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Amputiert

Amputiert

Titel: Amputiert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gord Rollo
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Existenz zu entfliehen und die Chance auf ein besseres Dasein zu erhalten, lächeln, weinen und praktisch geifern würden. Leider konnte ich Lucas und Rotbart nicht länger meiden. Das Kissen wie einen Schild vor mich gestreckt, ging ich zu ihnen und schaute auf.
    Es war nicht so schlimm, wie ich befürchtet hatte.
    Sicher, sie wirkten aufgeregt und glücklich darüber, dass ihrem Leiden ein Ende gesetzt würde, aber sie sahen auch ängstlich aus, da sie nicht wussten, was sie im Jenseits erwartete – ob nach dem Tod überhaupt noch etwas kam.
    Es war ein ernüchternder Gedanke, der mich genauso hart traf, zumal ich davon ausging, meinen Freunden sehr bald zu folgen.
    Würden wir einander erkennen, wenn wir uns auf der anderen Seite begegneten? Mich betraf das wohl nicht. Für Lucas und Red würde hoffentlich ein nettes Plätzchen im Himmel reserviert sein. Ich würde für die Dinge, die ich an diesem Tag getan hatte, zweifellos geradewegs in die Hölle fahren und bezweifelte, dass ich einen der beiden je wiedersehen würde.
    Hör auf, es hinauszuzögern, Mike. Tu, was du tun musst.
    »Es ist in Ordnung, Mike«, sagte Lucas leise, als er bemerkte, dass ich zauderte, näherzukommen. »Wir sind eigentlich schon lange tot, nur unsere Körper lassen uns nicht gehen. Nichts von alledem ist deine Schuld, Junge. Ich weiß, es ist viel verlangt, aber du musst uns helfen.«
    Schweigend nickte ich. Was er sagte, stimmte, trotzdem fand ich nicht die Kraft, um meine Beine in Bewegung zu setzen. Lucas hatte noch etwas zu sagen.
    »Ich habe dir das nie erzählt, aber meine Frau Charlotte starb vor acht Jahren an Krebs, und ich weiß, dass sie auf der anderen Seite auf mich wartet. Hilf mir, die Tür zu öffnen, Mike. Ich habe keine Hände, um es selbst zu tun, und sie fehlt mir. Sie fehlt mir so verdammt sehr.«
    Da begann Lucas zu weinen, und ich konnte es nicht ertragen, ihn noch eine Minute länger leiden zu sehen. Bevor mich die Feigheit einholen konnte, ging ich zu ihm und küsste ihn auf die Stirn.
    »Gib ihr einen Kuss von mir«, sagte ich, wobei mir mittlerweile zügellos Tränen über die Wangen liefen.
    »Danke, Mike«, erwiderte er. »Das werde ich.«
    Dann legte ich das Kissen auf sein lächelndes Gesicht und drückte mit aller Kraft zu.
    Innerlich schmerzte es mich gewaltig, trotzdem lächelte auch ich und stellte mir die ganze Zeit vor, wie Lucas durch jene Tür schritt, das wunderschöne Antlitz seiner Frau erblickte und losrannte, um sie in die Arme zu nehmen. Vielleicht würde das nie geschehen, aber es war ein tröstlicher Gedanke, und für Lucas hoffte ich inständig, dass es wahr werden würde. So oder so, Dr. Marshall würde ihm nie wieder wehtun, und ich schätze, allein das reichte. Der Rest lag nicht bei mir.
    Rotbart hatte lange geschwiegen, nun jedoch meldete er sich zu Wort. »Ich glaube, er ist gegangen, Mike.«
    Ich vergewisserte mich, ob Lucas’ Brust aufgehört hatte, sich zu heben und zu senken; sie lag still, dennoch hielt ich das Kissen noch eine Minute fest, bevor ich es von seinem Gesicht löste. Letztes Mal hatte ich ihn im Stich gelassen, und ich wollte verdammt sichergehen, dass ich es diesmal richtig machte. Doch es bestand kein Grund zur Sorge: Lucas war gegangen, und er war mit einem Lächeln im Gesicht gestorben.
    »Hast du auch jemanden, der dich auf der anderen Seite erwartet, Red?«, fragte ich und hoffte das Beste.
    »Eigentlich nicht. Meine Eltern, schätze ich. Wäre schön, sie wiederzusehen. Vielleicht ein paar alte Kumpel von der Feuerwehr. Wer weiß? Was ist mit dir?«
    »Meine Frau und mein kleiner Junge. Autounfall. Ich weiß nicht viel über diesen Kram, Red, aber falls es einen Himmel gibt und man einen Trottel wie mich dort reinlässt, freue ich mich darauf, sie bald wiederzusehen. Es ist ein verrückter Gedanke, aber weißt du, er hilft.«
    Rotbart nickte. Mittlerweile flossen ihm genauso hemmungslos Tränen über die Wangen wie mir. »Lass es uns tun, Mike. Ich bin bereit.«
    Ich trat neben ihn, küsste auch ihn auf die Stirn und wollte gerade das Kissen auf sein lächelndes Gesicht legen, als ich sah, wie sich seine Augen überrascht weiteten. Außerdem sprach Angst aus ihnen. Als ich mich umdrehte und seinem Blick folgte, verstand ich, weshalb.
    Drake stand an der Tür.
    Zu lange, Mike. Du hast dir zu lange Zeit gelassen.
    Der Sicherheitschef wirkte erstaunt darüber, mich zu sehen. Von der Durchsuchung des Waldes war er noch verschwitzt und atmete schwer, und mich

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