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Amnion 5: Heute sterben alle Götter

Amnion 5: Heute sterben alle Götter

Titel: Amnion 5: Heute sterben alle Götter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Donaldson
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die Lider geschlossen, als läge ihr daran, sich vor Ablenkung zu schützen: dem Anblick von Davies’ oder Angus’ Gesicht; der Scanninganzeigen; von allem, was sie stören könnte. »Cray«, fragte sie angespannt, »weiß das Regierungskonzil, daß wir da sind?«
    Min Donner erteilte ihr Auskunft, bevor Cray dazu kam. »Die Stationszentrale unterhält eine spezielle Verbindung zu Direktorin Hannish auf Suka Bator«, sagte sie, ohne den Kopf zu drehen oder das Mikrofon zur Seite zu schwenken. »Sie weiß es. Dagegen sind die Informationen, die man über allgemeine Frequenz dem Rest des Planeten zuleitet, alles andere als vollständig. Die Stationszentrale hat mit dem Krisenmanagement auf der Erde alle Hände voll zu tun. Wegen der Abschaltung der Scanningsysteme ist ein gewisser Vertrauensschwund eingetreten. Ein Großteil der Mikrowellenkapazitäten des VMKP-HQ wird von der Katastrophenschutzplanung beansprucht. Wenn Direktorin Hannish die Regierungsmitglieder nicht informiert hat, ist ihnen nichts bekannt.«
    Die OA-Direktorin schwieg kurz. »Außer sie haben durch Fane davon Kenntnis«, meinte sie als letztes. »Ich bin mir sicher, daß er in permanentem Kontakt zur GD steht.«
    Auf einmal erstarrte Cray an ihrem Platz. »Direktorin«, krächzte sie, »die Stationszentrale vermittelt einen Anruf von Polizeipräsident Dios’.«
    Ach du große Scheiße, dachte Davies. Jetzt ist es soweit.
    Er fühlte sich unvorbereitet.
    Mit einem Ruck beugte Morn sich vor; sie öffnete, nein riß die Augen weit auf. Offenbar erschreckte die Plötzlichkeit des Anrufs auch sie, der kritische Moment schien sie zu entflammen: Davies gewann den Eindruck, daß bei ihr Feuer die Muskulatur in Schultern, Nacken und Armen durchglühte.
    Vector trat näher zur Kommandokonsole. Angezogen durch Morns Erregung, tat Davies das gleiche. Unwillkürlich schloß er die Finger um Min Donners Dienstwaffe.
    »Ich habe sie in der Zielerfassung«, murmelte Mikka mit einem müden Knurren. »Ich kann losballern, wann du willst.«
    Ciro war ihr Bruder. Es mochte sein, daß sie besser als jeder andere verstand, was das Mutagen, durch das Sorus Chatelaines Leben depraviert worden war, das sie selbst wiederum gegen andere Menschen benutzt hatte, anrichten konnte.
    Min Donner jedoch ließ sich von der schlagartigen Anspannung ringsherum nicht beirren. Es schien, als hätte sie vergessen, daß es so etwas wie Furcht überhaupt gab. »Auf die Lautsprecher schalten«, wies sie Cray ruhig an. »Und halten Sie mich raus. Ich bin mit der Stationszentrale beschäftigt. Leutnantin Hyland spricht fürs Schiff.«
    Guter Gott, dachte Davies. Sie meint es ernst. Sie hatte vor, ihr Wort zu halten.
    »Aye, Direktorin«, antwortete Cray. Ihre Hände bebten wie im Fieber, während sie Tasten tippte, die Brücken-Lautsprecher in Betrieb nahm, aus denen sofort das gedämpfte Rauschen durch Schub hervorgerufener Statik knisterte.
    Morn atmete tief durch; stellte sich aufs Bevorstehende ein…
    Eine feste Männerstimme durchdrang die Störungen. »Rächer, hier ist Warden Dios.« Er sprach, als könnte nichts ihm eine freimütige Unterhaltung verwehren. »Ich bin, wie Sie wissen, an Bord der Stiller Horizont. Direktorin Donner? Kapitän Ubikwe?«
    Davies hatte die Stimme des VMKP-Polizeipräsidenten noch nie gehört. Dennoch rührte ihr Klang in ihm augenblicklich an Morns Erinnerungen. Er fühlte eine sonderbare Erregung, als ertönte Trompetenschall. Selbst über die Kluft zwischen ihrer und seiner Existenz hinweg wirkte Warden Dios’ Talent, zur Treue, zu Pflichtbewußtsein und zum Vertrauen zu inspirieren oder Morns eingefleischte Reaktion auf diese Fähigkeit –, auch auf Davies wie ein persönlicher Appell.
    Trotz allem umrissen nach wie vor die Überzeugungen und das Engagement des Polizeipräsidenten Davies’ Bild der VMKP; verliehen der ehrbaren Aufgabe, Polizist zu sein, ihre Substanz. Irgendeine Eigenschaft von Warden Dios’ Stimme erhob ihm das Herz.
    Ich bin der Ansicht, wir sollten versuchen, ihn zu retten. Ja.
    Ich vertraue ihm noch immer.
    Außer Morn blieb er vielleicht der einzige Mensch auf der Brücke, den Dios’ Stimme in dieser Weise ansprach. Kapitänhauptmann Ubikwe sank, so schien es, im Andrucksessel regelrecht zusammen, ließ den Kopf hängen, als wollte er die Scham verbergen, die er empfand, weil jemand ihm das Kommando über sein Raumschiff entwunden hatte. Patrice konzentrierte sich ebenso unerschütterlich und verbissen wie Mikka auf seine

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