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Amnion Omnibus

Amnion Omnibus

Titel: Amnion Omnibus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Donaldson
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der individuellen Freiheit hatten irgendeinen Anlaß zu der Mutmaßung, die Vereinigten Montan-Kombinate oder die Vereinigte-Montan-Kombinate-Polizei hätten einen Hang zum Selbstmord.
     
     
    Morn hatte so wenig Zeit – und keine Ahnung, was sie tun sollte. Zehn Minuten, hatte Nick gesagt: Hoch-G-Flug in zehn Minuten. Und sie wußte nahezu nichts über ihr HyperspatiumSyndrom; sie hatte im Umgang damit keinerlei Erfahrung.
    Die Funktion des Z-Implantats, sie einfach ›abzuschalten‹, sie in Katatonie zu versetzen, hatte sie eliminiert.
    Idiotin!
    Etwas anderes. Sie mußte irgend etwas anderes unternehmen, und zwar schnell. Nick wartete nicht, bis sie ihren Panikzustand überwunden hatte. Er rächte sich für ihren kleinen Triumph auf der Brücke an ihr, das war einer der Beweggründe, weshalb er sich dazu entschlossen hatte, so eilig auf volle Beschleunigung zu gehen, obwohl er dadurch riskierte, ihr das Gehirn auszubrennen ...
    Zur Rache hatte er eine Begabung.
    Und nun blieben höchstens noch ein, zwei Minuten übrig. Ein bis zwei Minuten, bevor die Hoch-G-Belastung sie in völligen Wahnsinn stürzte.
    Die Z-Implantat-Kontrolle war ihre einzige Hoffnung. Morn hatte das Gerät aus dem Versteck hervorgewühlt; sie hielt es in der Hand.
    Aber welche Funktion sollte sie anwenden? Sie konnte unmöglich erraten, was für ein Teil ihres Hirns den Strickfehler aufwies, wo die Schwachstelle lag; welcher Komplex von Neuronen die Verantwortung für die vollkommene Klarheit trug, mit der das Universum zu ihr sprach, ihr befahl, Tod und Vernichtung zu säen.
    Sie konnte schlicht und einfach nicht denken.
    Gottverdammter Scheißkerl, beschimpfte sie Angus, wo bist du, wenn ich dich am dringendsten brauche?
    Ohne jede Warnung verminderte die Käptens Liebchen ihre Rotation; die bordinterne Schwerkraft schwand aus der Kabine. Das beruhte auf einer Standardprozedur: Es beugte vermeidbarem Verschleiß der Anlagen vor und ersparte der Crew den Stress, gleichzeitig in mehr als eine Richtung gezerrt zu werden.
    Morn hatte keine Zeit mehr. Hastig sprang sie zu ihrer Koje, warf sich hinein, zog die Decke über sich und schloß die Anti-G-Gurte, um nicht hinauszuplumpsen, wenn G-Schwankungen den Schlafplatz ins Kreiseln brachten. Auf diese Weise diente ihr die Liege als eine Art von Andruckpolster, absorbierte soviel von der körperlichen Beanspruchung, wie die Konstruktion verkraften konnte.
    Fast sofort, als sie bereit war, durchdrang ein dumpfes Rumoren den Rumpf, das plötzliche, gedämpfte Brausen der Triebwerksdüsen.
    Verzweifelt riß Morn das Kontrollgerät hoch und tippte auf die Taste, die sie in Schlaf versetzte, ihr Frieden und Vergessen schenkte.
    Dann stopfte sie das schwarze Kästchen unter die Matratze.
    Ob sie richtig oder falsch gehandelt hatte, jedenfalls löste sie damit alle ihre Probleme – zumindest bis auf weiteres. Panik und Bewußtsein wichen gleichermaßen von ihr, als ob der schlagartige Druck, der sie schwer wie ihr eigenes Marmorstandbild machte, sie ihr ausquetschten.
    Neben der Schwere überkam sie Entspannung; die Gravitation selbst fühlte sich für sie wie unwiderstehliche Schläfrigkeit an.
    Trotzdem schimpfte sie weiter vor sich hin, solange noch ein Fünkchen ihres Geistes wach blieb.
    Idiotin! Niemand konnte die Zumutung des Vollschubs lange durchhalten; wenn Nick nicht in regelmäßigen Abständen die GBelastung verringerte, würde niemand an Bord sie überleben. Hätte Morn auf der Brücke jemanden gefragt, wie lange die Vollschubphase dauern sollte, wäre es ihr möglich gewesen, den Zeitschalter des Kontrollgeräts auf den Zeitpunkt einzustellen, an dem die Beschleunigung nachließ.
    Aber sie hatte nicht gefragt, natürlich nicht, sie doch nicht, sie Idiotin, Idiotin, und jetzt war es zu spät. Sie hatte alles verdorben. Nun würde sie nicht aufwachen, bis irgendwer das Kontrollgerät fand und ausschaltete.
    Bis jemand das Kontrollgerät fand .. und ausschaltete.
    Als nächstes nahm sie wahr, daß sich an ihren beiden Seiten die Wände bewegten. Das verstand sie nicht: Ihre Kabine hatte gar keine derartigen Wände. Doch anscheinend geschah es wirklich.
    Andere Einzelheiten ihrer Umgebung vermochte sie genausowenig einzuordnen. Wieso befand sie sich in der Senkrechten? Warum hatte sie das Gefühl, an den Armen zu hängen? Sie konnte sich diese Eindrücke nicht erklären. Aber allem Anschein nach waren sie so sehr Wirklichkeit wie die Wände.
    Doch natürlich bewegten sich nicht die Wände:

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