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Amokspiel

Amokspiel

Titel: Amokspiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sebastian Fitzek
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Blutfleck auf der Seite hatte die Form eines Fingerabdrucks angenommen. »Was ist damit?«
    »Er ist gefälscht. Sehen Sie mal unter >Besondere Merkmalen«
    Ira öffnete den Hefter und blätterte zu der angegebenen Stelle.
    »Das steht nichts.«
    »Das ist der Beweis.«
    »Wieso?«
    »Wissen Sie, was ich eine Woche nach dem Begräbnis in einer Jacke fand, die Leoni bei mir in den Schrank gehängt hatte? Einen kleinen Umschlag mit einem Zettel.«
    »Was stand drauf?«
    »>Nicht vorm Geburtstag öffnen.< Es war ein Geschenk. Ich hab natürlich nicht gewartet. Ich riss den Umschlag auf, und ein Teströhrchen kullerte heraus.«
    »Sie meinen, sie war...«
    »Schwanger«, ergänzte Jan. »Genau. Und wenn ein verdammter B-Test das herausgefunden hat, wie konnte es der Obduktionsarzt dann übersehen?«

11.
    Ira saß auf dem geschlossenen Toilettendeckel und drückte die letzte Tablette aus der Folienverpackung. Hoffentlich bekomme ich wenigstens eine davon runter, dachte sie und legte die blaue Pille auf ihre Zunge. Sie hatte das Beruhigungsmittel zum Glück in einer der zahlreichen Taschen ihrer Cargo-Hose gefunden. Direkt nach dem letzten Gespräch mit Jan war sie aufs Klo gegangen, um sich zu übergeben. Aber außer etwas Galle war nichts aus ihr herausgekommen. Auch nicht die Übelkeit, die sie in sich trug und deren Ursache sie nicht genau einordnen konnte. War es wegen des toten UPS-Fahrers? Wegen des Verrückten im Studio, der in ihrer Vergangenheit herumstocherte? Oder wegen Kitty, zu der sie immer noch keinen Kontakt hatte?
    Ira schluckte und hätte sich nicht gewundert, wenn ihr Kehlkopf wie eine rostige Fahrradkette gequietscht hätte. Die Tablette ging nicht runter.
    Himmel! Sie streckte ihre rechte Hand in Augenhöhe gerade nach vorne und versuchte, dabei nicht zu zittern. Vergeblich. Genauso gut könnte sie hier sitzen und warten, dass Jan aus eigenem Antrieb aufgab. Sie brauchte einen Schluck oder wenigstens diesen Tranquilizer. Sonst würde sie das nächste Telefonat mit dem Psychopathen nicht überstehen. Geschweige denn ihre Tochter da rausholen.
    Ira legte ihren Kopf auf die Klinke der Toilettentür und begann zu lachen. Erst leise, dann immer lauter. Die Situation war so skurril. Ausgerechnet ein Beruhigungsmittel auf ihrer Zunge ließ sie die Fassung verlieren. Ira brüllte jetzt fast und trat dabei gleichzeitig wie wild mit ihren Füßen gegen die Tür. Ihr gesamter Körper bebte, und sie merkte gar nicht, dass ihr Lachen schon längst in ein hysterisches Gekreische übergegangen war. Plötzlich hörte sie, wie jemand laut und deutlich ihren Namen rief. Gerade in eine Pause hinein, während sie um Atem rang, weil sie sich an ihrer eigenen Spucke verschluckt hatte. »Hallo? Ira? Bist du hier?«
    »Was willst du auf dem Damenklo?«, hustete sie und überprüfte mit Zunge und Gaumen, ob die Tablette endlich unten war. Fehlanzeige.
    »Steuer schickt mich«, rief Götz in den Waschraum hinein. »Er sucht dich.«
    »Was will er?«
    »Er muss dich zu einer wichtigen Besprechung bringen.«
    »Mit wem?« Sie zog die Nase hoch. »Hat er nicht gesagt.«
    »Spinnt der jetzt komplett? Ich muss gleich wieder mit Jan reden. Die nächste Spielrunde steht kurz bevor.« Ira nahm die hoffnungslos aufgeweichte Tablette aus dem Mund und hörte irritiert, wie der Wasserhahn ging. Sie betätigte die Spülung der Toilette, um Götz keine Erklärung abgeben zu müssen, und öffnete die Tür. »Ich muss jetzt wieder ...« Sie stockte. »Was ist das?« Götz hielt ihr ein Glas Wasser hin.
    »Für was immer du schlucken musst, um nicht völlig zusammenzuklappen. Nun mach schon. Und dann beeil dich. Steuer wartet schon im Treppenhaus.«
    »Was will er denn dort?« Iras Stimme klang wegen der Überbeanspruchung von eben, als wäre sie stark erkältet. »Dich zu deinem Meeting bringen. Auf dem Dach des Senders.«

12.
    Während Ira die graugrünen Betonstufen im Treppenhaus des MCB-Gebäudes nach oben eilte, vibrierte es in ihrer Lederjacke. Sie befürchtete, Jan wäre wieder am Apparat, doch die Nummer im Display war nicht die aus dem Studio.
    »Ich bin's. Sagen Sie kein Wort.« Diesel.
    »Ich muss Ihnen ein paar Infos stecken, die ich in unserer Hörerkartei gefunden habe. Aber behalten Sie das für sich. Götz und ich vertrauen dem BigMäc nicht, mit dem Sie gerade unterwegs sind.«
    Ira musste über die zutreffende Beschreibung Steuers lächeln. Sie hatte ihn soeben im vierundzwanzigsten Stock getroffen und ging jetzt vier

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