lieber, ich wüßte genau, ich hätte mein Verhalten auf alle Fälle bereut. Aber so wie’s gekommen ist, habe ich dazu mehr Grund, als du ahnst. Ich bin von dir dazu gezwungen worden, einmal mein Leben und seinen Sinn von allen Seiten zu beleuchten, und was mir dabei aufgefallen ist, hat mir gar nicht geschmeckt. Wäre ich klüger – oder vielleicht mutiger –, hätte ich nicht dich, sondern mir selbst eine runtergehauen. Eigentlich blicke ich überhaupt nicht mehr richtig durch. Wie ist es möglich, daß ein Kerl wie Angus hier aufkreuzt, um dich vor Nick und den Amnion zu retten…? Also, das ist zuviel für mich. Aber es hat mir eine Gelegenheit gegeben, alles einmal anders zu betrachten. Da liegen die anderen Gründe meiner Reue. Im Rückblick halte ich es für regelrecht herzlos von mir« – er schmunzelte etwas breiter – »die Frau geschlagen zu haben, die mein ganzes Leben verändert hat.«
    Was er da sagte, mußte ihm wichtig sein, sonst hätte er es nicht so betont; doch die Bedeutung entging ihr. Sobald sie merkte, daß er ihr nichts anzutun beabsichtigte, konnte sie sich nicht mehr auf ihn konzentrieren. In Gedanken war sie schon wieder bei Davies; war sie bei ihm auf der Steuerbrücke eines Raumschiffs, das sie kannte, unzweifelhaft eines VMKP-Raumschiffs, ob Angus nun etwas mit der Polizei zu schaffen hatte oder nicht. Nur ihre Schwäche, nur die unabwägbaren Nachwirkungen ihrer Stunden in der Amnion-Zelle hielten sie zurück.
    Sie benötigte das Zonenimplantat-Kontrollgerät. Ohne es verfügte sie über zu geringen Wesensgehalt, über zuwenig Mittel, um irgend jemandes Leben ändern zu können; gegenwärtig verstand sie nicht einmal das eigene Leben zu beeinflussen.
    »Tut mir leid«, sagte sie. »Ich brauche…« Sie verstummte, konnte es nicht aussprechen.
    Allem Anschein nach machte sich Vector eigene Vorstellungen von dem, was Morn brauchen mochte. Er nickte, als ob seine Schrullen ihn amüsierten. »Genauso geht’s mir auch.«
    Dann nahm, er Morn am Arm und schob sie sachte an. Gebrechlich wie eine Versehrte schlurfte sie mit ihm durchs Raumschiff.
    Während sie die Konnexblende zum Kommandomodul durchquerte, hörte sie bereits Stimmen von der Steuerbrücke.
    »Falls jemand einzudringen versucht hat, ist es vom Bordcomputer nicht aufgezeichnet worden«, sagte Davies, besprach sich vermutlich mit Mikka. »Ich habe im Kommunikationssysteme-Computerlogbuch nachgeschaut. Ein ganzer Katalog von Drohungen ist gegen uns ausgestoßen worden, eine Menge von der Leitzentrale, einige vom Kassierer persönlich. Mit der Zeit haben sie sich immer hysterischer gebärdet, aber anscheinend ist nichts Konkretes geschehen. Dann ist auf einmal alles vorbei. Die Übertragung hört auf. Keine Forderungen mehr, keine Drohungen… Und keine Flugdaten. Nichts als Statik. Die Stiller Horizont könnte direkt über uns schweben, ein halbes Dutzend Raumschiffe im Anflug auf Thanatos Minor sein, und wir würden’s nicht erfahren.« Er setzte ein sarkastisches Lächeln auf, das Morn an Angus erinnerte. »Andererseits erhalten wir noch Stationsstrom.«
    »Bordstatus?« fragte Mikka in brüskem Ton.
    »Die Bordsysteme sind voll funktionstüchtig«, meldete Davies. »Alle Anzeigen grün. Ich bin die Checkliste durchgegangen. Wir sind betriebsbereit.«
    »Dann aktiviere das Scanning«, befahl Mikka. »Als erstes müssen wir wissen, wer in der Nähe ist und uns was anhaben könnte.«
    Morn ging von Vector auf Abstand. Die Arme aufs Geländer gestemmt, die Knie durchgedrückt, schleppte sie sich die Stufen hinab. Sie wünschte sich, daß ihr Sohn an sie glaubte. Wenn er ihre Schwäche sah, hatte er zu ihr vielleicht kein Vertrauen!
    Er saß im Kommandosessel. Er hatte die Hände in akkurater Haltung, aber vorsichtig über die Konsole gestreckt, wirkte dabei nicht besonders kompetent. Morns Erinnerungen und die mit Angus

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