Amputiert
verschmiert, und wusste nicht recht, was ich als Nächstes tun sollte.
Eine Weile schaltete sich mein Verstand ab.
Das Nächste, was ich mitbekam, war, dass ich am Fußende von Rotbarts Bett stand und auf meinen Freund hinabsah, ohne den leisesten Schimmer zu haben, wie ich dort hingelangt war. Ein kurzer Blick zurück bestätigte, dass Drake immer noch in einer ziemlich großen, roten Pfütze lag – was ich als Erleichterung empfand, denn eine Sekunde lang dachte ich, dass ich mir die gesamte Konfrontation mir Dr. Marshalls Sicherheitschef nur eingebildet hätte.
»Alles in Ordnung, Mike?«, fragte Red, die großen Dackelaugen rot vom Weinen.
Ich war voll von Drakes Blut und mein Handgelenk, meine Rippen und mein Knie schmerzten höllisch, aber im Großen und Ganzen ging es mir gut. Jedenfalls besser als Drake, soviel stand fest.
»Ja, Red, alles in Ordnung. Was ist mit dir?«
Red nickte nur. Um seine Mundwinkel spielte ein Lächeln. »Hast mir Sorgen gemacht. Ich dachte, du hättest dich mit Drake übernommen, aber verdammt, du hast dem Schwein gegeben, was es verdient hat. Gut gemacht, Kumpel. Wenn du mich fragst, hätte es kein größeres Arschloch treffen können. Ich hoffe, er schmort bereits in der Hölle.«
»Ich auch«, bestätigte ich, öffnete den Reißverschluss meiner besudelten Jacke und ließ sie zu Boden fallen.
Sie hatte den Großteil von Drakes Blut abbekommen, und bei allen lieben Erinnerungen, die sie barg, das verfluchte Ding glich nur noch einem matschigen Chaos, das ich keine Sekunde länger anbehalten wollte. Ich verbrachte einige Minuten damit, mir an Reds Laken die Hände abzuwischen ... eigentlich eher, um mich darauf vorzubereiten, was mir bevorstand, nicht wirklich, um die Hände sauber zu bekommen. Außerdem riss ich einen Streifen ab, den ich um mein verletztes linkes Handgelenk wickelte und mit den Zähnen zusammenknotete. Sicher, ich wollte schon wieder Zeit schinden, aber allmählich fing ich an, mich richtig gut zu fühlen. Mein Plan ging auf. Dass es mir gelungen war, Drake zu töten, musste ein gutes Zeichen sein. Ich würde Red den Weg ins Jenseits ebnen, danach würde ich dieses Höllenhaus so weit in den Himmel sprengen, wie es das sich ausbreitende Gas zuließ, sobald ich es entzündete.
»Also gut«, sagte ich und holte mir ein neues Kissen. »Bringen wir es zu Ende. Bist du bereit?«
Ich hatte nicht erwartet, dass Red glücklich über das sein würde, was geschehen sollte, aber ich hatte auch nicht damit gerechnet, dass er mich mit solcher Furcht ansehen würde. Als ich das erste Mal mit dem Kissen auf ihn zugegangen war, hatte er nicht so gewirkt. Was hatte sich verändert?
»Was ist denn, Mann? Ich dachte, du willst das.«
»Du hast meinen ... meinen ...«, setzte Red an, doch dann begann er zu zittern. Was von seinem Körper übrig war, bebte unter der dünnen Decke. Er sah mir nicht in die Augen; er schaute überhaupt nicht in mein Gesicht, sondern tiefer. Ich blickte hinab, erkannte, was ihm solchen Kummer bereitete, und hätte um ein Haar geschrien. Auf meinem Bizeps prangte eine Tätowierung in Form eines grellroten Feuerwehrmannhelms, davor kreuzten sich eine gelbe Leiter und eine Axt. Die Worte N. F. STATION 5 standen fett darunter.
Heilige Scheiße!
»Ist das meiner ?«, fragte Red. Beim letzten Wort kippte seine Stimme.
Was sollte ich darauf antworten? Was konnte ich sagen, um zu rechtfertigen oder zu erklären, warum ich seinen verdammten Arm trug?
Wie konnte ich ein solcher Idiot gewesen sein, dass es mir zuvor nicht aufgefallen war? Klar erinnerte ich mich daran, wie stolz er uns allen seine Tätowierung gezeigt hatte, aber ich war so beschäftigt damit gewesen, zu beklagen, wie hässlich mein zusammengeflickter Körper aussah, dass es mir nie aufgefallen war. Ich hatte mich nie gefragt, ob ich einen der Spender vielleicht gekannt hatte oder was passieren würde, sollten sie je erfahren, dass ich eines der ihnen gestohlenen Körperteile erhalten hatte. Ich war zwar nicht derjenige gewesen, der ihnen ihre Gliedmaßen abgenommen hatte, trotzdem fühlte ich mich unweigerlich wie ein Dieb, während ich vor Rotbart stand. Schlimmer noch, denn ich hatte nicht nur einen Arm, der mir nicht gehörte, ich hielt damit auch noch ein Kissen und war im Begriff, ihn mit der Kraft seines eigenen Fleisches zu ermorden.
»Es tut mir leid, Red«, brachte ich schließlich hervor, da ich wusste, ich musste irgendetwas sagen, damit er mich verstehen würde. »Ich
Weitere Kostenlose Bücher