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An Paris hat niemand gedacht

An Paris hat niemand gedacht

Titel: An Paris hat niemand gedacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Veronika Peters
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zwischen die Beine geklemmt hat.
    Valentin lächelt zufrieden, als Marta beginnt, Dinge in einen der bereitgestellten Körbe zu legen. Eine Kokosnuss, zwei Päckchen Gewürzpulver, eine winzige Holzdose in Form einer Schildkröte.

    Am Boden, neben der Kasse, entdeckt sie das Spiel.
    Es sieht fast genauso aus, wie sie es in Erinnerung hat: aus einem Stück Holz geschnitzt, an den Seiten mit kleinen Masken und einfachen geometrischen Formen verziert. Auf dem würfelförmigen Fuß ein lang gezogenes Spielbrett, in das zwölf Mulden eingelassen sind: zwei Reihen zu je sechs. Die Gewinnschalen sind rechts und links angefügt.
    Ihres war etwas größer. Marta mochte den Klang der Kaurimuscheln, wenn sie in die Holznäpfe fielen, das Gefühl, wenn sie mehrere in der geschlossenen Hand zu halten versuchte, um jeweils nur eine herausgleiten zu lassen, bis die Reihe gelegt war: Klack, klack, klack, klack, klack.
    Mamadou hatte ihr erklärt, dass es streng genommen keine Muscheln, sondern Schnecken waren, die an Korallenstöcken im Pazifischen Ozean lebten. Früher konnte man damit bezahlen.
    Wenn alle Körner, die fallen,
wachsen würden,
fände niemand mehr
im Wald seinen Weg.
    Ein Sprichwort seiner Mutter, hatte er ihr erzählt, sie habe viele davon gekannt und sie ihren Kindern weitergegeben. Auch die Tanten hätten dies getan. Aber die Geschichten von Spinne und Leopard, die seien ihm die liebsten, heute noch. Wie stolz sie war, als sie ihm eine aus dem Stegreif erzählen konnte! Mamadou freute sich und nannte sie ein kluges Mädchen. Sie solle diese Geschichten nie vergessen, mahnte er, auch wenn sie zurückkehre in das deutsche Land, aus dem sie gekommen war. Marta schwor es ihm, und Mamadou lachte. »Très bien!«

    Er wollte sie nicht mit in sein Dorf nehmen, kein einziges Mal.
    »Wir sagen es niemandem. Du brauchst mich auch nicht wieder zurückzubringen.«
    »Nein. Geht nicht!«
    »Warum?«
    »Verboten!«
    »Gar nicht verboten!«
    »Sie finden dich, kleine Marta, und dann bringen sie mich ins Gefängnis. Willst du das?«
    »Ich mache mich ganz winzig klein und unsichtbar.«
    »Schluss jetzt! Du kannst bei mir sein, wenn ich hier bin, aber wenn ich in mein Dorf gehe, musst du bleiben. Sei ein braves Mädchen, und mach mir keinen Ärger!«
    In Abständen von drei bis vier Wochen verschwand er für einige Tage, um seine Familie zu besuchen. Sein Zimmer im Schuppen neben der Garage war dann abgeschlossen, aber Marta wusste, wo er den Schlüssel deponierte. Es war mehr eine Kammer: zwei Holzkisten, ein wackeliger Stuhl, auf dem nie jemand saß, ein Feldbett, bedeckt von einer bunten Decke, die an den Seiten bis zum Boden hing. Da passte sie genau drunter, niemand fand sie in diesem Versteck, und es roch gut. Dort stand auch die kleine Frau. Sie durfte nicht mit ihr spielen, aber als sie ihr die Kette mit dem goldenen Herz schenkte, freute sich die kleine Frau. Mamadou legte sie ihr um den grob geschnitzten Hals, stellte noch ein Schälchen mit Mangofleisch davor. Er sagte, das sei keine Puppe, sondern seine Geistfrau. Ein Onkel habe sie ihm geschnitzt, weil er noch immer nicht verheiratet sei. »Der Onkel glaubt, dass eine Frau wartet, bis ich sie finde, dann werden wir viele Kinder haben.«
    »Suchst du sie denn, wenn du in dein Dorf gehst?«

    »Die kleine Geistfrau soll das machen.«
    Sie hat durchs Schlüsselloch beobachtet, wie er das Schnapsglas in einem Zug leerte, das Marta ihm für die kleine Frau mit Richards bestem Whiskey gefüllt hatte. Wahrscheinlich gefiel das der Geistfrau; auch dass die Kette später fort war, wird sie nicht gestört haben. Die kleine Geistfrau war freundlich, teilte gerne. Und geschenkt war geschenkt, da durfte man nicht nachfragen.
    Mamadou brachte von einem seiner Ausflüge das Holzspiel mit den Kaurimuscheln mit, und Richard kaufte es ihm für ein paar Francs ab. Sie nahmen es mit nach Deutschland, wo es im »guten Zimmer«, das Kinder nur in der Weihnachtszeit unbeaufsichtigt betreten durften, seinen Platz fand. Marta dachte sich eine Solovariante aus, die sie während der Feiertage so lange spielte, bis es niemand mehr hören konnte. »Bist du taub? Ich habe gesagt: Schluss mit dem Krach!«
    Sie träumte, dass nachts im Dorf das Fallen der Muscheln im dumpfen Schlag des Maniokstampfers unterging, betete noch immer: mach mich schwarz, bitte, dann kann ich fort von hier und werde Aura Pokus neue Tochter.

    »Was kostet das?«
    »Neunundvierzig.«
    »Kann ich Kauris dazu haben

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