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An Paris hat niemand gedacht

An Paris hat niemand gedacht

Titel: An Paris hat niemand gedacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Veronika Peters
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zum Niesen bringt. Er lacht, streicht ihr übers Haar.
    »Valentin, ich kann wohl ein paar Tage lang nicht zur Arbeit kommen.«
    »Hat Paul schon erzählt. Kein Problem. Die neue Aushilfe
sagt, sie ist froh, wenn einige Schichten mehr für sie drin sind.«
    Yannis kommt mit seiner Lederleine im Maul angetrottet und bleibt mit wedelndem Schwanz vor ihnen sitzen, bis Valentin sich vor ihn hinkniet und hinter den Ohren krault.
    »Soll ich den Dicken mitnehmen?«
    »Wollte gerade mit ihm rausgehen.«
    »Im Nachthemd?«
    Marta folgt ihm in die Küche, wo er sich eine Tasse aus dem Schrank holt und den Wasserkocher in Gang setzt.
    »Willst du auch Tee?«
    »Hat Paul dir gesagt, dass du nach mir schauen sollst?«
    »Schwarz oder grün?«
    »Mir egal, ich ziehe mich schnell an.«
    Valentin deutet auf ihren Verband. »Braucht man dafür nicht zwei Hände?«
    »Ich rufe dich, wenn ich Hilfe benötige.«
    Im Bad steht noch der geöffnete Verbandskasten. Mehrere hastig aufgerissene Zellophanhüllen liegen obenauf, das Ende einer Mullbinde lugt zwischen Brandsalbe und Kompressen hervor. Marta stülpt sich eine Plastiktüte über den Arm und beginnt sich notdürftig zu waschen.
    Als sie die Küche betritt, schaut Valentin sie über den Rand der Zeitung an.
    »Elfenbeinküste, ist das nicht das Land, in dem du als Kind warst? Wo dieser irre Präsident eine Riesenbasilika in seinem Heimatdorf im afrikanischen Nirgendwo bauen ließ?«
    Marta nickt und lässt sich auf den Stuhl neben ihm fallen.
    »Das afrikanische Nirgendwo ist jetzt Hauptstadt. Yamoussoukro. Aber die Kathedrale gab’s zu meiner Zeit noch nicht. Ich weiß nicht mehr darüber als du.«

    »Hattest du nie den Wunsch, noch einmal hinzufahren, dir das Land anzusehen, wie es heute ist?«
    »Kindheitserinnerungen mit der afrikanischen Realität konfrontieren? Ich weiß nicht.«
    »Aber du hast darüber nachgedacht.«
    »Ja, kann sein. Ich wäre damals gerne dort geblieben, als meine Eltern nach Deutschland zurückgegangen sind. Wochenlang hatte ich vor dem Einschlafen gebetet, meine Haut möge schwarz werden über Nacht. Dann wäre es unmöglich, mich nach Europa mitzunehmen, dachte ich. Ich könnte bleiben und mit Mamadou in sein Dorf gehen, um dort bei ihm und seiner Familie zu leben.«
    »Das klingt verrückt und traurig.«
    »Das war ich auch, als ich klein war: traurig und verrückt. Solange ich denken kann, wollte ich jemand anderes sein. Ich habe mich immer nur weggewünscht.«
    »Und heute? Wo und was wärst du gern?«
    »Ich wäre gerne hier und wie du.«
    »Ein mäßig erfolgreicher Maler, der mit spärlichen Einnahmen aus einer Kneipe und großzügigen Anteilen an der väterlichen Firma sein Leben finanziert?«
    »So würde ich dich nicht beschreiben.«
    Valentin zieht zwei Zigaretten aus der halbzerdrückten Packung, zündet beide an und drückt Marta eine zwischen die Lippen.
    Mit dem Tee spült sie eine weitere Schmerztablette hinunter. Valentin schiebt einen Aschenbecher in ihre Reichweite.
    »Wer war der Mann, mit dem du in sein Dorf gehen wolltest?«
    »Unser Boy. So eine Art Mädchen für alles im Haushalt.«
    »Ihr habt ihn ›Boy‹ genannt?«

    »Nein, sein Name war Mamadou.«
    »Und du hattest ihn gern?«
    »Sag mal, was wird das hier, eine biographische Fragestunde?«
    »Natürliches Interesse an meinen Mitmenschen.«
    »Ich frage dich ja auch nicht, warum du jedes Jahr am Weihnachtsabend für mich und ein paar von deinen Künstlern Sauerbraten machst, während dein Bruder eure Eltern besucht.«
    »Die Antwort ist nicht gerade logisch, aber vielleicht würde es mich ja freuen, wenn du das mal fragst.«
    Yannis legt seine Leine behutsam in Martas Schoß, schubst sie mit seiner sabbernden Schnauze am Arm, winselt einige jämmerliche Töne.
    »Dein Hund muss mal raus.«
    »Das ist Pauls Hund!«
    »Marta-Mädchen, du kannst einem ab und zu ganz schön auf die Nerven gehen! Komm mit, ich zeige dir einen neuen Laden, den ich nicht weit von hier entdeckt habe. Das wird dir gefallen.«

    Regale, vollgestopft bis unter die Decke: bunte Tücher, Yamswurzeln, Holzfiguren, Bier aus Tansania, Perlenketten, künstliche Haarteile mit Rastazöpfen. Wahrscheinlich ist es der Geruch, denkt Marta, etwas Vertrautes, von dem sie glaubte, dass es sich im Vergessen aufgelöst hätte. Sie hebt ihre Nase und zieht die Luft ein. In der Ecke sitzt ein schwarzer Mann mit bunt bedrucktem Hemd und bearbeitet selbstvergessen mehrere kleine Trommeln, die er sich in einer Reihe

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