Amore siciliano
ihr zu drehen. Das ist doch super Werbung für sie und ihren Hof!«
Ich war nicht einverstanden. Alle Welt würde im Fernsehen sehen, dass Signora Forchielli von ihrem Mann wegen einer anderen verlassen wurde – na ja, vielleicht nicht alle Welt, aber etliche Fernsehzuschauer in Deutschland. Und ich war schuld daran. Mir wurde schlecht. Der Wunsch, den Film möglichst authentisch und dabei emotional zu gestalten, war ja schön und gut, aber der Sache auf Kosten dieser Frau mehr Brisanz zu verleihen, fand ich link.
»Ich weiß gar nicht, was du hast«, meinte Malte. »Ist ja nicht so, dass wir sie gezwungen hätten, uns das alles zu erzählen. Sie hat ganz von allein davon angefangen. Siehat sogar in die Kamera gesagt, dass sie der Frau, die ihr den Mann ausgespannt hatte, am Anfang am liebsten die Augen ausgekratzt hätte, sich dann aber auf das Wohl ihrer Kinder besonnen hat und damit deren Kontakt zum Vater nicht abbricht, die geschäftliche Beziehung gesucht hat – wenn das nicht Mutterliebe ist!«
»Genau«, bestätigte Dieter. »Det is genau, was wir brauchen, um darzustellen, wie die Landwirte ihre Schwierigkeiten hier in den Griff bekommen, Landleben auf Italienisch sozusagen. Ganz hervorragende Recherche, Alex, wirklich.«
Unfassbar. Natürlich hatte ich den anderen von Signora Forchiellis Geschichte erzählt, aber doch nicht mit der Absicht, ihr Leid auszunutzen.
Kein Wunder, dass Dieter und Malte sich plötzlich so grün waren. Ich fand es unmöglich, dass sie die Vertrauensbasis, die ich im Vorgespräch mit ihr aufgebaut hatte, nun ausnutzen wollten. Doch bevor ich mich weiter aufregen konnte, klingelte mein Handy: Charly war wach? Um diese Uhrzeit?
Ich entschuldigte mich bei den anderen, die dabei waren, den Bus zu beladen. Nach dem Diebstahl hatte Dieter ja angeordnet, dass das Equipment jeden Abend ins Haus geschafft werden musste. Zwar rechnete keiner von uns damit, dass uns auch auf I Moresani jemand ausrauben könnte, doch Dieter wollte kein Risiko mehr eingehen.
Während die anderen also Kisten schleppten, ließ ich mich von Charly loben.
»Endlich, Alex! Ich bin so stolz auf dich. Und wie geht’s dir jetzt mit der Entscheidung?«
»Mir geht es super. Aber natürlich gibt es Momente, in denen ich wanke, wie ich dir schon geschrieben habe.«
»Das sind die üblichen Nachwehen, das wird bald vorbei sein. Du musst nur noch ein bisschen durchhalten. Bleib stark, bis ihr wieder in Berlin seid, dann vergisst du ihn schneller, als du denkst. Versprochen!«
»Hoffentlich! Aber wieso bist du eigentlich schon wach?«
»Nicht schon, sondern noch. Ich hab dir doch von Marc geschrieben …«
»Dem Typen aus London?«
»Genau. Er war gestern spontan wieder in Berlin, weil er Sehnsucht nach der guten Charly hatte.«
»Nach nur zwei Tagen?«
»Was soll ich sagen, der Mann ist eben verrückt nach mir.«
»Ach, und jetzt hat er wieder den Frühflieger genommen?«
»Nicht ganz«, kicherte Charly. »Er liegt hier neben mir und schnarcht.«
»Du bist unmöglich, du kannst doch nicht einen wildfremden Typen mit zu dir nach Hause nehmen!«, rügte ich sie.
»Hab ich auch nicht«, sagte Charly. »Wir sind in deiner Wohnung, weil ich doch noch die Blumen versorgen musste.«
»Na, besten Dank, ich hoffe, du beziehst das Bett frisch und zählst meine Sammlung antiker Wanduhren durch, wenn ihr die Wohnung verlasst.«
»Sei nicht spießig«, kam es zurück. »Marc ist in Ordnungund hat es nicht nötig, zu klauen. Und überhaupt, lass uns lieber über dich reden: Wie geht es jetzt mit deinem Olivenbauern weiter? Läuft da was oder wie?«
»Quatsch, ich hab mich doch nicht von Malte getrennt, um mich in einen Sommerflirt mit Paolo stürzen zu können, sondern weil ich gemerkt habe, dass wir zusammen nicht mehr glücklich sind. Vor allem ist mir klar geworden, wie sehr er meinem Leben seinen Stempel aufgedrückt hat und dass ich mich mehr darum kümmern muss, was ich selbst eigentlich will. Wenn ich mich also irgendwann neu verliebe, dann bestimmt nicht in jemanden, der mehr als zweitausend Kilometer von Berlin entfernt lebt!«
»Wieso?«, fragte meine Freundin. »Es muss ja nicht für die Ewigkeit sein, und gegen einen kleinen Urlaubsflirt ist doch nichts einzuwenden, oder ist der Typ etwa doch nicht so toll, wie du ihn beschrieben hast?«
»Doch, Paolo ist schon ein ziemlicher Hammer. Aber er ist, glaube ich, sowieso nicht an mir interessiert«, wiegelte ich ab.
»Woher weißt du das?«
»Weil ich
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