Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Amputiert

Amputiert

Titel: Amputiert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gord Rollo
Vom Netzwerk:
humpelte zwar noch, allerdings kaum merklich. Eine ziemlich beeindruckende Genesung, wenn man bedachte, dass dies nicht einmal seine Beine waren. Unwillkürlich fragte ich mich, wessen Beine es waren und was sie mit dem armen Kerl angestellt hatten, von dem sie stammten. Lag er irgendwo in diesem Raum neben mir? Oder war seine Nützlichkeit erschöpft, und hatte er bereits die Reise über die Abfallentsorgungsrutsche zur Verbrennungsanlage im Keller angetreten?
    Dr. Marshall und Drake flüsterten am Fenster miteinander, drehten sich um und deuteten auf einzelne Betten, dann gingen sie zurück zur Tür. Mein Herz begann, wild zu pochen, als sie am Fußende meines Betts stehen blieben und mich direkt ansahen.
    »Sind Sie sicher?«, fragte Dr. Marshall seinen Handlanger.
    Drake betrachtete mich mit Augen so kalt, schwarz und gefühllos wie die eines Weißen Hais, der seine Beute anstarrt. Dann kam er einen Schritt näher, und ein wildes Grinsen, das sich auf seinem Gesicht ausbreitete, steigerte die Ähnlichkeit zusätzlich.
    »Oh, absolut. Er ist es«, meinte Drake.
    Was bin ich?
    So sehr ich mich dafür schämte, ich zitterte in der Gegenwart diese beiden Wahnsinnigen unkontrollierbar. Noch vor wenigen Monaten hätte ich ihnen eine neunmalkluge Bemerkung an den Kopf geschleudert oder ihnen zumindest gesagt, sie sollen sich verpissen, aber der Großteil meines Mutes musste mir zusammen mit meinen Armen und Beinen abgeschnitten worden sein, denn ich blieb stumm, wagte nicht, auch nur ein Wort von mir zu geben.
    »Na schön«, sagte Dr. Marshall. »Bringen Sie ihn so schnell wie möglich nach unten, Drake. Wir haben bereits zu viel Zeit vergeudet. Ich gehe nachsehen, ob alles bereit ist.«
    »Ja, Sir. Sofort.«
    Dr. Marshall ging ohne einen weiteren Blick zurück. Nun, da er seine Entscheidung getroffen hatte, waren die anderen in ihren Betten festgezurrten Männer völlig bedeutungslos für ihn. Kaum war er durch die Tür getreten, schob ein großer, hagerer Krankenpfleger eine gepolsterte, mit Leder überzogene Bahre herein, kam herüber und stellte sich neben Drake.
    »Machen wir eine Ausfahrt, Mike«, sagte Drake und genoss offensichtlich jede Sekunde. Dann flüsterte er dem Krankenpfleger zu: »Schaff ihn hier raus.«
    »Wohin bringst du mich?«, wollte ich von dem Krankenpfleger wissen, der meine Gurte löste und mich unsanft auf die Bahre neben dem Bett hievte.
    Er ignorierte meine Frage, vermied sogar den Blickkontakt mit mir, deshalb brüllte ich zu Drake: »Was ist hier los, Drake? Lasst mich in Ruhe, gottverdammt!«
    Er grinste nur, wandte sich ab und bedeutete dem Krankenpfleger mit der Hand, ihm zu folgen. Innerhalb von Sekunden war ich auf der Bahre festgeschnallt und wurde auf die Tür zugeschoben. Mir gelang ein flüchtiger Blick zu Lucas und Rotbart. Beide zitterten ebenso heftig wie ich, und ihre Gesichter wirkten bleicher als arktische Geister. Ich würde sie vielleicht nie wiedersehen und wollte etwas sagen, um sie zu beruhigen, sie auffordern, sich keine Sorgen um mich zu machen, doch ich bekam keine Gelegenheit dazu. Bevor mir auch nur ein Wort einfiel, war ich zur Tür hinaus und wurde durch den Gang gerollt.

Kapitel 25
    Die Fahrt mit der Bahre war erschreckend und verwirrend; ich hatte keine Ahnung, wohin es ging, lag festgezurrt auf dem Rücken und konnte nur die Neonlampen sehen, die an der Decke vorbeirasten, als wir hinter Drake hereilten. Er wartete im Aufzug und hielt die Tür für uns auf, als wir eintraten. Immer noch grinste er mich an wie ein böser Clown mit einem schmutzigen Geheimnis. Ich war klug genug, ihn nichts zu fragen, und so fuhren wir schweigend nach unten, nachdem sich die Türen geschlossen hatten.
    Wieder hetzten wir den Gang entlang, folgten erneut dem Sicherheitschef.
    Sind wir im Erdgeschoss oder im ersten Stock?
    Schließlich blieb Drake vor einer soliden Doppeltür aus Holz stehen, legte die Hand auf einen an der Wand montierten Scanner und wartete auf die Freigabe.
    »Von hier an übernehme ich ihn, Steve«, sagte er zu dem Krankenpfleger, scheuchte ihn weg und schob die Bahre selbst durch die offene Tür.
    Drinnen schloss Drake die Tür, rollte mich in die Mitte des Raums und drückte eine Taste an meiner Bahre, die es ihm ermöglichte, mich fast senkrecht zu kippen, sodass ich mein Umfeld besser sehen konnte. Nicht, dass es viel zu sehen gab. In dem kühlen Raum herrschten Stille und hohe Luftfeuchtigkeit, was mich an die Salzwasseraquarien im Marineland an den

Weitere Kostenlose Bücher