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Amputiert

Amputiert

Titel: Amputiert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gord Rollo
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hatte dabei genauso wenig mitzureden wie du. Dr. Marshall hat all dieses Leid verursacht. Es ist seine Schuld. Er hat mich narkotisiert, und als ich aufwachte, sah ich so aus. Bitte hass mich nicht dafür.«
    Eine Weile erwiderte Rotbart nichts, aber er sah mir wieder in die Augen. Sein Zittern legte sich allmählich. Aus seinen verquollenen Augen strömten immer noch Tränen. »Ich hasse dich nicht, Mike. Großer Gott, nein, das weißt du. Ich kann es nur nicht mehr ertragen. Ich bin am Anschlag und will jetzt weg. Ob Himmel, Hölle oder bloß ein großes, schwarzes Loch im Boden, ist mir egal. Schaff mich einfach hier raus, ja? Bitte.«
    Ich nickte, da ich meiner Stimme in diesem Augenblick nicht traute. Mit dem Kissen in der Hand trat ich neben sein Bett und bereitete mich wie betäubt darauf vor, abermals zu morden.
    »Versprichst du mir etwas, Mike?«, fragte Red, als ich das Kissen senkte.
    »Ich erwische ihn, Red«, sagte ich, da ich ahnte, was er hören wollte. »Verlass dich drauf, mein Freund. Nathan Marshall wird innerhalb der nächsten Stunde tot sein.«
    Ich hatte zwar kein vollständiges Vertrauen in das, was ich sagte, aber jedes Wort kam von Herzen, und ich gelobte, alles in meiner Macht Stehende zu tun, um es wahr werden zu lassen – oder bei dem Versuch zu sterben. Rotbart nickte und lächelte. Ich erwiderte das Lächeln, dann drückte ich das Kissen auf sein Gesicht, bevor er sehen konnte, wie ich erneut in Tränen ausbrach.

Kapitel 39
    Rotbart war gegangen, und sein Tod lastete schwer auf meiner Seele. Das Kissen, das ich benutzt hatte, ruhte noch auf seinem Gesicht, das Leichentuch eines armen Mannes. Ich war zu zerstreut, um das Kissen zu entfernen und ihn anzusehen – und, ich gebe es zu, ich hatte auch zu große Angst davor. Ich wollte nicht wissen, ob er in seinen letzten Momenten gelitten hatte. Ich wollte glauben, dass er darunter lächelte, wie es Lucas getan hatte, aber ich würde mich nicht davon überzeugen. Keine Chance.
    In meinem Kopf drehte sich alles. Ich hatte Mühe, meine Gedanken in die richtige Richtung zu lenken. Wenn ich innehielt und zu intensiv darüber nachdachte, was ich gerade getan hatte, würde ich verrückt werden, mich wahrscheinlich auf den Boden zwischen Lucas und Red legen und alles bleiben lassen. Aber ich hatte immer noch eine Aufgabe zu erfüllen und – wichtiger noch – ein Versprechen einzulösen.
    Bevor ich das Bluterzimmer verließ, stockte ich mein wachsendes Arsenal an Waffen und Vorräten auf. Mittlerweile hatte ich zwei Pistolen: Drakes und Jacksons. Außerdem zwei Messer – Drakes und Junies Klappmesser. Darüber hinaus ein Bic -Feuerzeug und ein Holzkreuz.
    Das Problem war nur: Ich konnte nicht alles tragen. Die Messer konnte ich mühelos in meinen Hosentaschen verstauen, aber durch mein verletztes Handgelenk war ich nur in der Lage eine Pistole halten. Ich hätte mir zwar eine vorne in die Hose stecken können, doch bei meinem Glück hätte ich mir wahrscheinlich die Nudel weggeschossen. Nein, bestimmt würde ich nicht mehr als eine Pistole brauchen. Das Magazin von Drakes Waffe war noch voll, deshalb nahm ich sie und ließ die von Jackson auf einem der Reservebetten zurück. Um ein Haar hätte ich auch das Holzkreuz hingelegt, aber aus einer Eingebung heraus stopfte ich es mir vorne unters Hemd.
    Zu guter Letzt drehte ich alle Sauerstoffventile auf – am Kopfende jedes Bettes befand sich eins. Danach verabschiedete ich mich von Lucas und Red und ging hinaus in den Flur des dritten Stockwerks.
    Zum Glück präsentierte er sich verwaist, trotzdem war mir klar, dass ich von nun an auf Zehenspitzen schleichen musste. Wenn Drake in die Burg zurückgekommen war, galt das zweifellos auch für seine Männer, und von ihnen würde mich keiner einfach vorbeigehen lassen wie zuvor die Krankenschwester und der Krankenpfleger. Sollte ich noch einmal gesichtet werden, würde ich in wirklich großen Schwierigkeiten stecken.
    Allerdings galt dasselbe umgekehrt für jeden, der mich sichten würde, denn ich war bewaffnet und fest entschlossen, kämpfend unterzugehen. Mich kümmerte einen Scheiß, ob mir bei einem Gefecht die Kehle durchgeschnitten oder ob ich bei einem Duell erschossen würde; ich musste nur irgendwohin gelangen, wo ich das Gas entzünden konnte, bevor man mich ausschalten würde.
    Und ich wusste genau den richtigen Ort.
    Ich hielt auf das vordere Treppenhaus zu.
    Meine Vermutung war, dass sich das verbliebene Sicherheitsteam in Drakes Büro im

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