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Amore siciliano

Amore siciliano

Titel: Amore siciliano Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luzie Bronder
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wir wenigstens eine halbe Stunde vorher dort sein«, hatte er gesagt und uns am Abend mit der Drohung ins Bett geschickt, denjenigen, der nicht rechtzeitig am Bus erschiene, zu feuern. Paula hatte also ihren Wecker auf Viertel vor vier Uhr gestellt, weil sie so lange im Bad brauchte. Als Leidtragende nutzte ich die Gelegenheit, Charly endlich von der Wende in meinem Leben zu informieren.
     
From: [email protected]
To: [email protected]
Date: April 2nd, 4:05h
Subject: Re: Mach Schluss!
     
Liebste Charly,
jetzt kommt der Satz, nach dem du dich wohl seit einem halben Jahr sehnst: Du hattest recht! Malte ist nicht die Liebe meines Lebens, und die ganzen Streitereien und sein Verhalten, seit wir aufSizilien sind, haben mir das bewusst gemacht. Also hab ich vorgestern mit ihm Schluss gemacht. Ja, genau: ICH habe Schluss mit IHM gemacht. Ich weiß, unglaublich, ich wollte dich auch anrufen, um Deine Reaktion live zu hören, aber dann kam etwas dazwischen, ich sage nur: Schlangenbiss. Jedenfalls bekomme ich in manchen Momenten noch Angst vor meiner eigenen Courage und frage mich, ob er mir nicht doch fehlen wird, dann aber merke ich, dass es wohl die beste Entscheidung seit langem war. Und gestern Abend waren wir erst so spät aus Taormina zurück, da wollte ich dich auch nicht mehr stören. Wir müssen dringend telefonieren, ich brauche jetzt Deinen Zuspruch. Ruf mich an, wenn du wach bist.
Deine A.
     
    Heute stand also endlich der Ätna auf dem Programm, wir wollten unter anderem über die Obstplantagen an seinen Hängen berichten, den unglaublich fruchtbaren Boden, der aus der Lavamasse entstanden war, und das Leben der Einheimischen in seinem Schatten, mit all seinen Risiken und Möglichkeiten.
    Dieter hatte sich entschieden, Oles Vorschlag zu folgen und den Film mit einem Schwenk über den Ätna bei Sonnenaufgang beginnen zu lassen. Mit dem Blick auf die Landschaft im Abendrot, wie wir sie von Taormina aus gefilmt hatten, sollte er enden. Deshalb mussten wir um spätestens halb fünf losfahren, um den Sonnenaufgang nicht zu verpassen.
    »Den Vulkan als Dreh- und Angelpunkt zu verwenden bietet sich einfach an, det is ’ne schöne bildliche Klammer. Außerdem kennt jeder Zuschauer den Ätna oder kann mit dem Namen zumindest etwas anfangen. Vulkane haben die Leute immer schon fasziniert«, erklärte Dieter.
    »Richtig«, bestätigte Malte, und dabei fiel mir auf, dass er seit Tagen Dieter nach dem Mund redete. Das war ja kaum auszuhalten, so ein Schleimer. »Wir wollen zwar Fakten zu unserem Thema ökologischer Anbau in Europa liefern, diese müssen aber möglichst emotional verpackt werden«, fuhr er fort. »Deshalb ist ja auch die Story von der Entendame so hübsch, weil sie die Rückbesinnung auf traditionelle Anbautechniken vereint mit dem Drama der verlassenen Frau, die auf sich allein gestellt ist, weil der Vater ihrer Kinder sich eine andere gesucht hat.«
    »Heißt das, ihr wollt darüber berichten, dass Signor Forchielli seine Frau betrogen und verlassen hat?«, fragte ich.
    »Na klar«, sagte Dieter, »was meinst du, warum wa gestern so lange mit der Frau gequatscht haben – das bringt doch endlich mal ein bisschen Emotion in die sonst so friedliche Biowelt Siziliens: Da bauen sich zwei Leute eine gemeinsame Existenz auf, und dann verliebt der Mann sich ausgerechnet auf einer Biobauerntagung in eine andere. So läuft det also in Italien, det is mal real life!«
    Ich war erschüttert: Dieter und Malte wollten die aus ihrer Sicht langweilige Doku aufpeppen mit dem Kummer dieser sympathischen Frau.
    »Das könnt ihr doch nicht machen«, protestierte ich. »Das wäre ihr doch extrem unangenehm, wenn das im Fernsehen kommt!« In Zeiten von Facebook & Co. war es ohnehin schon schwer genug für Kinder, familiäre Konflikte nicht in aller Öffentlichkeit auszutragen, da fand ich ein wenig Rücksichtnahme bei unserer Arbeit wichtig. Außerdem strotzte das Italienbild, was die beiden vermitteln wollten, ja nur so von Klischees.
    »Warum denn nicht?«, fragte Malte. »Wir berichten doch nur über wahre Umstände, die das Leben dieser Frau erschweren – und die sind im Land von Amore und Dolce Vita eben, typisch italienisch, romantischer Natur. Im Grunde heben wir doch hervor, wie großartig sie sich arrangiert hat – so dass eben alles in der Familie bleibt. In Deutschland wäre doch so was kaum vorstellbar, das wird die Leute interessieren. Außerdem hast du selbst vorgeschlagen, bei

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