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Amnion 4: Chaos und Ordnung

Amnion 4: Chaos und Ordnung

Titel: Amnion 4: Chaos und Ordnung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Donaldson
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kommen, daß sie uns ’n Funkspruch senden konnte. Sie wußte genau, wo wir sind. Wahrscheinlich gibt es eine Möglichkeit, um das Peilsignal abzuschalten, aber ich bin noch nicht darauf gestoßen.«
    Es geschah aus Vorsatz, daß er nicht hinzufügte: Falls die Sturmvogel uns zum Kampf stellt – oder tatsächlich die Stiller Horizont uns folgt –, bekommen wir vielleicht Hilfe. Er wagte es nicht. Wie Morn und Vector wußte er zuviel über die Korruptheit der VMKP. Seinen ererbten Respekt vor Min Donner konnte er nicht unterdrücken, doch zu Warden Dios’ Politik hegte er kein Vertrauen mehr.
    Wenn der VMKP-Polizeipräsident wirklich die Absicht gehabt hatte, Angus freizulassen, wieso waren dann vorher die Prioritätscodes Nick zugeleitet worden?
    »Scheiße«, ächzte Mikka leise. »Das ist ja ein Schlamassel. Was für ein Schlamassel…! Auf wessen Seite stehen wir eigentlich? Was sollen wir bloß anfangen? Angus rettet uns vor der Sturmvogel und der Freistaat Eden – ich begreife noch immer nicht, wie er’s hingekriegt hat –, und als nächstes lenkt er so gründlich die Aufmerksamkeit auf uns, daß wir uns vor niemandem mehr verstecken können. Gütiger Gott, der Data-Nukleus muß ihn verrückt gemacht haben.«
    Davies streckte die Hand aus, um die Interkom abzuschalten, verhielt jedoch mitten in der Bewegung. »Vector«, fragte er, »da gerade dazu Gelegenheit besteht, möchtest du irgendeine Frage stellen? Willst du sonst noch etwas wissen? Oder du, Ciro?«
    Vector gab einen matten Laut von sich, der vielleicht ein Auflachen hatte werden sollen. »Mir fehlen die Worte«, antwortete er gedehnt. »Ich bin bloß froh, nie an der Steuerung ausgebildet worden zu sein. Oder den Waffensystemen. Das sind deine Probleme. Du wirst damit besser als ich fertig.«
    Ciro meldete sich nicht. Man hätte glauben können, daß er die Interkom nicht zur Kenntnis nahm.
    Danke. Verbittert atmete Davies ein und langsam aus. Genau was ich hören wollte.
    »In dem Fall«, sagte er lasch, »macht ihr euch besser auf einen neuen Kampf gefaßt. Vector, schnalle Angus im Krankenrevier fest. Morn muß in ihre Kabine gebracht und in der Koje fixiert werden. Und du verziehst dich dann auch in deine Koje. Ganz egal, was wir tun, endgültig sind wir erst sicher, wenn wir das Massif-5-System verlassen haben.«
    »Geht klar.« Davies’ Lautsprecher knackte verhalten, als Vector im Krankenrevier den Interkom-Apparat abschaltete.
    Aber Mikka ließ die Durchsagefunktion in Betrieb. Sobald Davies sein Mikrofon deaktivierte, hielt sie den Mund an ihr Mikrofon.
    »Ciro, hast du alles mitbekommen? Bist du wohlauf? Ciro?«
    Noch immer gab Ciro keine Antwort.
    Schlief er? Oder war er besinnungslos?
    Oder hatte sich Vector geirrt?
    Falls Sorus Chatelaines Mutagen inzwischen doch wirkte…
    Sogar jetzt bewegte Mikka sich langsam. Müdigkeit und Niedergeschlagenheit hemmten ihre Handlungen, während sie ihren Gurt öffnete und von der Kommandokonsole emporschwebte. »Ich muß nach ihm schauen«, murmelte sie wie im Selbstgespräch; als ginge ihr Verhalten niemanden etwas an. »Wäre mit ihm alles in Ordnung, hätte er geantwortet.«
    »Mikka!« entrüstete Davies sich spontan. Ihn entsetzte die Vorstellung, allein auf der Brücke zu bleiben. Er konnte unmöglich alles selbst handhaben; damit wäre er überfordert. »Ich kann die Steuerung nicht bedienen.«
    Allerdings verdrossen die Anklänge der Panik in seiner Stimme ihn. Trotz seiner Schwäche bezähmte er seine Bestürzung nach Kräften. »Ich hatte bisher keine Zeit, diese Sachen auch noch zu lernen«, fügte er ruhiger hinzu. »Wenn die Sturmvogel aufkreuzt, während du abwesend bist, haben wir gegen sie keine Chance.«
    Mikka sah ihn nicht an. Aus Sorge oder Sehnsucht die Augen verkniffen, spähte sie in den leeren Hauptkorridor hinter der offenen Konnexblende, als blickte sie in eine Finsternis, die dem Schwarzen Loch, das die Posaune hinter sich gelassen hatte, nicht nachstand. Aber sie verließ die Brücke nicht. Sie schwebte über der Kommandokonsole und starrte einäugig in den Korridor wie eine Frau, die hoffte, die Anziehungskraft der Singularität könnte ihr eine fatale Wahrheit offenbaren, wartete sie darauf nur lange genug; lechzte sie danach nur mit hinreichender Inbrunst.
    Während er sie im Augenmerk behielt, glaubte Davies, ihm müßte das Herz stocken. Er war am Ende seiner Möglichkeiten angelangt. Kein Wunder, daß Morn es vorgezogen hatte, sich Nick anzuschließen, anstatt

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