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Amputiert

Amputiert

Titel: Amputiert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gord Rollo
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Polizeibeamten reden, da ich fürchtete, jede Änderung meiner Gedanken oder Konzentration könne meinen Traum in eine andere, unerwünschte Richtung abdriften lassen. Seit fast vier Jahren war ich nicht so nahe dran gewesen, meine Frau und meinen Sohn zu sehen, und ich wusste, es war zu schön, um wahr zu sein. Es würde, es konnte nicht von Dauer sein, aber alles, was ich wollte, war, nur fünf Minuten weiterzuschlafen, Jackie noch einmal zu küssen und Daniel kurz in den Armen zu halten. War das zu viel verlangt?
    Mein Panikalarm setzte ein, als wir die Stadtgrenze hinter uns ließen und der Streifenwagen nach links auf eine asphaltierte Straße bog, die sich durch einen Wald aus hohen, dicken Bäumen wand. Außerhalb der Stadt gab es doch kein Krankenhaus, oder? Warum hatte man Jackie und Daniel nicht ins Buffalo General Hospital gebracht? Das musste näher am Unfallort liegen.
    »Wo sind wir?«, fragte ich und sah den Polizisten zum ersten Mal an, seit ich in seinen Streifenwagen gestiegen war.
    »Wir sind an der Klinik«, antwortete er. »Erkennen Sie den Ort nicht?«
    Ich schaute durch die Windschutzscheibe, als das Auto aus dem Wald fuhr, und stellte fest, dass wir auf den Parkplatz von Nathan Marshalls hässlicher Ziegelsteinklinik rollten. In der Nähe des Vordereingangs parkte ein Krankenwagen mit noch blinkenden Lichtern.
    Gott, nein! Nicht hier!
    »Warum hat man meine Familie hierher gebracht? Sie braucht ein richtiges Krankenhaus. Dieser Ort ist böse.«
    »Böse? Hören Sie mal, Mann, ich weiß nicht, was ich Ihnen sagen soll, aber wenn Sie Ihre Frau und Ihr Kind sehen wollen – das ist der Ort, an dem sie sind. Wenn ich Sie lieber in die Stadt zurückbringen soll ...«
    »Nein!«, rief ich etwas lauter als beabsichtigt. »Beeilen Sie sich einfach, ja?« Als wir neben dem Krankenwagen zum Stehen kamen, wirkte der Polizist erleichter darüber, dass ich aus seinem Auto stieg.
    »Viel Glück, mein Freund.«
    Ich ersparte mir eine Antwort und bedanke mich nicht einmal für die Fahrt. Stattdessen rannte ich wieder los. Ich konnte den Gedanken nicht ertragen, dass Dr. Marshall meine Familie in die Hände bekommen könnte; jede Sekunde zählte. Im Krankenwagen befand sich niemand, also steuerte ich auf die Eingangstür zu, fand sie jedoch verriegelt vor. Ich blickte zurück zum Streifenwagen und wollte um Hilfe rufen, doch die Worte erstarben mir in der Kehle, als ich sah, dass Drake in Polizeiuniform neben dem Auto stand und mich unter der Krempe seines vom Regen durchnässten Huts hervor angrinste. Er deutete auf die Tür, dann hob er die große, fleischige Faust und machte in der Luft neben seinem Kopf eine Klopfgeste.
    Ich wollte Drake nicht den Rücken zukehren, aber im Moment überwog meine Sorge um meine Familie, also begann ich, gegen die Eingangstür zu hämmern und zu brüllen, man möge mich hineinlassen. Die schwere Tür schwang auf, und Dr. Marshalls griesgrämige alte Sekretärin holte mich aus dem Regen.
    »Wo sind sie?«, fragte ich; mein Angstbarometer stieg ständig, meine Geduld war erschöpft.
    »Entspannen Sie sich, Mr. Fox. Sie werden feststellen, dass es Ihrer Familie gutgeht. Dr. Marshall hat sich um sie gekümmert. Sowohl ihre Frau als auch ihr Sohn ruhen sich gemütlich im dritten Stock aus. Sie können sie jederzeit sehen. Ich denke, Sie kennen den Weg.«
    Damit machte die Sekretärin auf dem Absatz kehrt und ging zurück in die Vorhalle mit der hohen Kuppel, ohne einen weiteren Blick zurück zu mir zu werfen, um zu sehen, was ich vorhatte. Ich hatte ohnehin keine Möglichkeiten zur Wahl.
    Der dritte Stock ...
    Warum hatte man sie in den dritten Stock gebracht? Dort oben befanden sich keine Patientenräume. Das Einzige, was es im dritten Stock gab ...
    Nein. Bitte nicht!
    Ich preschte zur Treppe und raste hinauf, so schnell ich konnte, zwei Stufen auf einmal nehmend. Aber ganz gleich, wie rasch ich mich bewegte, ich hatte ein beklemmendes Gefühl, welche Richtung dieser Traum einschlug, und vor dem Schatten des Grauens, der mich verfolgte, konnte ich nicht wegrennen. Ich erreichte den Flur im dritten Stock und rannte geradewegs auf den Bluterraum zu, der sich auf halbem Weg durch den Gang befand. Es war der einzige Ort, wo meine Frau und mein Sohn sein konnten.
    An der Tür musste ich mich zwingen, den Raum sofort zu betreten. Würde ich innehalten, um zu Atem zu gelangen, brächte ich vielleicht nicht mehr die Nerven auf, mich dazu zu überwinden. Jackie und Daniel lagen in den

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