An Alle! Gesucht wird Mörder... Kommissar Morry
entfuhr ihm plötzlich ein gereiztes Brummen: „Damned! Das ist doch nicht möglich! — Sollte er es wirklich sein?“
Nur für Bruchteile von Sekunden hatten seine Augen das schmale Gesicht des Fremden in der hintersten Ecke des Lokals durch die dichtumlagerte Theke hindurch erblickt. Dann verschwand es wieder hinter der Menschentraube. Wie elektrisiert zuckte Sam Thiller zusammen, um sofort seinen massigen Körper bis zur äußersten Tresenkante hinzuwälzen.
„Shut up, er ist es wirklich!“ überzeugte er sich vollends von der Richtigkeit seiner Annahme. Mit der gleichen Geschwindigkeit kam er wieder zu der verdutzt dreinschauenden Bedienung zurück.
„Was ist? — Warum. ..“ wollte sie die Ursache seines aufgeregten Verhaltens wissen. Sie wurde jedoch augenblicklich von dem dröhnenden Organ des Dicken unterbrochen.
„Halt deinen Mund! Geh sofort wieder an den Tisch des Mannes zurück und halte ihn solange auf, bis du mich wieder hinter dem Tresen stehen siehst! Und daß du dich nicht unterstehst, ihm gegenüber irgendeine Andeutung über Beatrice Shannon zu machen. So, jetzt verschwinde und tue, was ich dir gesagt habe! Dalli, dalli, sonst mache ich dir Beine!“
Ängstlich schlängelte sich die Serviererin an dem dicken Budiker vorbei und versuchte möglichst schnell an den Tisch des Fremden zu kommen. Kaum hatte sie dem Manne ihren Rücken zugedreht, als dieser abermals seinen Platz hinter der Theke verließ. Mit einer Wendigkeit, die keiner seinen Körpermaßen zugetraut hätte, raste er durch das angrenzende Zimmer, durchquerte einen weiteren Raum und riß fast einen altmodischen Fernsprecher aus dessen Halterung. Wie von Sinnen drehte er die Nummer des Alhambra-Clubs in Holborn ein.
„Hallo, Boy! — Hier ist Sam Thiller von der Haifisch-Bay“, rief er mit voller Lautstärke in das Sprachrohr hinein, als sich der Portier des Clubs nach wenigen Augenblicken gemeldet hatte.
„Nun, Sam, wo brennt's denn?“ antwortete dieser in aller Gemütsruhe mit schläfrigem Ton.
Sam Thiller begann zu rasen, als er das unterdrückte Kichern des Portiers am anderen Ende der Leitung nach einem vorangegangenen Laut des Gähnens vernahm. Seine augenblickliche Verfassung war wirklich nicht die beste. Dennoch schluckte er einen seiner kräftigen Flüche mit saurer Miene hinunter. — Jede Sekunde schien ihm kostbar zu sein.
„Rede jetzt nur keinen Quatsch!“ wurde seine Stimme gefährlich leise. Gehorsam wurde es am anderen Ende der Leitung still.
„Ich muß schnellstens Pat Folker sprechen, hörst du? — Hole ihn herbei, ich habe ihm etwas sehr Wichtiges mitzuteilen!“
Nach einigen undefinierbaren Lauten des diensthabenden Geistes vom Alhambra-Club wurde es für Sam Thillers Begriffe unheimlich ruhig in der Leitung. Obwohl es keine zwei Minuten gedauert hatte, bis der Knecht die allmächtige Stimme seines Herrn vernahm, fühlte Sam Thiller, daß seine Hände feucht geworden waren. Eine schon an Furcht grenzende Nervosität hatte von seinen ganzen zweihundert Pfund Besitz ergriffen.
„Evening, Sam! — Ich höre, du bist total aus dem Häuschen. Nun, was gibt's denn?“
„Pat! — Ich glaube, da ist eine verdammte Schweinerei gegen uns im Gange.“
„Hm, wie kommst du darauf?“
„Ganz einfach, Pat! — In unserem Bau hält sich seit einigen Minuten ein Kerl auf, den wir sehr gut kennen.“ „Mache es nicht so spannend, Sam, sage es! Wer ist es?“
„Kein anderer als dieser Dr. Steenlund ... !“
Peng — das saß!“
Auch Pat Folker schien jetzt wie aus heiterem Himmel heraus eine kalte Dusche bekommen zu haben. — Für Augenblicke war nichts als sein keuchender Atem durch die Leitung zu hören.
„Sam! Hast du dich da auch nicht geirrt? — Dieser ulkige Doktor mit seinem menschenfreundlichen Herz muß doch bis zu seinem Lebensende in Dartmoor sitzen. — Wie kommt es dann, daß ...“
„Weiß ich nicht, Pat! Verflucht, und geirrt habe ich mich auch nicht! Mir persönlich wäre seine Anwesenheit in dem überfüllten Raum gar nicht aufgefallen. Aber dieser Doktor interessierte sich sehr auffällig für die Schwester seines ebenfalls auf Dajrtmoor eingeschlossenen Leidensgefährten. Verstehst du es jetzt?“
„Damned! Es sieht so aus, als wenn dieser üble Boy, dieser Eric Shannon geplaudert hätte.“
„So wird es gewesen sein. Deshalb rufe ich dich ja auch an. Der Doktor sitzt noch in unserem Laden, Pat. — Was sollen wir unternehmen?“
Minutenlanges Schweigen. — Nur das
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