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Amokspiel

Amokspiel

Titel: Amokspiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sebastian Fitzek
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seinen Verdacht überprüfen. Außerdem wollte Diesel das Ding schon lange einmal ausprobieren. Von der ersten Minute an, als er es vor zwei Wochen im Lager entdeckte, hatte er sich eine gute Gelegenheit herbeigewünscht. Und hier war sie. »Sandy . «, sang er schief auf der Melodie des Stones-Klassikers »Angie«, »Saaandieee . ist deine Akte etwa hiiiiiiieeer?«
    Nach dem dritten Refrain hatte er den unregelmäßigen Kreis rund um das Schloss vollendet. Diesel war fast etwas enttäuscht, wie unspektakulär einfach sich die Tür danach öffnete. Aber schließlich wurde in dem schrankgroßen Tresor keine größere Menge Geld, sondern lediglich die Hörerkartei aufbewahrt. Dass diese weggeschlossen wurde, lag nur an den strengen Bestimmungen des Datenschutzgesetzes. Noch nie hatte sie jemand stehlen wollen. Bis heute.
    Diesel verzog das Gesicht, als er die fünfzig grauen Aktenordner sah, die ihm ihre sorgsam beschrifteten Rücken zuwandten. Für ihn waren sie das zu Materie gewordene Sinnbild geistloser Langeweile. Wie konnte jemand seinen Lebensunterhalt mit dem Lochen und Abheften von Papier verdienen? Was stimmte nicht mit diesen Menschen? Keine zwanzig Sekunden würde er als Verwaltungskraft hier unten überleben.
    Diesel fingerte aus seiner hinteren Hosentasche die Liste mit den Namen der Hörerclubmitglieder, die die heutige Senderführung gewonnen hatten, heraus:
    Martin Kubichek Sandra Marwinski Cindy und Maik Petereit Manfred Stuck Theodor Wildenau Es gab zwei »K«-Ordner und drei mit dem Buchstaben »M«, von denen sich Diesel jeweils den ersten griff. Wenige Augenblicke später hatte sich sein Verdacht bestätigt. Auch bei »P« wurde er schnell fündig. Nur bei »S« verschlug es ihm die gute Laune. Zuerst fand er den Nachnamen »Stuck« gar nicht in dem Verzeichnis. 101Punkt5 Berlin hatte im Gegensatz zu den anderen Sendern der Stadt erst sehr spät mit dem Aufbau eines Hörerclubs angefangen und deshalb nur etwa siebzigtausend registrierte Mitglieder in seinem Datenbestand. Deshalb ließ sich die gesamte Kartei bislang in nur einem einzigen Schranktresor unterbringen. Trotzdem konnte Diesel den UPS-Fahrer zunächst in keinem der vier Aktenordner zum Buchstaben »S« entdecken. Schließlich merkte er, dass zwei Bögen Papier zusammenklebten. Seine Freude über diese Entdeckung verschwand sofort wieder, als er den DIN-A4-Bogen las, auf dem die relevanten Angaben zur Person verzeichnet waren. Vom Wohnort über Alter, Telefonnummer, Musikvorlieben, Geburtsdatum, E-MailAdresse bis zum Eintrittsdatum in den Gewinnerclub. Mist!, dachte Diesel, während er die Daten von Manfred Stuck überprüfte. Alles normal. Habe ich mich etwa doch geirrt?
    Der vierte Name, Theodor Wildenau, war wieder ein Treffer. Einzig und allein der UPS-Angestellte Stuck passte nicht ins Muster.
    Diesel lehnte sich mit dem Rücken an den aufgeschweißten Dokumentenschrank und zog eine zerknitterte Packung Kaugummis aus der hinteren Hosentasche. Er war schon seit vier Monaten Nichtraucher und benutzte scharfe Zimtkaugummis zum Abgewöhnen. Denk nach! Denk verdammt noch mal nach! Als der Geiselnehmer vorhin das erste Mal den Namen seiner Freundin erwähnte, hatte er sich an ein Gespräch erinnert, das er vor Monaten im Starbucks unten am Potsdamer Platz führte. Sein Gesprächspartner war ein Kerl gewesen, der aussah, als hätte er eine Woche in seinen Klamotten gepennt. Der Mann stocherte damals mit einer Kuchengabel in einem Latte macchiato herum, trank das gesamte Gespräch über keinen einzigen Schluck und erzählte stattdessen eine komplett wirre Geschichte. Von einer Leoni. Wie hieß er bloß?
    Diesel folgte einer spontanen Eingebung und griff sich noch mal den Ordner mit dem Buchstaben »M«, als sich jemand hinter ihm räusperte. Er zuckte so heftig zusammen, dass er seinen Kaugummi verschluckte. Ohne zu wissen, was ihn erwartete, drehte er sich langsam zur Tür herum. Dann versuchte er, den Blick eines der Männer, die ihre Maschinengewehre auf ihn richteten, einzufan-gen. Es gelang ihm nicht. Alle drei SEK-Beamte trugen Sturzhelme mit Sichtblenden.
    »Willst du heute etwa sterben?«, fragte ihn der Anführer der Truppe, der einen Schritt auf ihn zuging. Seine Stimme kam Diesel bekannt vor.
    »Du sollst oben den Sendebetrieb aufrechterhalten. Was willst du hier unten?«
    »Ich hab da eine Vermutung.«
    »Wovon redest du?«
    »M.« Diesel deutete mit dem Kopf zum Aktenschrank. »>M< - was?«, fragte Götz. Auf ein unsichtbares

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