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Amore siciliano

Amore siciliano

Titel: Amore siciliano Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luzie Bronder
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vorgestern von einer Schlange gebissen wurde, und erst sah es so aus, als machte er sich Sorgen um mich, aber eben nur so wie bei jedem x-Beliebigen. Denn gestern hab ich den ganzen Tag nichts von ihm gehört. Er hat sich nicht mal nach mir erkundigt«, sagte ich.
    »Du bist waaas? Von einer Schlange gebissen worden?«
    »Ja, das hab ich dir doch in meiner letzten Mail geschrieben!«
    »Ja schon«, sagte Charly. »Aber ich hab gedacht, mitGiftschlange meinst du irgendwie Paula oder Simona oder Carla, eben eine von den Frauen da. Kann ja nicht ahnen, dass du eine echte Schlange meinst!«
    »Und wieso bitte schön hätte mich eins von den Mädels beißen sollen?«, fragte ich.
    »Na ja, ich dachte, das wäre nur eine Metapher für Rumgezicke oder so. Du bist also wirklich von einer Schlange gebissen worden? Krass!«
    »Ja, aber Paolos Hund und sein Erntehelfer haben mich gefunden und den Arzt gerufen, also alles halb so schlimm.«
    »Paolos Hund hat einen Erntehelfer?«
    »Quatsch, Paolos Erntehelfer natürlich, dieser ältere Mann, der immer auf I Moresani Wein trinkt. Hab ich doch von erzählt!«
    In dem Moment kam Paula um die Ecke: »Alex, komm, wir müssen los!«, rief sie.
    »Charly, wir reden später weiter, wir wollen jetzt zum Ätna.«
    »Okay, stürz dich nicht vor Verzweiflung in den Krater, sei froh, dass du Malte, den Langweiler, los bist!«
    »Bin doch froh!«, rief ich noch ins Telefon, dann legte ich auf und stieg zu den anderen in den Bus.
    »Was bist du?«, fragte Malte, der das Ende des Telefonats mitbekommen hatte.
    »Froh, dass wir alle so gut zusammenarbeiten«, behauptete ich und hätte mir dabei am liebsten auf die Zunge gebissen. Warum hatte ich nicht einfach die Wahrheit gesagt? So weit her war es wohl mit meiner neuen Selbständigkeit noch nicht.
    Er gab sich mit meiner Antwort zufrieden, und ich fragte mich, ob er eigentlich immer noch dachte, dass ich seine Freundin sei.
    Die Fahrt zum Ätna verging sehr rasch, was zum einen daran lag, dass die Menschen in den umliegenden Ortschaften um diese Zeit noch tief und fest schliefen und wir nahezu allein auf der Autobahn waren. Zum anderen verlangte Dieter von Malte, das Gaspedal voll durchzutreten, damit wir auf jeden Fall noch den Sonnenaufgang mitbekämen. Er hatte sich nämlich verkalkuliert, was die Fahrtzeit anging. Das Navi hatte ihn eines Besseren belehrt, und deshalb saß er nun wie auf heißen Kohlen auf dem Beifahrersitz und forderte Malte im Fünfminutentakt mit »Gib Gummi!« zum lebensgefährlichen Rasen auf.
    Wenige Minuten bevor die ersten Sonnenstrahlen über den Horizont kletterten, kamen wir an – und die Ausmaße des Mongibello übertrafen all meine Erwartungen. Von Taormina aus hatte der Vulkan gar nicht so riesig gewirkt, aber hier im Parco dell’Etna erkannte man seinen gigantischen Umfang. Über ein Quadratkilometer Land gehörte zu diesem Berg. Ein Großteil der Fläche bestand aus Lavagestein, wobei auf dem fruchtbaren Boden der unteren Hänge Obstbaumplantagen zu sehen waren. Wir ließen Ole und Jakob mitsamt Ausrüstung auf einer kleinen Anhöhe aussteigen, von der aus man einen phantastischen Blick in Richtung der Hauptkrater hatte. Sie sollten schon einmal das Set einrichten, während wir den Bus auf einem Touristenparkplatz des Piano Provenzana, eines der Besucherzentren in der Nähe, abstellten. Paulaund ich setzten alle unsere Reize ein, um einen jungen Sizilianer dazu zu bewegen, uns sieben Cappuccino zu verkaufen, obwohl sein Panificio eigentlich erst um sieben Uhr öffnete. Wir trafen wieder bei Ole und Jakob ein, als die Sonne gerade begann, den Ätna in ein frühmorgendlich glänzendes Licht zu tauchen.
    Beeindruckt von so viel Schönheit, standen wir zu sechst nebeneinander und starrten schweigend auf den größten aktiven Vulkan Europas. Paolo hatte recht gehabt: Wenn man am Fuße des Mongibello stand, empfand man sich selbst und all seine Problemchen als klein und unbedeutend.
    Nur Ole ließ sich nicht vom Berg aller Berge beeindrucken, was aber daran lag, dass er zu tun hatte. Immerhin hatte er nur diese eine Chance, gute Bilder vom Ätna zu machen. Er positionierte sein Kamerastativ immer wieder neu und kommentierte, vor sich hinbrummelnd, jede einzelne Blickrichtung. Ich holte die Digicam aus meiner Manteltasche und zoomte, so nahe es ging, an die Nebenkrater der Bergflanken heran. Dann machte ich noch ein paar Gruppenfotos, damit der Dokumentarfilm nicht die einzige Erinnerung an diesen Sizilientrip

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