Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Amnion 4: Chaos und Ordnung

Amnion 4: Chaos und Ordnung

Titel: Amnion 4: Chaos und Ordnung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Donaldson
Vom Netzwerk:
Maße, wie die Singularität ihre Umgebung verschlang, wuchs sie. Soweit man diese Phänomene überhaupt messen konnte, war sie winzig. Doch möglicherweise nicht mehr lang. Beizeiten würde sie groß genug werden, um sich den gesamten Asteroidenschwarm einzuverleiben.
    Und schon lange davor müßte ihre Anziehung zu stark sein, als daß die Posaune sich noch widersetzen könnte. Endlich verstand Davies, weshalb ununterbrochen Felsen am Interspatium-Scout vorüberwanderten. Sie strömten auf den gierigen Rachen ultrahoher G zu.
    Aber warum konnte das Scanning nicht mitteilen, wo sich die Posaune aufhielt?
    Natürlich. Aufgrund ihrer Langsamkeit. Sie flog zu langsam. Sein Gehirn funktionierte geradeso gut wie ein Haufen Scheiße. Natürlich konnte das Scanning, außer in Relation zum Schwarzen Loch, die Position des Schiffs nicht ermitteln. Es fehlten Bezugspunkte. Alle identifizierbaren Objekte im näheren Umfeld waren bereits im Schwarzen Loch verschwunden. Und in weiterem Umkreis schwebten die Asteroiden viel zu dicht, um eine Orientierung an stellaren Fixpunkten zu gestatten. So tief im Innern des ewig ruhelosen Asteroidenschwarms erkannten die Instrumente nicht einmal den Großen und den Kleinen Massif 5.
    Nun gut. In dem Fall mußte Davies schlichtweg unterstellen, daß die momentane Flugrichtung der Posaune wenigstens eine gewisse Übereinstimmung mit dem von Morn, ehe sie ohnmächtig wurde, eingegebenen Kurs aufwies. Das Schiff hatte geradeauszufliegen. Davies war über Morns bisherige Steuerungsmaßnahmen nicht informiert. Diese Funktionen waren seiner Konsole nicht kopiert worden. Doch die Ausbildung an der Polizeiakademie bot günstige Voraussetzungen zur Bewältigung der Situation. Irgendwie sollte es ihm möglich sein, die Posaune in die gewünschte Richtung zu lenken. Er brauchte nur die Gurte zu öffnen, seine Masse durch die Brücke zur Kommandokonsole zu schleppen, sich dort Halt zu verschaffen. Dann konnte er klären, wie es möglich war, den Schub zu erhöhen, bis sich die Posaune endgültig aus dem Einfluß der Gravitationsquelle befreite.
    Erst jedoch mußte er Kräfte sammeln. Momentan überforderte ihn schon die Anstrengung, sich aus dem G-Andrucksessel aufzuraffen.
    Fortwährend hörte er die Töne unregelmäßigen, gequälten Stöhnens, als lägen hinter ihm auf der Brücke zwei oder drei Menschen im Sterben, röchelten ihre letzten Atemzüge… Er begriff nicht, was da vorging. Aus Skrubbern drangen nie derartige Geräusche. Verlöre die Posaune stoßweise an Bordatmosphäre, erklänge zur Warnung der Dekompressionsalarm.
    Davies’ Überlegungen liefen entschieden zu langsam ab. Es schien, als ob seine Gedanken unter dem eigenen Gewicht wankten und torkelten: als wäre sein Kopf voller Kat. Irgend etwas hatte er vergessen… Hatte Morn irgendwann endlich das Krankenrevier aufgesucht, sich betäubt, um das Schiff vor den Konsequenzen ihres Hyperspatium-Syndroms zu schützen? War er in Wirklichkeit sie, angefüllt nicht nur mit ihren Erinnerungen, sondern auch mit den von ihr benötigten Medikamenten, geschlagen mit ihrer Krankheit?
    Sollte das die Klarheit sein, die herrschte, wenn das Universum sprach?
    Nahebei steigerte sich das Keuchen zu einem dumpfen Stöhnen der Pein. Sofort wandte Davies unwillkürlich, voller Angst vor dem Anblick dessen, was er vergessen hatte, den Kopf. Offenbar hatte er alles vergessen, was für ihn wahre Bedeutung hatte.
    Morn lag mit gespreizten Gliedern im Kommandosessel. Aus dem Mund sickerten ihr Blutrinnsale, verursacht durch die hohen G-Werte, über die Wangen; sie mußte sich auf die Zunge oder die Lippen gebissen haben. Ihre Atemzüge gingen qualvoll flach. Davies hatte den Eindruck, daß ihre Lider flatterten, als hätte sie irgendeine Art von Anfall.
    Ein neues, heiseres Aufstöhnen vermittelte ihm das Empfinden, daß ihr Bewußtsein wiederkehrte.
    Aber das war nicht das schlimmste, o nein, durchaus nicht, andernfalls hätte sich Davies verzeihen können, daß er Morn vergessen hatte. Doch sobald der durch die Kopfbewegung entstandene Schmerz wich, sah er, daß ihre Ohnmacht, das Blut und das Zucken ihrer Lider nebensächlicher Natur waren: sie hatte ernstere, üblere Blessuren erlitten… Ihr Oberkörper lag verkrümmt auf der Armlehne des Andrucksessels, als hätte sie versucht, sich unter hoher G-Belastung aus den Gurten zu winden. Und der unnatürliche Winkel ihres rechten Arms hielt sie in dieser Stellung fest.
    Kein menschliches Glied konnte so

Weitere Kostenlose Bücher