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Amnion 5: Heute sterben alle Götter

Amnion 5: Heute sterben alle Götter

Titel: Amnion 5: Heute sterben alle Götter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Donaldson
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weiß nicht einmal, wie wir in diese Scherereien geraten sind. Ich kann Ihnen nur versichern, daß im Laufe der vergangenen paar Tage von uns Entscheidungen getroffen worden sind, die wir im jeweiligen Moment als richtig ansahen.«
    »Ich bezweifle nicht, daß sie richtig waren«, beteuerte Dios, als verspräche er Pardon. »Darum mache ich mir keine Sorgen. Ich bin froh, daß Sie nichts Ernstes abgekriegt haben.« Er wandte sich wieder an Morn. »Hyland? Ist Kapitän Thermopyle da? Kann er mich auch hören?«
    Verdutzt ruckte Angus’ Quadratschädel hoch. An seinen Kiefern verkrampften sich die Muskelstränge.
    Insgeheim erschrak Davies. Aus unklaren Gründen befürchtete er, Warden Dios könnte Angus mit neuen Prioritätscodes von neuem in seine Verfügungsgewalt bringen. Die Anklänge der Pflichttreue und des Idealismus in Dios’ Stimme behielten ihn im Bann. Er war des Zwangs überdrüssig; mochte seitens des Polizeipräsidenten keinen solchen Versuch erleben.
    Falls Morn an das gleiche dachte, ähnlich empfand, zeigte sie es nicht. »Ja, Direktor. Sämtliche Überlebenden der Posaune befinden sich hier an Bord.«
    Warden Dios fragte nicht, wer das Leben verloren hatte. Es hatte den Anschein, daß es ihn nicht interessierte. »Angus?« meinte er. »Ganz hervorragend, daß Sie da sind. Sie haben sich glanzvoll bewährt.« Er wartete, hoffte wohl auf Antwort. »Ist mit Ihnen alles in Ordnung?« wollte er erfahren, weil Angus sie ihm verweigerte.
    Morn richtete einen strengen Blick auf Angus; wie vorher Dolph Ubikwe, nickte sie auch ihm zu. Leid und Seelenqual verfinsterten ihre Augen.
    Angus entkrampfte das Kinn. »Kommt drauf an«, brummte er, »was Sie mir zu tun befehlen.«
    Davies krallte die Faust um Min Donners Dienstwaffe, weil er die Hände nicht um sein schmerzendes Herz klammern konnte, und achtete bewußt darauf, nicht den Atem anzuhalten. Aus den Lautsprechern drang ein Seufzen. Jetzt deutete Dios’ Stimme Ermüdung an; eine längst gewohnte Mattigkeit, die einem Verschleiß des Gemüts entsprang. »Ich habe nicht vor, Ihnen etwas zu befehlen. Sicherlich hat Min Donner es schon versucht. Wenn Morn Hyland drüben bei Ihnen das Kommando hat, gehe ich davon aus, daß Ihre Prioritätscodes ungültig sind.« Seine nachfolgende Bemerkung war reichlich obskurer Art. »Wir haben einmal darüber gesprochen.«
    Vermutlich nahm er auch an, daß Nick Succorso keinen Einfluß mehr auf die Lage hatte. Dieser Rückschluß lag nahe: Wäre Angus an Nick Succorsos Kandare geblieben, bestünde auf der Rächer eine völlig andere Situation.
    Langsam breitete Angus die Hände übers Gesicht, rieb sich die vom Schweiß schmierigen Wangen. »In dem Fall muß ich sagen«, entgegnete er, »nein, nichts ist in Ordnung, auch mit mir nicht. Der Dicke ist nicht so blöde, wie er aussieht. Keinem von uns geht’s gut. Der Unterschied ist, ich bin der einzige an Bord, der weiß, was wir hier eigentlich tun.«
    Was wir…? Davies starrte Angus mit offenem Mund an. Wovon redete er?
    »Und das wäre?« fragte Warden Dios mit merklich erhöhter Aufmerksamkeit.
    Angus zögerte nicht mit der Antwort. »Wir warten darauf«, erklärte er mit Nachdruck, als verkündete er ein Urteil, »daß Sie wenigstens eins Ihrer Versprechen einlösen. Ich bin sicher, daß jedem von uns da was Bestimmtes vorschwebt. Ich persönlich hätte gerne, daß Sie die Zusage wahrmachen, es solle mit dem mir zugefügten Verbrechen einmal Schluß sein.«
    Unwillkürlich weiteten sich Morns Augen, und Davies stockte nun doch der Atem. So wenig wie Morn hatte er damit gerechnet, daß Warden Dios auch gegenüber Angus Versprechen gemacht haben könnte. Angus hatte recht: Trotz aller Widerborstigkeit und seiner ablehnenden Haltung hatte er die Wahrheit auf den Punkt gebracht.
    »Ich denke darüber nach«, teilte Dios über den Abgrund zwischen den Raumschiffen hinweg in gedehntem Tonfall mit. »Mein endgültiger Entschluß steht noch aus. Mir fehlt nämlich ein ausreichender Überblick der Situation.«
    »Na, während Sie drüber ›nachdenken‹«, erwiderte Angus, »lassen Sie mich Ihnen sagen, über was wir nachdenken. Wir wüßten gerne, was für ein Mutagen Vestabule Ihnen gespritzt hat.«
    Warden Dios seufzte ein zweites Mal. »Zerbrechen Sie sich deswegen nicht den Kopf«, empfahl er. »Ich verwahre in meinem Mund eine Giftkapsel. Wenn es sein muß, zerbeiße ich sie. Ich bin nicht besonders darauf versessen« – er bekannte es mit hörbarer Betonung –, »in

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