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Amnion 5: Heute sterben alle Götter

Amnion 5: Heute sterben alle Götter

Titel: Amnion 5: Heute sterben alle Götter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Donaldson
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mir momentan die Zeit, um mich mit Ihnen zu unterhalten.«
    Maxim schenkte der ostentativen Gehetztheit des Konzilsvorsitzenden die Beachtung, die sie aus seiner Sicht verdiente, nämlich überhaupt keine. Auf der ganzen Insel gab es nur eines, das größeren Umfang als Lens luxuriösen Amts- und Wohnsitz hatte, und das war sein Mitarbeiterstab aus Experten, Beratern, Sekretärinnen, Rezeptionistinnen, Medienverantwortlichen und (wie Maxim mißgünstig vermutete) diversen Therapeuten. Trotzdem heuchelte er Mitgefühl, während er dem EKRK-Vorsitzenden kaltschnäuzig in einen ruhigeren Bereich der ausgedehnten Zimmerflucht vorausstapfte, fort vom Geblinke der Interkom-Apparate und dem aufgeregten Umherhasten des Personals.
    »Mir ist klar, daß die Situation Sie vor übermenschliche Anforderungen stellt, Konzilsvorsitzender«, schnurrte er. »Ohne Zweifel tragen Sie eine gewaltige Verantwortungslast. Aber vorwiegend komme ich gerade deshalb zu Ihnen. Wenn Sie zehn Minuten Ihrer wertvollen Zeit für mich abzweigen, könnte es sein, daß sich dank meiner Mitwirkung die Verhältnisse für Sie ein wenig vereinfachen.«
    Von Maxims Warte aus betrachtet, war Abrim Len dümmlich bis an den Rand des Hirntods. Auf seine Weise entfaltete er allerdings durchaus eine gewisse Intelligenz, etwa wie ein Mehlwurm. »›Vereinfachen?‹« wiederholte er, indem er mit Maxim ein stilleres Zimmer betrat. »›Vereinfachen‹, Sonderbevollmächtigter Igensard? Das soll wohl ein Scherz sein. Wenn ein Sonderbevollmächtigter von Vereinfachung spricht, heißt das nach meiner Erfahrung, daß er mir binnen kurzem das Leben zur Hölle macht.«
    Maxim quälte sich ein knappes Schmunzeln ab, obwohl ihm für Abrim Lens Sarkasmus jeder Sinn abging. »Auf den ersten Blick mag das so scheinen«, konzedierte er. »Aber wenn Sie sich erst einmal angehört haben, was ich sagen möchte, werden Sie es bestimmt zu würdigen wissen.«
    »Na schön.« Der Konzilsvorsitzende nahm auf einem niedrigen Sofa so linkisch Platz wie jemand, der mit seinen Gliedmaßen nichts anzufangen verstand. Die oberen Schneidezähne ragten ihm geringfügig aufs unterentwickelte Kinn herab. »Ich höre zu. Dann brauche ich mich wenigstens für ein Weilchen nicht mehr mit Anrufern abzuplagen.«
    Auch Maxim setzte sich aufs Sofa. Aus Berechnung bewahrte er stets geringes Profil; manchmal kam es ihm selbst so vor, als schrumpfte er unwillkürlich auf das kleinste mögliche Volumen ein. Nach seinen Beobachtungen verschaffte es ihm häufig einen Vorteil, wenn er den Eindruck vermittelte, niemandem brauchte sich vor ihm zu bangen.
    Er begann seine Darlegungen sofort. Ein Geist seines Kalibers hielt sich kaum jemals mit langem Gefackel auf.
    »Konzilsvorsitzender, Sie haben Ihre Besorgnis erwähnt, es würde ›alles übel enden‹. Wir stecken wirklich, wie Sie es ausdrücken, in einer ›ernsten Klemme‹, das ist wahr. Aber vielleicht haben Sie noch keine Gelegenheit gehabt zu erkennen, wie ›ernst‹ diese Schwierigkeiten wahrhaftig sind. Ich wende mich vorrangig aus dem Beweggrund an Sie, dagegen vorzubeugen, daß die Situation noch schlimmer wird… Ausschließlich im Zusammenhang mit meinen Pflichten als Sonderbevollmächtigter, versteht sich.«
    »Ihre Einstellung ehrt Sie«, bemerkte Len salbungsvoll. Vielleicht wußte er, daß derlei hohle Redensarten Maxim verdrossen.
    Doch der Sonderbevollmächtigte ließ sich nicht ablenken. Statt dessen ging er nun überflüssig pedantisch vor und verübte damit einen verschleierten Racheakt.
    »Ich habe den vollständigen Text der Bekanntgabe Polizeipräsident Dios’ erhalten, daß durch die Amnion eine Kriegshandlung erfolgt ist«, konstatierte er. Das Büro des Konzilsvorsitzenden hatte die Benachrichtigung nur den Parlamentariern zugeleitet; aber jeder von ihnen hatte die Mitteilung natürlich unverzüglich Mitarbeitern und Ratgebern gezeigt, ähnlich wie Sen Abdullah sie Maxim und irgend jemand – vielleicht Sigune Carsin – sie Cleatus Fane übermittelt hatte. »Das ist ein schon für sich besehen schockierender Vorfall. Allerdings übergeht die Nachricht ein paar nach meiner Meinung sehr wohl augenfällige Einzelheiten. Und die Bedeutsamkeit dieser Einzelheiten – so wie der Sachverhalt, daß sie übergangen worden sind – gibt uns vollauf Anlaß zu noch stärkeren Befürchtungen. Polizeipräsident Dios informiert uns, daß eine Amnion-Defensiveinheit der Behemoth-Klasse in den Human-Kosmos eingedrungen ist. Dieser Übergriff

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