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Amokspiel

Amokspiel

Titel: Amokspiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sebastian Fitzek
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Zeichen von ihm stieß einer der beiden anderen SEK-Männer Diesel zur Seite und griff sich den Aktenordner mit dem entsprechenden Buchstaben.
    »>M< wie May. Ich hab die Namen der Geiseln gecheckt und bin auf etwas gestoßen.« Götz musterte ihn misstrauisch. »Ich höre?«
    »Ira sagte doch, der Geiselnehmer würde jemanden hier im Sender kennen. Deshalb hätte er sich verkleidet.«
    »Und?« Götz beugte sich ungeduldig vor. »Ich glaube, dieser Jemand bin ich.«
    Der dünne Papphefter roch nach Götz' Aftershave. Für den Bruchteil einer Sekunde fragte sich Ira, ob sie deswegen den Obduktionsbericht die ganze Zeit über in ihren Händen hielt, während sie wieder mit dem »Radio Killer« sprach. Die privaten Fernsehsender hatten dem Geiselnehmer bereits diesen Namen verpasst. Alle unterbrachen ihr normales Programm für eine Sondersendung. Auf einem Vierundzwanzig-Stunden-Nachrichtenkanal prangte der Slogan »Amokspiel im Radio« in Großbuchstaben auf dem Bildschirm. Die Geisel-Parole wurde am unteren Bildschirmrand beständig wiederholt: »Bitte melden Sie sich am Telefon immer mit: >Ich höre 101Punkt5. Und jetzt lass eine Geisel frei.< Hin und wieder wurde zusätzlich ein Foto von Leoni eingeblendet. »Glauben Sie, Ihre Verlobte hätte das alles hier gewollt?« Ira öffnete den Obduktionsbericht und strich eine umgeknickte Ecke auf der ersten Seite glatt. »Will.« »Bitte?«
    »Sie sagten >hätte das hier gewollt<«, erläuterte Jan. »Es muss aber richtig heißen: >Glauben Sie, Leoni will das hier?< Denn sie ist ja nicht tot. Also sprechen Sie bitte nicht in der Vergangenheitsform von ihr.« Ira nickte, machte sich eine Notiz auf der Fehlerliste und sagte dann:
    »Verzeihung. Also denken Sie, sie ist einverstanden mit dem, was hier passiert?«
    Stille. Die Pause war einen Wimpernschlag zu lang, und Ira konnte beinahe sehen, wie Jan im Studio überlegte.
    Als ob er sich bis jetzt darüber noch gar keine Gedanken gemacht hätte.
    »Nein«, sagte er schließlich. »Ich glaube nicht.«
    »Wie wird sie dann reagieren, wenn das alles vorbei ist?«
    »Solange sie überhaupt reagiert, ist mir alles recht. Das würde nämlich bedeuten, dass ich endlich weiß, was mit ihr passiert ist.«
    Ira blätterte eine Seite weiter. Zog das Foto des Unfallwagens heraus.
    »Lassen Sie mich offen sein, Jan. Ich fürchte, so oder so bekommen Sie Leoni nicht zurück. Entweder sie wird gar nicht erst zu Ihnen kommen können, weil Sie sich irren ...«
    »Ich irre mich nicht.«
    »… oder sie wird nicht zu Ihnen kommen wollen, weil sie Sie hasst für das, was Sie hier und heute getan haben. Sie können Ihr Ziel nicht erreichen. Wieso hören Sie nicht auf, bevor es noch schlimmer wird? Bevor noch mehr Menschen sterben?«
    Während sie sprach, blendete Ira ihre gesamte Umgebung aus. Die Verhandlungszentrale in Diesels Büro, Herzberg an seiner mobilen Computereinheit. Igor, der gerade zum hundertsten Mal überprüfte, ob das Telefonat auf der Festplatte mitgeschnitten wurde. Sie unterdrückte ihren immer stärker werdenden Durst, um den zu stillen sie etwas Härteres als den Kaffee brauchte, der in dem Becher vor ihr stand und langsam kalt wurde. Sie verdrängte sogar den brennenden Gedanken an Kitty und die Todesangst, die ihre Tochter sicher gerade durchlitt. Stattdessen konzentrierte sie sich auf den einzigen Menschen, von dem heute alles abhing. Leben und Tod. Zukunft und Vergangenheit. Sie schloss die Augen und visualisierte Jans Gesicht, das sie bisher nur aus den Bildern der Überwachungskamera kannte. Mit und ohne Perücke. Schließlich fragte sie ihn noch einmal: »Warum hören Sie nicht auf?«
    Am anderen Ende der Leitung raschelte es. Dann hustete Jan leise, bevor er antwortete.
    »Lassen Sie mich eine Gegenfrage stellen: Sie haben ein Kind verloren, richtig?«
    Das geht Sie gar nichts an, schrie Ira innerlich.
    »Ja«, flüsterte sie leise.
    »Aber in der Presse über Sie steht auch, dass Sie Mutter von zwei Töchtern sind? Wie heißt die andere?«
    »Katharina.«
    Ira öffnete die Augen und sah für einen Augenblick ihre Umgebung wie in einem überbelichteten Film. Dann hatte sie sich an die plötzliche Helligkeit gewöhnt. Hatte er Kitty etwa entdeckt?
    »Gut. Tun Sie mir bitte einen Gefallen, und stellen Sie sich vor, Sie machen mit Katharina eine Kreuzfahrt.«
    »Okay.«
    »Das Kreuzfahrtschiff kommt in Seenot und ist untergegangen. Katharina treibt vor Ihnen in den Wellen. Sie können sie ganz einfach retten, Sie

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