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Amokspiel

Amokspiel

Titel: Amokspiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sebastian Fitzek
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Lippen zu einem einstudierten Interviewgrinsen.
    »Ich möchte mich zunächst einmal für das Verhalten von Herrn Steuer bei Ihnen entschuldigen, Frau Samin.« Ira sah Faust misstrauisch in die Augen. Sie wusste nicht viel über den Mann, aber das, was sie über ihn gehört hatte, deutete nicht darauf hin, dass er darin geübt war, wildfremde Menschen um Verzeihung zu bitten. »Es ist sicher kein Geheimnis für Sie, dass Herr Steuer Sie nicht im Team haben will. Aber ich möchte Ihnen versichern, dass das keine persönlichen Gründe hat. Seine Ressentiments sind ausschließlich fachlicher Natur.«
    »Ach was?!«
    »Ja. Er hält Sie für nicht mehr einsatzfähig, seitdem das mit Ihrer ältesten Tochter passiert ist und Sie infolgedessen etwas, nun sagen wir mal, unpässlich wurden.«
    »Ich wüsste nicht, was Sie meine Arbeit angeht. Geschweige denn meine Familie.«
    »Sehr viel, leider. Und glauben Sie mir, ich wünschte, ich könnte mich aus Ihren persönlichen Belangen heraushalten. Doch nun hat der Geiselnehmer Ihre verstorbene Tochter ins Spiel gebracht. Von Rechts wegen, und das wissen Sie selbst, dürften Sie nicht eine Minute länger die Verhandlungen führen.«
    »Ich hab mich, weiß Gott, nicht aufgedrängt.«
    »Ich weiß. Auch wenn ich nicht Gott bin.« Steuer lächelte als Einziger über den müden Scherz des Staatsanwaltes. »Aber gestatten Sie mir eine Frage, Frau Samin? Schwitzen Sie schon?«
    »Wie bitte?«
    »Ja, ich glaube, dass Sie bereits transpirieren. Ich habe es gespürt, als Sie mir eben die Hand gaben. Wie lange ist es her seit dem letzten Schluck?«
    »Das muss ich mir nicht bieten lassen.«
    »Ich fürchte doch. Und ich fürchte sogar, dass Sie bald zu zittern anfangen werden. Dass Ihre Reizschwelle immer weiter sinken wird und Sie in einem unbeobachteten Moment das Büro verlassen werden, um in der Senderküche nach Alkohol zu suchen. Weil der Pegel sonst zu weit unterschritten wird. Hab ich Recht?«
    Ira spürte den festen Griff seiner Hand auf ihrer linken Schulter, der es ihr unmöglich machte, sich von ihm wegzudrehen und zu gehen. So wie sie es eigentlich gerade vorhatte.
    »Hier geblieben.« Fausts Stimme wurde eisig, und sein Grinsen erstarb so schnell wie ein brennendes Streichholz im Luftzug. »So. Und jetzt hören Sie mir gut zu: Obwohl ich alles über Sie weiß; zum Beispiel, dass Sie vor über einem Jahr Ihre Tochter Sara tot im Badzimmer gefunden haben, wofür Ihnen Ihre andere Tochter die Schuld gibt. Oder dass Sie seitdem nur noch als Alibi jeden Abend eine Pizza zu den zwei Flaschen Lambrusco beim Bringdienst bestellen. Obwohl ich auch ganz genau weiß, dass Sie schon mehrmals mit dem Gedanken gespielt haben, Ihrer Tochter zu folgen, und wahrscheinlich bereits eine geschärfte Rasierklinge auf dem Rand Ihrer Badewanne liegt, ja, obwohl mir das alles bekannt ist, habe ich mir trotzdem die Mühe gemacht und bin per Helikopter hierhergeflogen, nur, um Sie persönlich davon zu überzeugen, wie wichtig mir Ihre Teilnahme an der Aktion heute ist. Haben Sie das verstanden?«
    »Nein«, antwortete Ira ehrlich. »Ich verstehe hier bald gar nichts mehr. Wenn ich angeblich so wichtig bin, dann soll der Idiot da drüben mich doch einfach meine Arbeit machen lassen!«
    »Der Idiot da drüben«, Faust nickte in Steuers Richtung, der gerade einen Lungenzug nahm, »macht seine Arbeit bestens, indem er Sie nicht dabeihaben will und Ihnen Steine in den Weg legt. Denn mal ganz offen gesprochen: Sie sind ein Wrack, Ira Samin, und dazu muss man nicht einmal Ihre Personalakte lesen. Da genügt ein kurzer Blick in Ihre Pupillen.«
    Peng. Nun war es raus. Faust hatte ihr die Peitsche der Wahrheit ins Gesicht geschlagen, sie als nervliches Wrack bezeichnet, und jetzt stand sie in einhundertvierzehn Meter Höhe über dem Potsdamer Platz und wunderte sich, wie wenig es sie schmerzte. Vielleicht weil es die Wahrheit war und selbst die schlimmste Wahrheit immer noch leichter zu ertragen ist als die barmherzigste Lüge. »Ich bin der Einzige hier«, fuhr der Oberstaatsanwalt fort, »der will, dass Sie jetzt gleich wieder nach unten gehen und die Verhandlungen weiterführen.« Ira zog die Augenbrauen hoch. »Weshalb sind Sie wirklich hergekommen?« Ihr Blick wechselte zwischen Faust und Steuer hin und her. Sie schüttelte sich. Langsam wurde ihr kalt, und sie wusste nicht, ob es am Wetter lag oder an der Gesellschaft.
    »Ich will ganz ehrlich zu Ihnen sein«, sagte Faust, und seine Stimme klang wie die

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