Amnion 3: Ein dunkler, hungriger Gott erwacht
Zonenimplantat-Kontrollgerät gebraucht hatte, dann in diesem Augenblick. »Dein Gedächtnis ist vollständig.« Wie außer mit Hilfe des Z-Implantats sollte sie es verwinden, daß ihr Sohn alles über sie wußte? »Du erinnerst dich daran, was Nick mir über das Serum erzählt hat.«
Kein Wunder, daß ihm der Sinn danach stand, Nick vom Schiff auszusperren. Er erinnerte sich an alles, was sie zusammen mit Nick getan hatte: an die Lügen und die Verzweiflung, die Vergewaltigungen…
»Ja.« Davies redete über die Schulter zu ihr, ohne sie anzuschauen. »Ich erinnere mich an alles.« Seine Stimme klang nach unüberbrückbarer innerer Distanz, als ob sein Wissen ihm unabwendbares Verhängnis bestimmte. »Kaum hatte ich Angus das erste Mal gesehen, fiel mir nach und nach alles ein.«
Er entsann sich der Menschen, die ihr Versagen das Leben gekostet hatte.
Er erinnerte sich an alles, was Angus mit ihr gemacht hatte.
Wünschte er Angus’ Tod so sehr wie Nicks Tod? Oder galt sein restlicher Zorn und Widerwille ausschließlich ihr? Hielt er jetzt seinem Vater die Treue, weil er die von seiner Mutter ererbten Erinnerungen nicht zu verkraften vermochte?
Daß er Erbitterung und Abneigung empfand, konnte sie vollauf nachvollziehen. Aber was in ihren oder seinen Erlebnissen gab ihm Anlaß zum Stolz?
Stünde er ohne sie da – oder sie ohne ihn –, hätte er niemanden außer Angus.
Vector war zu Morn getreten. Obwohl er sie nicht berührte, hatte sie den Eindruck, daß er sich dicht bei ihr hielt, um ihr irgendwie eine Stütze zu sein.
»Da wir gerade von Angus sprechen, wieviel Zeit hat er noch?« fragte Vector ruhig dazwischen.
»Er hat mir ’ne Frist von einer Stunde genannt.« Mikka gab nur zerstreut Auskunft: ihre hauptsächliche Aufmerksamkeit richtete sie auf die Monitoren. »Ich habe sofort aufs Chronometer des EA-Anzugs geschaut. Jetzt bleiben ihm« – sie las die Anzeigen der Kommandokonsole ab – »noch achtzehn Minuten.«
Unterdrückt fluchte Davies. »Das läßt der Stillen Horizont genug Zeit, um sich genau über uns in Position zu bringen. Dann steht uns nach dem Start keine Trajektorie offen, um außer Schußweite zu gelangen.«
»Also starten wir lieber sofort«, schlug Nick in beißend-scharfem Ton vor.
Sib und Mikka wirbelten herum. Davies drehte den Kopf in die Richtung der Konnexblende. Indem sie sich auf den Kommandosessel und Vectors Schulter stützte, wandte auch Morn sich um, sah Nick, der Lumpi wie einen Schild vor sich herschob, die Stufen herabsteigen.
Lumpi bewegte sich, als hätte er Krämpfe in den Armen. In seinen Augen leuchtete ständig Weißes auf, als ob er mit ihnen ununterbrochen rollte, seine jungen Gesichtszüge wirkten verzerrt.
Er kam mit leeren Händen. Anscheinend hatte Nick ihn in der Kombüse überrascht, bevor er irgend etwas hatte zubereiten können.
Nick hatte sich die Zeit zum Ablegen des EA-Anzugs genommen. Er lächelte angestrengt, aber ein Zucken in seiner Backe entstellte das Grinsen zu einer Fratze. In seinen Narben staute sich Blut: sie sahen schwarz wie Rache aus. Seine Augen stierten wild umher, als fühlte er sich in die Enge getrieben.
Ohne Hast klomm er ins Kommandomodul. Er hielt sich hinter Lumpi, betrat das Deck.
»Zu warten können wir uns nicht leisten«, sagte er, als verspritzte er Säure. »Du hast jetzt deine Chance, Davies, um mich davon zu überzeugen, daß du’s wert bist, am Leben bleiben zu dürfen. Du machst nun vom Besucherdock los. Wir führen die normale Ablegeroutine durch. Fahr den Pulsator-Antrieb auf Schubbereitschaft hoch. Und du bereitest die Aktivierung des Ponton-Antriebs vor.«
Davies fletschte die Zähne. Mit sichtlicher Vorsätzlichkeit nahm er die Hände von der Kommandokonsole und schlang sie um die Armlehnen des Andrucksessels.
»Ich rate dir, es sofort zu tun«, warnte ihn Nick. »Du bist verdammt entbehrlich, ist dir das eigentlich klar?«
»Nick.« Mikka trat einen Schritt vor, schwang streitbar die Hüfte. »Ich habe hier das Kommando. Wir gehorchen deinen Befehlen nicht mehr. Das gilt für uns alle.«
An der Weise, wie Lumpi vor Nick stand, stimmte etwas nicht: seine Haltung war zu steif, er hielt sein Rückgrat zu starr. Morn öffnete den Mund, um Mikka zu warnen, doch kein Laut drang aus ihrer Kehle, sie blieb stumm.
Auf lächerliche Manier ruckten Nicks Brauen auf und ab, während er seine ehemalige Ersten Offizierin musterte. »Ich gebe auch dir ’ne Chance. Befiehl ihm« – mit dem Kinn wies er
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