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Amnion 4: Chaos und Ordnung

Amnion 4: Chaos und Ordnung

Titel: Amnion 4: Chaos und Ordnung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Donaldson
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nicht? Es ist mir egal, ob sie vernünftig sind. Es ist mir gleich, welchen Preis es uns kostet. Die Sturmvogel hat meine Mutter meine Großmutter – getötet. Wenn wir sie nicht zur Strecke bringen, bleibe ich ein Nichts!
    Irgendwie jedoch beherrschte er sich. »Morn hat schon eine Entscheidung getroffen«, entgegnete er lasch. »Daß wir nämlich der Sturmvogel folgen.« Sogar in den eigenen Ohren erregte seine Antwort einen wenig überzeugenden, kraftlosen Eindruck, als wäre er nur ein trotziges Kind; doch er wußte nicht, wie er seine Bedürfnisse anders in Worte fassen sollte. Morn beobachtete ihn mit Kummer in der Miene, als ob er sie enttäuschte. »Daß wir der Sturmvogel folgen«, wiederholte er. »Sie hat zu viele Menschen abgeschlachtet. Wir sind Polizisten, wir dürfen uns vor dieser Anforderung nicht drücken…«
    Mit einemmal hatte er eine Eingebung und verstummte. Sein innerliches Glosen brannte so hell, daß es ihn exaltierte. Anstatt weitere Begründungen vorzutragen, sagte er das einzige, von dem er annehmen konnte, daß es Angus auf seine Seite zog.
    »Milos Taverner ist bei ihr an Bord.«
    Kaum hatte Davies den Namen genannt, funkelte erneut alte Wut in Angus’ gelblichen Augen. Sein Haß hatte beinahe autonomen Charakter: er war so stark, ging dermaßen tief, daß nicht einmal seine Zonenimplantate ihn meistern konnten. Sein Mund zuckte, als entsänne er sich an widerwärtige Martern.
    »Vielleicht wäre es doch keine so verwerfliche Tat«, murmelte er, »Sorus Chatelaine aus ihrem Elend zu erlösen.«
    »Macht mich los«, verlangte Nick hartnäckig. »Ich halte sie auf. Ich weiß, was ich zu tun habe.«
    »Jetzt reicht’s mir«, konstatierte Sib in unnatürlich rohem und übermäßig selbstsicherem Tonfall. »Das Gesabber hör ich mir nicht mehr an. Ich klebe ihm das Maul zu.«
    Grimmig schob er die Pistole in eine Tasche der Bordmontur und zückte aus einer anderen Tasche die Rolle Isolierband.
    »Nein!« erhob Davies nochmals Einspruch. »Nicht.« Jetzt lenkte ihn Intuition, gebieterisch wie Feuer. Weil er verzweifelt war, sah er neue Möglichkeiten… »Wir brauchen ihn.«
    Er hieb auf den Verschluß der Sesselgurte, befreite sich aus dem Geschirr, sprang aus dem G-Andrucksessel des Ersten Offiziers, um Sib in den Arm zu fallen.
    Sib verharrte und blickte ihn konsterniert an. Morn machte den Mund auf, als wollte sie sich einmischen. Vector mußte ihren Entschluß ins Wanken gebracht haben; sie stand nicht mehr auf Davies’ Seite, versagte ihm ihre Unterstützung, während er sie am dringendsten benötigte. Doch anstatt etwas zu äußern, schaute sie ihn nur an, dumpfes Weh in den Augen.
    »Der?« prustete Angus verächtlich. »Du meinst Scheißkapitän Schluckorso? Dann müssen wir tiefer in Schwulitäten stecken, als ich dachte. Wofür, zum Henker, sollte der denn gut sein?«
    Davies gab sich erst gar nicht mit einer Antwort ab. Als er Sib zögern sah, schwebte er statt auf ihn auf Nick zu.
    Nick lehnte in zusammengekauerter Haltung, als hinderten ihn die Fesseln am Aufrichten des Rückens, am heckwärtigen Schott. Damit er nicht zum Geschoß wurde, wenn die Posaune manövrierte, hatte Sib ihm einen Arm an einem Haltegriff befestigt: daran baumelte Nick wie ein gerupftes Huhn.
    Auf abartige Weise wirkte er, als wäre er wegen seiner Narben blind. Ihre irrsinnige Ausdrucksfähigkeit beherrschte seinen Blick vollkommen. Leidenschaftliche Besessenheit pochte in ihnen, als wären sie alles, was er noch hätte.
    Am Brustteil von Nicks Bordmontur fing Davies sich ab.
    Unter den Brauen hervor starrte Nick ihn an.
    Ohne auf den Druck zu achten, unter den Morns Bestürzung und Angus’ Geringschätzung ihn setzten, erwiderte Davies seinen Blick.
    »Und wie?« wünschte er zu erfahren. »Wie willst du sie aufhalten?«
    Nick grinste ein abweisendes Lächeln. »Laß mich frei.«
    »Na klar«, antwortete Davies in scharfem Ton; aggressiv aus Verzweiflung. »Wir lassen dich frei, geben dir ’ne neue Gelegenheit, uns alle abzumurksen. Kannst du dir vorstellen, daß Angus damit einverstanden wäre? Daß Morn zustimmt? Benutze mal deinen Grips, Nick. Eher wirst du hier hängen, bis du verfault bist. Du hast behauptet zu wissen, was du tun mußt. Bis jetzt glaub ich’s dir nicht. Wie könntest du sie denn nach deiner Ansicht aufhalten?«
    Nicks Augen bekamen einen Ausdruck manischer Berechnung. Er schielte an Davies’ Schulter vorbei Angus und Morn an, ehe er den Blick wieder auf Davies heftete.

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