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Amokspiel

Amokspiel

Titel: Amokspiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sebastian Fitzek
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durchtrennten.
    »Schon vergessen?«, antwortete sie ihm, während sie beobachtete, wie sich das rote Rinnsal auf dem Boden seinen Weg bahnte. »Ich habe nichts mehr zu verlieren.« Götz rutschte nervös auf seinem Sessel herum. Das Wetter verschlechterte sich, und Wind war aufgekommen. Er konnte deshalb seinen Platz nicht verlassen, wenn er den Hubschrauber am Boden halten wollte.
    »Du bist komplett wahnsinnig, Ira.« Sie verstand seine brüllende Stimme jetzt auch ohne Kopfhörer. »Wenn du jetzt nicht sofort hier aussteigst, muss ich dich mitnehmen. Entweder du stirbst auf dem Flug oder Schu-walow wird dir den Rest geben, sobald wir bei ihm landen.«
    Ira schüttelte kraftlos ihren Kopf.
    »Wir wissen beide, dass du das verhindern wirst, Götz. Du willst mich nicht töten.«
    »Ich habe heute den UPS-Boten und einen Kollegen erschossen. Glaubst du wirklich, mein Mittwochs-Pensum ist damit aufgebraucht?«
    »Ja, wenn es um mich geht, schon. Ich bin deine Schwachstelle, Götz. Ich bin dein wunder Punkt.« Ira fühlte sich etwas benommen. Ihre nackten Füße standen bereits in einer kleinen Pfütze, die sich langsam in Richtung von Leonis Trage ausbreitete. Sie musste sich setzen, wenn sie nicht bald ohnmächtig werden wollte.
    »Du könntest es doch gar nicht ertragen, wenn ich hier vor deinen Augen verblute.«
    »Blödsinn, du irrst dich in mir.«
    »Nicht in diesem Punkt. Also hör mir gut zu. Wir beide sind kurz vor dem Ende. Wir haben keine Zeit mehr zu verlieren. Drum lass uns das Geschäft machen: Ich gebe dir Leoni, wenn .«
    »Ich habe Leoni schon«, unterbrach er sie wütend. »Ich muss sie nur noch zu Schuwalow fliegen.«
    »Nein, nein, nein.« Ira legte den Kopf nach hinten und schloss die Augen. Sie verdrängte den Gedanken an das, was gerade in ihrem Körper passierte. An den langsamen, qualvollen Tod.
    »Du hörst mir nicht zu. Ich gebe dir Leoni für meine Tochter!«
    Götz sah ehrlich geschockt aus. Er schien kein Wort mehr zu verstehen.
    »Sorge dafür, dass Kitty nichts geschieht, und ich werde sofort aussteigen und dich mit Leoni weiterfliegen lassen.«
    »Du bist komplett verrückt«, antwortete er und wandte sich wieder nach vorne. »Ich flieg jetzt los.«
    »Nein!«
    »Doch.« Er legte zwei kleine Schalter über seinem Kopf um.
    »Ich kann dir nicht helfen, Ira. Selbst wenn ich es wollte. Sobald ich Leoni abgeliefert habe, streicht Schuwalow meinen Namen von seiner Abschussliste. Ich bin nur ein kleines Licht in seinem Lampenladen. Ich habe nicht die Macht, irgendeinen Killer zurückzupfeifen, der gerade bei deiner Tochter ist.«
    Der gesamte Hubschrauber erzitterte wie eine kaputte Waschmaschine.
    »Dann wird deine letzte Erinnerung an mich sein, wie du hilflos versuchst, die Fontäne zu stoppen«, spielte Ira ihren letzten Trumpf aus. Götz sah wieder zu ihr nach hinten. »Welche Fontäne?«
    Sie stand auf, damit er sie besser sehen konnte, und hob das labbrige Sweatshirt über ihre blasse Hüfte. Aus ihrem bleichen Gesicht war jegliche Farbe gewichen. »Das mit den Pulsadern dauert viel zu lange. Du könntest meinen Arm abbinden, sobald ich das Bewusstsein verliere.« Sie fixierte wieder seine Augen. »Doch ein kleiner Schnitt an dieser Stelle, und ich bin ohne einen professionellen Druckverband nicht mehr zu retten.«
    Sie setzte die Scherbe an ihre Leistenarterie. »Rette meine Tochter, oder ich sterbe hier vor deinen Augen!«

37.
    Das Vogelgezwitscher auf dem Nachttisch wurde mit jeder Sekunde lauter. Es begann, kurz nachdem der letzte Tropfen die Einwegspritze verlassen und Kittys Vene erreicht hatte. Jetzt besaß der Klingelton eine unangenehm bohrende Lautstärke. Der falsche Arzt zog die Injektionsnadel aus Kittys Arm, griff nach ihrem Handy und wollte es gerade ausschalten, als er den penetranten Anrufer an seiner Nummer erkannte.
    »Was ist?«, fragte er knapp. Dann hörte er stumm den Ausführungen am anderen Ende der Leitung zu. »Und das ist wirklich eine Anweisung von Schuwalow?« Er ließ die verbrauchte Spritze in seine Kitteltasche gleiten. Die cremefarbenen OP-Handschuhe, mit denen er bislang alles im Zimmer berührt hatte, behielt er vorerst noch an.
    »Nein«, antwortete er nach einer kurzen Weile. Dann wiederholte er sich, jetzt mit nachdrücklicher Stimme. »Nein! Das geht nicht mehr. Dafür ist es jetzt schon zu spät. Ich hab ihr bereits die Spritze gegeben.« Mit gewissenhaften Augen kontrollierte er, ob er irgendetwas vergessen hatte. Doch alles war perfekt. Keine

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