Amrum, Kerle, Liebe 2 - Connor spinnt
Verlockungen? Hier war ich gefundenes Fressen, aber dort gehe ich unter. Ich bin doch nur ein mittelmäßig aussehender Mann, der keinerlei besondere Attribute hat.
Am Abend vor der Abreise packe ich meine paar Sachen und gucke mich in dem Kellerverließ um, das jetzt für ein halbes Jahr mein Zuhause gewesen ist. Ich hab es liebgewonnen und doch freue ich mich auf das helle Zimmer in der WG, das ab morgen wieder meins sein wird. Ich schließe den Koffer und gehe nach oben, um dem Chef ‚Auf Wiedersehen‘ zu sagen. Der steht im Empfang und fertigt gerade einen blonden Kerl ab, dessen Anblick mein Herz zum Rasen bringt.
„Connor?“, frage ich atemlos.
Der Mann dreht sich um und sein Blick frisst sich in mein Herz. Connor sieht dünn aus und seine Gesichtszüge wirken gealtert. Er lächelt und mein Chef grinst breit.
„Jan, würdest du Herrn Mikkelsen auf sein Zimmer geleiten? Ich weiß, du hast keinen Dienst, aber ihr kennt euch scheinbar“, sagt er, dabei hält er den Schlüssel hoch.
„Klar“, sage ich mit rauer Stimme, gehe hin und schnappe mir den Schlüssel.
Connors Augen folgen mir und ich sehe, wie sehr ihn das Wiedersehen mitnimmt. Mir geht es nicht anders, auch ich fühle mich ganz abgehoben. Wie im Traum laufe ich die Treppe hoch und durch den Flur, wohl wissend, dass Connor hinter mir ist. Ich schließe eine Tür auf und öffne sie. Helles Licht dringt in den Gang und ich gucke den Mann an, mit dem ich seit Wochen nur telefoniere. Das hier ist jetzt echt und zugleich so, als wäre es eine Phantasie.
„Jan“, flüstert Connor und bleibt vor mir stehen, „Darf ich dich heute Abend zum Essen ausführen?“
Ich muss lachen.
„Ins Kiefernwäldchen?“, frage ich amüsiert.
„Hm, nein, in ein profanes Hotelzimmer“, sagt Connor und lächelt verlegen.
Connor ist VERLEGEN? Ich stutze und muss schlucken. Dies hier ist ein ganz anderer Mann als der, den ich vor wenigen Wochen kennengelernt habe. Hat er vielleicht einen Zwilling und sitzt jetzt in Hamburg, wo er sich ins Fäustchen lacht? Schnell überlege ich, ob er unveränderliche Kennzeichen hat.
„Hast du deinen Ausweis dabei?“, frage ich, bevor ich mich zurückhalten kann.
„Ja, wieso?“ Connor runzelt die Stirn und guckt irritiert.
„Würdest du ihn mir zeigen?“
„Klar.“ Er holt seine Brieftasche aus der Jackeninnentasche und zeigt mir das Dokument.
Connor Mikkelsen steht da und das Foto hat auch eine gewisse Ähnlichkeit. Ich drehe das Plastikkärtchen in meinen Händen und gebe es dann Connor zurück, der es schmunzelnd wegsteckt.
„Gut, du bist es“, murmele ich und bemerke, dass wir immer noch im Gang stehen.
„Was ist denn nun? Kommst du zum Essen?“, hakt Connor nach.
„Natürlich. Ich muss nur noch was erledigen. In einer Stunde bin ich dann verfügbar“, sage ich und er geht endlich in sein Zimmer.
Hätte er mich geküsst, würden wir immer noch hier stehen. Zum Glück hat er es nicht getan, aber ich wünsche es mir trotzdem. So sehr wie ich mir wünsche, endlich alle Bedenken fallen lassen zu können.
Wie versprochen erscheine ich eine Stunde später erneut. Nun ist alles erledigt und meiner Abreise steht nichts mehr im Wege. Ich freue mich einerseits, andererseits war die Zeit hier auch schön und – vor allem – hat sie mir Connor gebracht, den ich in Hamburg niemals auf diese Art kennengelernt hätte. Okay, die Art war nicht schön aber jetzt scheint alles gut zu sein. Wenn ich doch nur glauben könnte…
„Herein“, höre ich ihn rufen, nachdem ich leise geklopft habe.
Er steht am Fenster und seine Haare sind noch nass von der Dusche. Augenblicklich verstärkt sich das Kribbeln in meinem Bauch. Ich möchte die Nase in seine Halsbeuge stecken und den frischen Duft einatmen, an seinem Ohr knabbern und ihn küssen, bis wir beide erstickt sind.
„Wo ist das Restaurant?“, frage ich stattdessen.
„Da draußen.“ Connor zeigt auf den kleinen Balkon, der zu diesem Zimmer gehört.
Es passen zwei Stühle und ein Bistrotisch auf die winzige Fläche. Ich gehe hin und trete in die Sonne hinaus. Allerlei Feinkostsalate stehen auf dem Tisch, außerdem Baguette und eine Flasche Rotwein, zusammen mit – Elviras Gläsern.
„Du hast die Gläser geklaut?“, frage ich amüsiert.
„Nein.“ Connor gesellt sich zu mir und setzt sich auf einen der Stühle. „Sie hat mir die Gläser geliehen unter der Bedingung, dass ich dich endlich glücklich
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