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Amnion 4: Chaos und Ordnung

Amnion 4: Chaos und Ordnung

Titel: Amnion 4: Chaos und Ordnung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Donaldson
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so daß Angus sie zerstören konnte.
    Die Bordmonrur hing ihm noch um die Hüften. Er hielt sich nicht damit auf, sie hochzuziehen. Als er den Spind erreichte, in dem sein EA-Anzug hing, streifte er sie vollends ab, warf sie beiseite. Es mochte sein, daß er ohne die Montur weniger schwitzte, er so das Dehydrationsrisiko verringerte. Splitternackt öffnete er den Wandschrank und entnahm den EA-Anzug.
    Keine dieser Handlungen beging er aufgrund irgendwelcher Befehle seines Interncomputers. Im Gegenteil, der Data-Nukleus stand ihm zu Diensten. Die Zonenimplantate unterstützten ihn mit allem, dessen er bedurfte: Schnelligkeit, Genauigkeit, Kraft und Selbstbeherrschung. Aber seine Programmierung sah nichts von allem vor, was er gegenwärtig tat. Längst war er an einen Punkt gelangt, an dem es ihm freistand, eigene Entschlüsse zu fassen.
    Weder Warden Dios noch Hashi Lebwohl hatte vorausgesehen, wie verzweifelt Angus werden konnte – und zu welchen Extremen er sich verstieg, wenn er in Verzweiflung geriet.
    Doch eben weil er selbst sich zu dieser überaus gefahrvollen Aktion entschlossen harte, graute es ihm davor bis ins Mark. Niemals verfiel er, sagte er sich, aus freien Stücken auf so eine Idee. Und dennoch kannte er kein Zögern. Wann hatte er denn eigentlich je irgend etwas aus freiem Willen getan? Furcht übte stärkeren Druck als Willensfreiheit aus. Im Abgrund gab es nichts als Schmerzen, Schrecknisse und tiefste Einsamkeit.
    Sein Puls wummerte vor Grauen, als ob er freiwillig ins Kinderbett zurückkehrte, während er den EA-Anzug überstreifte, die Lenkdüsen umschnallte, die Arme in die Ärmel und Handschuhe schob, die Brustverschlüsse zusammenflanschte, den Helm überstülpte und verschloß. Mit Mikroprozessorgeschwindigkeit überprüfte er gemäß der Checkliste die Funktionen des EA-Anzugs, überzeugte sich von der Betriebsfähigkeit der Anzugsysteme. Dann knallte er die Spindtür zu und stapfte zum Waffenschrank.
    Die miniaturisierte Materiekanone war die einzige Waffe, die er an sich nahm; die einzige Waffe, mit der er eine Chance hatte. Laser und Impacter-Gewehre, verschiedenerlei Faustfeuerwaffen, Kampfmesser, Granatwerfer – das alles war nutzlos. Für sich besehen, hatte auch die Materiekanone keinen Wert: innerhalb geschlossener Räume richtete sie enorme Verwüstungen an, gegen ein Raumschiff wie die Sturmvogel hingegen, armiert mit Partikelkollektoren und strahlenabweisender Panzerung, konnte sie kaum etwas ausrichten. Trotzdem riß er die Waffe aus der Halterung, besah sich, um sicher sein zu dürfen, daß sie aufgeladen war, die Indikatoren.
    Sie befand sich in einsatzbereitem Zustand. Man konnte sie eher als bereit bezeichnen, als es für ihn galt. Er könnte niemals zu dergleichen bereit sein.
    Er handelte dennoch. Indem er auf die Unzulänglichkeit der Zonenimplantate schimpfte, weil sie nicht sein Entsetzen vor dem eigenen Verhalten unterdrückten, machte er den Waffenschrank zu und beeilte sich zum Lift.
    Weder Warden Dios noch Hashi Lebwohl hätte sich ausmalen können, zu welchen Extremen Angus fähig war, wenn man ihn zur Verzweiflung trieb.
    Er fuhr mit dem Lift nach oben.
    Seine Atemzüge röchelten und rasselten ihm, heiser vor Furcht, in den Ohren. Er atmete viel zu gepreßt, und im Helm klang das Geschnaufe überlaut. Er fühlte sich, als erschienen an allen Seiten die hohen Gitterstäbe seines Kinderbettchens, beengten ihn, beschränkten ihn auf seine kleine Welt. Nicht mehr lange, und er hyperventilierte.
    Während seine Mutter ihm Schmerzen zufügte…
    Er mußte die Brücke kontaktieren. Dazu war jetzt die Zeit. Er brauchte Davies. Ohne Hilfe konnte nichts ihn retten. Und nichts die Posaune. Falls sie nicht der Sturmvogel zum Opfer fiel, dann dem zweiten gegnerischen Raumschiff.
    Trotzdem widerstrebte es ihm, den Mund zu öffnen. Sobald er ihn aufklappte, befürchtete er, entflöhen ihm Beweise all seiner Zerrüttung, entspränge daraus eine so tiefe Flut der Finsternis, daß sie ihn ertränkte. Er scheute den Klang bedauernswerter Kläglichkeit, den seine Stimme in der Enge des Raumhelms haben mußte.
    Aber er mußte die Brücke anrufen. Er bürdete sich sämtliche Risiken vergeblich auf, wenn er sich nun nicht mit der Brücke verständigte. Mit wüster Gebärde aktivierte er den Helmfunk.
    »Hörst du zu?« knurrte er. »Gib acht, du Flasche.« Nur durch Roheit konnte er seine Furcht meistern. »Ich habe für dich Befehle. Wenn du was vermasselst, geben wir alle den

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