Amore siciliano
blieb.
Ole hantierte noch eine gute halbe Stunde mit der Kamera herum. »Das wird das Intro, da muss ich die besten Bilder machen!«, erklärte er, was wir alle selber wussten.
»Ja, mach du mal«, meinte Dieter. »Paula und ich besorgen inzwischen neuen Kaffee.«
»Chi la dura la vince, Beharrlichkeit führt zum Ziel«, meinte Carla zu Ole. Manchmal redete sie auch nur, umzu reden, schoss es mir durch den Kopf. Je mehr die anderen sich an ihre Gegenwart gewöhnten, desto mehr ging mir ihre omnipräsente Art auf die Nerven. Das war natürlich ungerecht, denn sie war uns in diesen Tagen nicht nur eine Hilfe beim Dolmetschen, sondern hatte auch schon mit ihrer Ortskenntnis und ihren Kontakten einiges zum Projekt beigesteuert. Aber mir fehlte hier einfach eine Freundin wie Charly, mit der ich über alles reden konnte, zum Beispiel über die Sache mit Malte. Er stellte sich nämlich gerade neben mich und legte mir den Arm um die Schultern.
»Ist ja richtig romantisch hier«, sagte er. »So langsam verstehe ich, was dir an dieser Insel so gefällt.«
Erst wollte ich seinen Arm abschütteln, aber das wäre mir hier, vor den anderen, eine zu harte Geste gewesen. Außerdem fröstelte ich leicht, und seine Umarmung sorgte für eine angenehme Wärme. Dennoch war es an der Zeit, dass er begriff, wie es um uns stand. Wie sollte ich es ihm nur unmissverständlich klarmachen, ohne dabei grob zu werden? Denn immerhin hatte ich mir vorgenommen, wieder mehr darauf zu achten, mir selbst treu zu bleiben, und dazu gehörte zwar, Malte Addio zu sagen. Aber unhöflich zu werden hätte genauso wenig zu mir gepasst wie er.
»Amiamo Mongibello, wir Sizilianer lieben unseren ›Mongibello‹«, erklärte Carla, die neben uns getreten war. »Er ist über dreitausend Meter hoch und über eine halbe Million Jahre alt. Ein Gigant!«
»Bricht er noch oft aus?«, fragte ich und entwand mich endlich Maltes Arm.
»Periodicamente, regelmäßig«, antwortete Carla. »Überall auf dem Berg verteilt sind kleine Krater, aus denen alle paar Jahre Lava fließt, und Rauch steigt eigentlich permanent irgendwo auf.«
»Ich würde gern einen der Naturlehrpfade begehen«, sagte ich. »Aber dafür werden wir wohl kaum Zeit haben.«
»Das wäre doch etwas für unseren letzten Tag. Falls wir vor der Abreise noch etwas Zeit haben«, sagte Malte und trat wieder näher an mich heran. »Wäre doch romantisch, nur wir zwei und ein Picknickkorb voll frischem Obst und Gemüse, was meinst du?«
Oles Blick bei seinen Worten sprach Bände, auch Jakob drehte sich hüstelnd zur Seite. Das ging wirklich nicht so weiter. Ich nahm Malte bei der Hand und zog ihn ein paar Meter weg von den anderen, damit nicht alle unser Gespräch mithörten.
»Malte, was ist bloß los mir dir? Erst bist du tagelang schlecht gelaunt, verfluchst Italien, beschimpfst mich grundlos und sorgst dafür, dass wir uns fast unentwegt streiten. Und nun das! Du ignorierst einfach, dass wir vorgestern ganz eindeutig Schluss gemacht haben. Könntest du bitte ernst nehmen, was ich gesagt habe? Denn was mich betrifft, bleibt es dabei. Ich meine, wir können ja gern befreundet bleiben, und ich finde es auch wichtig, dass wir weiterhin gut zusammenarbeiten …«
»Du willst diese ›Ich brauche dich nicht mehr und trenne mich‹-Nummer also wirklich durchziehen?«, unterbrach er meinen verzweifelten Redefluss.
»Ja, das will ich«, bestätigte ich und hatte aus unerklärlichenGründen einen Kloß im Hals. »Ich denke, jeder von uns sollte seine eigenen Wege gehen.«
»Okay«, antwortete Malte trocken, und ich war fast ein wenig enttäuscht von seiner sachlichen Reaktion. Das hielt allerdings nur kurz an. »Aber wenn du glaubst, du kannst in Berlin wieder angekrochen kommen, dann hast du dich geschnitten«, fügte er nämlich hinzu. »Wenn es jetzt aus ist, dann für immer.«
»So soll es sein«, druckste ich und fühlte mich, als hätte er mich abserviert, statt umgekehrt.
Malte machte auf dem Absatz kehrt und ging zu Jakob, um ihm beim Einpacken zu helfen. Ich schlich zu Paula, die vom Kaffeeholen zurück war, und trank meinen in einem Zug aus.
Der Rest des Tages rund um den Vulkan verlief ereignislos. Vor der spektakulären Kulisse bekamen wir tolle Bilder, und ich genoss die Arbeit, da sie mich davon abhielt, über das Gespräch mit Malte nachzugrübeln. Im Besucherzentrum erkundigten wir uns ausgiebig nach der landwirtschaftlichen Nutzung des Parco dell’Etna, und am Ende des Tages war
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