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Amnion 4: Chaos und Ordnung

Amnion 4: Chaos und Ordnung

Titel: Amnion 4: Chaos und Ordnung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Donaldson
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Haltegriff, mit einer Schulter wumste sie gegen das Schott. Ihr Leben hing davon ab, daß sie Halt hatte: ihre Hände und der Nullschwerkraftgurt verhinderten, daß der Andruck sie zwischen die Bildschirme schleuderte. Vielleicht reichte die kurze Beschleunigung aus, gelang es Angus, den Interspatium-Scout aus dem Kollisionskurs mit dem Asteroiden zu lenken, der bedrohlich näher schwebte; vielleicht…
    Mit merklichem Stottern versiegte der Triebswerksschub der Posaune.
    Schlagartig schwand die G-Belastung. Die Muskelspannung in Morns Armen hob sie in die Luft. Der Nullschwerkraftgurt riß sie zurück.
    Kein Schub mehr…!
    Geblendet durch den Partikelsturm, lösten die Nahbereichssensoren erst kaum eine Sekunde, ehe die Posaune gegen den Asteroiden schrammte, Alarm aus.
    Ein grauenvolles Kratzen und Scharren tönte durch das Raumschiff, während Morn von dem Haltegriff gerissen zu werden schien. Der Andruck drohte sie quer durch die Brücke zu schleudern, aber sie hing noch am Nullschwerkraftgurt. Rumpf und Struktur des Schiffs gellten in stählerner Agonie. Davies warf es wie eine Puppe zwischen G-Andrucksessel und Kontrollkonsole hin und her. Angus dagegen schützte seine übermenschliche Kraft: In starrer Haltung stoisch an seine Kommandokonsole geklammert, ertrug er die Kollision.
    Gravitation knickte Morn ein. Mit der Stirn prallte sie aufs eigene Knie. Der Nullschwerkraftgurt schien sie zu halbieren. Sie bekam keine Luft…
    Unter dem Krachen der Beschädigungen und dem Jaulen der Alarmsirenen gelangte die Posaune zum Stillstand, als hätte sie sich in den Fels des Asteroiden gerammt. Verschiedene Arten von Alarmsignalen hallten: Hinweise auf Schäden, Warnungen vor Elektrizitätsschwankungen und Systemausfällen. Metall knirschte und knarrte, während Rumpf und übrige Bauteile des Raumschiffs sich verformten.
    Morn schmerzten Hüften und Knie, als wären sie ausgerenkt worden; in ihrem Unterleib stach und glühte es, als könnte Gewebe gerissen sein; Druck schien ihre Schädelknochen zu durchbohren.
    Aber sie lebte. Noch immer hörte Morn nicht den gräßlichen Alarm winseln, der auf Lecks aufmerksam machte. Allerdings funktionierte der Pulsator-Antrieb der Posaune nicht mehr. Ohne Schub hatte sie keine Möglichkeit zum Betrieb der Bordsysteme; keine Energie zum Aufladen der Bordartillerie. Akkumulatoren konnten die Tätigkeit der Lebenserhaltungssysteme und automatischen Wartungsfunktionen für einige Zeit aufrechterhalten, zur Verteidigung des Interspatium-Scouts jedoch trugen sie nichts bei.
    Das Schiff konnte nicht mehr auf Abstand von dem Asteroiden gehen.
    Unversehens war der Felsklotz ihr Grabstein geworden.
    »Angus…«, keuchte Davies, stöhnte. Seine Stimme entrang sich der Brust mit der Mattigkeit eines letzten Atemzugs. »Ach du lieber Gott. Angus…«
    Angus, was sollen wir tun?
    Sobald man an Bord der Sturmvogel wieder einwandfreie Scanningdaten vorliegen hatte, schoß man den wehrlosen Interspatium-Scout zu Schrott.
    »Halt’s Maul!« brauste Angus auf. Entsetzen oder Tollwut sprach aus seinem Tonfall: er tobte vor Zorn oder Furcht. »Reiß dich zusammen! Gottverdammt noch mal, nimm dich zusammen! Ich brauche dich.«
    Durch einen brutalen Faustschlag öffnete er seine Gurte. Mit akrobatischer Leichtigkeit vollführte er einen Purzelbaum aus dem G-Andrucksessel und schwang sich hinüber zur Konnexblende.
    Um von der Brücke zu fliehen…?
    Nein. In Morn scholl ein Aufschrei kompromißlosen Widerspruchs durch den Scherbenhaufen ihres Schädels. Nein! Nicht jetzt: nicht so. Doch nicht, während sie und ihr Sohn fast zu zerschlagen waren, um sich selbständig zu retten.
    Trotz der Qual ihrer zerdehnten Gliedmaßen und der heftigen Beschwerden in ihrem Leib streckte sie Oberkörper und Glieder. G bedeutete kein Hemmnis mehr; der Asteroid hatte kaum welche, die Posaune noch weniger. Sie stemmte sich gegen den Gürtel und grapschte nach Angus. Reckte die Finger nach ihm, als wollte sie ein Stoßgebet von sich geben. Er befand sich schon außer Reichweite. Auf der anderen Seite seiner unermeßlichen Verzweiflung.
    Dennoch verharrte er am Geländer des Aufgangs, als hätte Morn seinen Arm erhascht; ihn zu sich herumgezerrt. Seine gelben Augen stierten sie an, als bedrohte er sie mit giftigen, fauligen Hauern.
    »Angus«, mahnte, flehte sie. Sein Name schien aus einem Abgrund der Erniedrigung und des Schreckens heraufzuquellen. »Angus. Was hast du vor?«
    »Frag nicht!« schrie er, als wüteten in

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