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Amok: Thriller (German Edition)

Amok: Thriller (German Edition)

Titel: Amok: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Bale
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zugleich ein Triumphschrei war, riss sie ihre Hände nach vorn, sodass sie hinter ihren Kniekehlen lagen. Dann ruhte sie sich einen Moment lang aus. Du hast es fast geschafft , sagte sie sich. Jetzt musste sie nur noch die Hände über die Füße streifen.
    Sie zog die Beine so weit an, wie es nur ging, die Knie unters Kinn gepresst, und machte die Arme so lang wie möglich, um ihre Handgelenke bis zu den Fußknöcheln nach unten zu schieben. Doch es reichte nicht. So, wie ihre Füße zusammengebunden waren, war da einfach nicht genug Luft. Ein Fuß nach dem anderen, das wäre kein Problem gewesen, aber so war es unmöglich. Absolut unmöglich.
    »Scheiße, Scheiße, Scheiße!«, schrie sie. Die Sekunden, die verstrichen, waren wie eine Kolonne Ameisen, die über ihre Haut wanderte. Sie hatte gehört, was Toby mit ihr vorhatte, wenn er wieder da war. Die Alternative, vor der sie stand, war ganz einfach: fliehen oder sterben.
     
    Craig hob das Foto auf. Es war offensichtlich schon ein paar Jahre alt, aufgenommen im Sommer während der Ernte. Ein hübsches Mädchen mit hellbraunen Haaren saß auf einem Heuballen und strahlte in die Kamera, während George neben ihr stand, den Arm halb erhoben, als habe er ihn um sie legen wollen, sich aber im letzten Moment doch nicht getraut.
    »George hätte den Caplans nie etwas zuleide getan«, sagte Vanessa zu Craig. »Jedenfalls nicht Laura und diesem kleinen Gör.«
    Sie sprach die Worte mit einer verstörenden Mischung aus Amüsement und Verbitterung aus. Craig erinnerte sich an Julias Zweifel an einer Beteiligung Georges. Sie hatte geschildert, wie betroffen er gewirkt hatte, als er über die Caplans gesprochen hatte, und gesagt, sie glaube nicht, dass er diese Reaktion hätte simulieren können.
    Das schiere Entsetzen malte sich in Georges Zügen. Er gestikulierte erregt und stammelte: »Nein, du irrst dich. Vanessa, mein Schatz, ich bitte dich -«
    »Nenn mich nicht so. Ich habe dir nichts bedeutet in all den Jahren, in denen du dich immer wieder heimlich zu ihr geschlichen hast. Beleidigt und gedemütigt hast du mich, hast sie praktisch vor meinen Augen gevögelt, dieses primitive kleine Flittchen.«
    George schüttelte den Kopf und versuchte verzweifelt, sich Gehör zu verschaffen. »Das ist jetzt nicht der passende Zeitpunkt. Komm, ich bringe dich nach oben.«
    »Ich bleibe hier.«
    »Aber ich habe so viel zu erklären. So kann ich das nicht. Bitte, Vanessa.« Die Tränen schossen ihm in die Augen, und einen Moment lang dachte Craig, er würde sich vor ihr in den Staub werfen und sie um Vergebung bitten.
    »Hören Sie«, sagte er, »Julia ist immer noch nicht aufgetaucht, und das hier hilft ihr nicht wirklich.«
    Die Mathesons sahen ihn an, als hätten sie seine Anwesenheit völlig vergessen.
    »Ich habe vielleicht einen großen Fehler gemacht«, fuhr er fort, »aber es würde mich sehr beruhigen, wenn ich mit Toby sprechen könnte. Würden Sie ihn wohl für mich anrufen?«
    George warf seiner Frau einen besorgten Blick zu und nickte dann. Er stand auf und ging hinüber zum Wandtelefon. Craig merkte, wie Vanessa unbehaglich auf ihrem Stuhl hin und her rutschte. Er wünschte, sie wäre in ihrem Zimmer geblieben. Mit einem Mal überkam ihn eine bleierne Müdigkeit. Er rieb sich die Augen und stellte resigniert fest, dass er mit seinem Latein am Ende war. Er wusste nicht, wo er noch nach Julia suchen sollte, hatte nicht die leiseste Ahnung, ob er Toby, Vilner oder Kendrick nachsetzen sollte.
    Er blickte erst wieder auf, als er George verwirrt sagen hörte: »Die Leitung ist tot. Muss an dem Sturm liegen.«
    Dann sagte Vanessa: »Bitte, lassen Sie uns jetzt allein. Wir haben eine Menge zu bereden.«
    Craig stand auf, um ihrer Bitte Folge zu leisten. In seiner Verzweiflung und um die Fahrt nicht ganz umsonst gemacht zu haben, fragte er: »Können Sie mir Tobys Nummer geben? Und seine Adresse. Ich werde ihn aufsuchen, wenn es sein muss.«
    Und dann sagte eine Stimme an der Tür: »Das wird nicht nötig sein.«
    Vanessa sah ihn zuerst, noch vor Craig. George hielt immer noch das Telefon in der Hand, als könne er sich nicht entscheiden, was er damit machen sollte. Seine Verwirrung steigerte sich, als er ihre verblüfften Gesichter sah, und erst dann wandte er sich zur Tür.
    »Toby!«
    Es war George, der die Identität des Neuankömmlings bestätigte, doch Craig hatte es bereits gewusst. Er erkannte es an der bedrohlichen, beinahe animalischen Ausstrahlung des Mannes. Tobys

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