Amnion Omnibus
Fasners Schädel ausgeübte Gewalt erstickte ihn fast; brach ihm beinahe das Genick. Er konnte kein Wörtchen über die Lippen bringen.
Und ohne Befehl regte sich seine Crew nicht.
»Vestabule hat mir wahrhaftig gedroht. Ist so was zu glauben?« höhnte der Fremde voller Grausamkeit. »Er hat angekündigt, meine DNS aus der Galaxis auszumerzen. Ich vermute, er hat nicht damit gerechnet, daß mir so ein Raumschiff wie das hier zufällt, das von interessanten Geheimnissen wirklich strotzt. Aber ein Fehler ist und bleibt ‘n Fehler. Da ich mit dem Bannkosmos wohl keine Geschäft mehr machen kann, gibt’s keinen Grund, warum ich Dios nicht den Gefallen tun soll, den er erbeten hat.“
Entsetzen krampfte Fasners Brustkasten zusammen.
Wie ein Rasender wand er sich im Andrucksessel, um die Überdehnung seiner Kehle zu beheben. Halb erdrosselt krächzte er das Wort hervor, das seine Männer in Nahkampfmodus versetzte.
Sie reagierten augenblicklich, gehorchten dem Zwang der Z-Implantate. Fausthiebe öffneten die Sesselgurte, sie sprangen auf, griffen nach den Waffen – und starben auf der Stelle. Der Eindringling ließ Holt Fasners Kopf los. Ein dünner, rubinroter Strahl brannte ein Loch in die Stirn des Waffensysteme-Crewmanns und schlitzte durch den Hals des Manns an dem Scanninggeräten, dem kochendes Blut aus der Gurgel sprühte. Ein zweiter Laserstrahl verkohlte dem Piloten einen Großteil des Gesichts.
»Ganz netter Trick«, bemerkte die fremde Stimme barsch. »Allerdings können sich die wenigsten Menschen mit derartiger Gleichzeitigkeit bewegen. Haben Sie ihnen etwa stimmgesteuerte Zonenimplantate eingepflanzt? Au weia, da muß ich Ihnen leider sagen, das verstößt ganz entschieden gegen das Gesetz…« Eine schwere Hand drehte Fasners Andrucksessel herum.
Als er, ihm bekannt durch Nachrichtensendungen und Warden Dios’ Dateien, die Visage Angus Thermopyles erblickte, heulte Holt Fasner auf vor schierem Entsetzen.
MORN
Zwei Tage später, als das Erd-und Kosmos-Regierungskonzil zu einer neuen, ordentlichen Sitzung zusammentrat, verfolgte Morn Hyland die Beratung an einem TV-Bildschirm.
Konzilsvorsitzender Len hatte darauf bestanden, die Versammlung in den durch den vorangegangenen Kaze-Anschlag demolierten Sitzungssaal des Konzils einzuberufen. Er hatte bekanntgegeben, daß er dem gegenwärtigen Zustand des Saals hohe symbolische Bedeutung beimesse: Nach seinem Wunsch sollten die geborstenen Türen, die Risse im Fußboden sowie die Schäden an Putz und Anstrich als sichtbare Mahnung an den Preis dessen dienen, was sich früher in diesem Saal vollzogen hatte. Mit anderen Worten, er wollte – so legte Min Donner es aus – die Konzilsmitglieder mit der Nase darauf stoßen, was für ein schwerer Fehler es gewesen war, zu Holt Fasner und der VMK blindes Vertrauen zu haben. Also saßen die Repräsentanten der Menschheit wieder an ihren gewohnten Plätzen rings um die große, hufeisenförmige Ratstafel, die einen gro ßen Teil der Saalmitte beanspruchte, hinter sich wie üblich ihre Mitarbeiter, Sekretärinnen und Berater in den bis zu den Wänden empor abgestuften Sitzreihen.
Morn kannte diesen Ort, obwohl sie nie auf Suka Bator gewesen war; aber aus zahlreichen Nachrichtensendungen und VMKP-Konferenzen war ihr der Anblick geläufig. Innerhalb des Hufeisens der Ratstafel hatte man Sitze für weitere Veranstaltungsteilnehmer aufgestellt.
Dort nahmen Mikka Vasaczk und Davies Platz, begleitet von befehlshabender VMKP-Direktorin Min Donner, RÖA-Direktorin Koina Hannish, Kapitänhauptmann Dolph Ubikwe, OA-Sicherheitschef Mandich und Hashi Lebwohl. Der DA-Direktor war vorerst vom Dienst suspendiert worden, bis man den Umfang seiner Mitwirkung an Warden Dios’ und Holt Fasners Verbrechen geklärt hatte.
Morns Abwesenheit hing nicht damit zusammen, daß sie die Teilnahme verweigert hätte. Sie hatte ganz einfach ihre Aussage längst gemacht; ihre Schmach und ihr Leid schon vor diesen Menschen offenbart. Zudem drückte Verlust sie nieder: Der Tod Ciro Vasaczks, Vector Shaheeds und Warden Dios’ lastete wie Grabsteine auf ihrem Herzen. Die Erinnerung an Sib Mackerns einsames Ende schmerzte wie eine offene Wunde. Eine Zeitlang hatte selbst Angus Thermopyles Verschwinden ihr auf schwer beschreibbare Weise Weh verursacht.
Sie hatte sich gesorgt, womöglich vor den Augen des Konzils in Tränen auszubrechen – und daß sie, wenn sie erst einmal weinte, nicht mehr aufhören könnte.
Dieser kritische
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