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An die Empoerten dieser Erde

An die Empoerten dieser Erde

Titel: An die Empoerten dieser Erde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stéphane Hessel
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die Ökonomie, damit die großen Ausgaben auch Nutzen für den einzelnen Menschen abwerfen. Wir brauchen so etwas wie einen wirtschaftlichen Sicherheitsrat, den sich Gorbatschow wünschte, damit wir der jungen Generation das Gefühl geben können, dass es auch anders werden kann. Die Armen müssen reicher werden und die Privilegierten, ja die Überprivilegierten ihre Privilegien verlieren, wie es damals für die Privilegierten des Adels und des Klerus während der Französischen Revolution der Fall war.
    R.M.: Ökonomen im Umfeld der Organisation Attac sehen in der Sparpolitik nur wieder eine Umverteilung des Reichtums von unten
     nach oben. Ja, manche argumentieren mit Naomi Klein 43 , dass diese Sparpolitik nur eine wirtschaftliche
     »Schocktherapie« sei, die ja Milton Friedman empfahl, um während Krisenzeiten oder nach Naturkatastrophen unangenehme, sprich, neoliberale Reformendurchsetzen zu können. Haben Sie konkrete Vorschläge für eine Umverteilung, um die Krise zu überwinden?
    S.H.: Es wäre jetzt wichtig, eine Wirtschaftspolitik nach John Maynard Keynes zu etablieren, oder anders gesagt, der Staat müsste investieren. Aber nicht blindlings. Wir brauchen eine neue Art des Wirtschaftens, des ethischen Wirtschaftens, und da muss die Ökologie eine wichtige Rolle spielen. Unsere Wirtschaft muss auf die Qualität setzen, statt auf immer mehr Wachstum, also Quantität. Wir müssen deshalb einerseits ein soziales, andererseits ein ökologisches Wirtschaften pflegen. Nachhaltigkeit bedeutet in diesem Zusammenhang, dass wir lokales Wirtschaften stärken müssen, statt immer mehr zu globalisieren. Wir müssen auch den fairen Handel fördern und in alternative Techniken wie Wasser- und Sonnenenergie investieren – und nicht in eine gefährliche Energie wie die Kernenergie. Kurzum, wo immer möglich, soll eine soziale Ökonomie entstehen, die die Solidarität zwischen den Ländern fördert und sie nicht unter den Druck der Konkurrenz setzt.
    R.M.: Aber die derzeitige Krise ist vor allem auch einem unreglementierten Finanzkapitalismus geschuldet, unter dem die reale Wirtschaft immer mehr leidet, weil immer mehr Geld aus den Betrieben zu den Aktionären geht und so in spekulative Geschäfte fließen kann.
    S.H.: Ja, das ist so. Was ich in dem Buch Wege der Hoffnung zusammen mit Edgar Morin vorgeschlagen habe, ist deshalb Folgendes: Wir müssen diesbezüglich eine schärfereKontrolle der Banken und der internationalen Finanztransaktionen haben. Wir müssen die Steuern heben, damit weniger »spekulatives« Geld vorhanden ist, und international Steueroasen ächten, außerdem braucht es eine Überwachung der Rating-Agenturen.
    R.M.: Ein verhängnisvoller Kreislauf für manche Ökonomen, die darin eine Art Selbstbedienung sehen: Private Rating-Agenturen, die die Kreditwürdigkeit von Ländern herunterstufen, so dass diese Länder auf dem Markt nur noch zu teurem Geld kommen, das wiederum Private geben! Angesichts der Schuldenkrise beklagen manche mangelnde demokratische Transparenz. Man verweist auf die Einsetzung von Technokraten wie in Italien. Die politische Theorie spricht immer mehr von der »Postdemokratie«, so etwa Colin Crouch 44 , in der immer mehr oligarchisch organisierte Gruppen statt demokratisch legitimierter das Sagen haben und auch über die Medien verfügen. Was machen wir gegen diese Tendenzen?
    S.H.: Dagegen gibt es so eine Bewegung wie die Occupy Wall Street zum Beispiel, aber nicht nur. Die Entstehung eines andauernden Protestes, einer generalisierten Empörung gegen die Art und Weise, wie wir heute wirtschaften, das ist doch das Entscheidende! Woher soll denn die Veränderung kommen? Doch nur daher, dass Menschen sich zusammentun, junge Menschen insbesondere, die die Lage verändern wollen und das Vertrauen haben, sie auch verändern zu können. Und daher, dass sie nicht allein den Regierungen und den Finanzmächten Gehör schenken, sondern vor allem ihrer eigenen Verantwortlichkeit als Bürger.
    R.M.: Sie meinen also, dass diese Art der Bewältigung der Schuldenkrise, die die Jugend Europas auf die Straße setzt, dazu führen wird, dass die derzeitige Politik sich selber untergräbt?
    S.H.: Also, das Einzige, wozu ich ein bisschen mit meinem Büchlein Empört Euch! beigetragen habe, ist doch, den zivilgesellschaftlichen Akteuren gesagt zu haben: »Halt mal, ihr habt die Verantwortung. Ihr könnt nicht euch auf die Straße setzen lassen und dann sagen, wir können nichts dagegen tun. Das stimmt

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