Amore siciliano
gesagt, dass du deinen Hof nicht verkaufen willst!«, fragte ich, während Enzo sich über die Kiwi am Boden hermachte und sie als Ball benutzte, den er Charly auffordernd vor die Füße legte.
»Insomma! Ich hab dir doch gesagt, dass er Immobilienmakler ist. Nachdem er endlich eingesehen hat, dass ich meinen Hof nicht verkaufen werde, ist mir eingefallen, dass ich ihm dieses Hafengrundstück anbieten könnte, das ich von meinem Vater geerbt habe. Da ich nicht mehr so viele Oliven anbaue und verkaufe wie er damals, benötige ich die Lagerhallen nicht mehr. Sie werden schon so lange nicht mehr genutzt, dass ich sie ganz vergessen hatte. Aber jetzt wollte Signor Serra sich das Grundstück einmal ansehen, um zu prüfen, ob es das Richtige für seinen Klienten wäre. Wir waren gerade dabei, das Finanzielle zu besprechen, da kam euer Überfall.«
Charly kickte die Kiwi mit Schwung durch die Halle und reichte dem Maserati-Mann zur Entschuldigung die Hand. »Da haben wir wohl Gespenster gesehen, bitte entschuldigen Sie«, meinte sie. Auch mir tat es leid, aber noch mehr war es mir peinlich. Ich war dem Vorurteil aufgesessen,dass auf Sizilien an jeder Ecke die Mafia lauerte, und hatte Charlys Verschwörungstheorie nur allzu bereitwillig geglaubt. In dieser Sekunde schwor ich, meiner Blauäugigkeit ein Ende zu machen. Nie wieder würde ich mich mit meiner Naivität blamieren, so viel stand fest!
»Caspita! Du hast dir wohl mächtig Sorgen um mich gemacht, wenn du einen vermeintlichen Schwerverbrecher völlig unbewaffnet attackierst«, stellte Paolo fest und sah mir dabei in die Augen. »Ich wusste ja gar nicht, dass ich dir so viel bedeute, dass du dein Leben für mich riskieren würdest. Che bello!«, er lächelte mich an.
»Ich hatte ja Enzo an meiner Seite«, sagte ich beschämt. Der Hund stand mit der halb zerquetschten Kiwi im Maul vor Charly und bettelte, dass sie mit ihm zu spielen anfing. Doch Charly zog den Maserati-Mann mit sich nach draußen und ließ Paolo und mich allein.
Er kam ein paar Schritte auf mich zu, nahm mein Gesicht in seine Hände und küsste mich, wie einen nur der Eine küssen kann. Nun war alles gut. Von mir aus hätte die Zeit stehenbleiben können.
Als er meine Lippen wieder freigab, flüsterte ich: »Ich werde wohl meinen Flug umbuchen müssen.«
»Assolutamente! Unbedingt!«, bestätigte Paolo. »Am besten du verschiebst ihn auf Weihnachten.«
Leseprobe aus
LUZIE BRONDER
Liebe all’arrabbiata
Roman
Broschur
299 Seiten
Euro 8,95
Aperitivo
»Flugangst?«, fragte Markus mit mitleidigem Blick.
Ich quälte mir ein Lächeln heraus. Mir war speiübel.
»Quatsch. Mir ist nur ein wenig flau. Hab wohl was Falsches gegessen.«
Ich habe keine Flugangst. Vielleicht bin ich etwas besorgter als die anderen Passagiere, die um mich herum fröhlich plaudernd ihr Gepäck verstauten und versuchten, es sich in den furchtbar schmalen Sitzen bequem zu machen. Ich konnte ihre Sorglosigkeit nicht nachvollziehen. Der stetig zunehmende Luftverkehr würde über kurz oder lang zu verringerten Sicherheitsabständen zwischen den Fliegern und nicht zuletzt zu gegenseitiger Beeinträchtigung durch Emissionsausstoß führen. Schon allein deshalb bevorzugte ich das Reisen auf dem Erdboden, und zwar so, wie die Natur es für uns Menschen vorgesehen hatte: mit dem Auto! Zumal die weltbewegenden Orte, an denen ich bislang meiner Arbeit als Restaurantkritikerin nachgegangen war, sowieso keine Flughafenanbindung hatten.
Rom hatte dummerweise einen Flughafen. Und deshalb saß ich nun in diesem grässlichen Flugzeug mit diesem noch grässlicheren Fotografen Markus Semgart, der mir und meiner Freundin Hanna für unser gemeinsames Projekt zugeteilt worden war. Eigentlich kannte ich ihn kaum, ich wusste nur, dass er ungefähr dreißig Jahre alt war, im selben Verlag arbeitete wie Hanna und ich und sein Kunstgeschichtsstudium wohl niemals abschließen würde, weil er viel zu sehr mit Fotografieren und Quatschen beschäftigt war. Wobei er leider meistens nur Phrasen und alberne Sprüche von sich gab.
»Keine Sorge«, meinte er gerade wie zum Beweis, »das Gefährlichste am Fliegen ist der Weg mit dem Auto zum Flughafen.«
Er war sich tatsächlich für keine Floskel zu schade.
»Du wirst sehen«, kicherte er weiter, »die Zeit vergeht wie im Flug!«
Ich würde bei Gelegenheit wohl ein Loch in seine Rettungsschwimmweste piksen müssen. Mit einem verächtlichen Blick bedachte ich sein fröhliches Grinsen.
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