An und für dich
Augen wie eine schlecht gemachte optische Täuschung. Vielleicht wäre es doch eine ganz gute Idee, etwas zu essen.
Doug holte etwas aus der Jacke, fuhrwerkte kurz unter dem Tisch herum und reichte ihr dann einen Pappbecher mit Wein. »Casa Santos Lima, Touriz 2002, sag’s nicht zu laut, sonst wollen alle was abhaben. Prost!« Er nahm seinen Burger. »Was war das beste Essen, das du jemals gegessen hast?«
Sie knabberte an ihrem Cheeseburger. Das Fleisch war verkohlt. Die Zwiebeln waren klebrig und süß. Der Käse war krümelig. Es war gut. Besser gesagt, fantastisch. »Ich weiß nicht. Ein Abendessen im Farrington’s wahrscheinlich, als es noch zwei Michelinsterne hatte.«
»Was hast du denn gegessen?«
Sie versuchte, sich an einzelne Gerichte zu erinnern, aber ihr fiel keins ein. »Hübsche kleine Scheibchen. Irgendwas mit winzigen Punkten von irgendwas anderem darauf. Weiß nicht mehr. War aber lecker.«
»An dieses Essen hier wirst du dich für den Rest deines Lebens erinnern.« Doug leckte sich die Finger ab. »Daran erinnerst du dich noch, wenn du im Altersheim sitzt und sabberst.«
Sie seufzte und biss in ihren Burger. »Wenn das hier noch lange dauert, kann ich mich da gleich einweisen lasen.«
Doug lachte. »Jetzt darfst du mir eine Frage stellen.«
»Ich seh dir doch an, dass du es mir sowieso erzählen willst«, knurrte Saffy, »also los. Was war das Beste, was du je gegessen hast?«
»2002. Ich bin per Anhalter von Kopenhagen nach Tarifa gefahren, um da zu surfen. In Hamburg haben sie mir mein gesamtes Geld geklaut. Am Ende habe ich in einer Essiggurken-Fabrik gearbeitet, hab meine letzten Dollar für den Campingplatz ausgegeben und eine Woche lang nur saure Gurken gegessen.
Mit meinem Honorar bin ich zum Fischmarkt gegangen und habe mir zwei Kilo Garnelen, ein paar Zitronen, Knoblauch, eine Flasche Riesling und eine Bratpfanne gekauft. Hab sie mir auf dem Campingkocher in Butter gebraten und mit den Fingern gegessen.«
Saffy schluckte den letzten Bissen hinunter. Sie konnte dem Drang nicht widerstehen, ihn zurechtzuweisen. Wieder mal. »Du hattest doch gar keine Butter gekauft.«
»Stimmt.« Er grinste. »Aber im Nachbarzelt hat eine Schwedin gewohnt. Die hatte jede Menge.«
9
Tanya sah aus, als hätte sie sich bei den Strippersachen aus dem Fundus bedient. Sie trug einen sehr kurzen, glänzenden schwarzen Mantel und darunter ein noch kürzeres und noch glänzenderes rotes Kleid. Weiße Spitzensöckchen ringelten sich über ihre roten, fünfzehn Zentimeter hohen Stilettos. In der Hand hatte sie ihre Hello-Kitty-Lunchbox, die sie als Handtasche verwendete. »Oh mein Gott! Voll das geile Zimmer! Muss ja voll teuer sein.«
Da hatte sie recht. Ohne Frühstück kostete Greg die Suite schon fünfhundert Euro pro Tag. Mit Minibar, Essen und Tiefgarage kam er auf fünftausend pro Woche. Er wusste nicht, wie lange die Kreditkarte das noch mitmachen würde.
»Oooh! Du hast sogar eine Stereoanlage!« Sie sah ihn begeistert an, als hätte er persönlich das Prinzip Hi-Fi erfunden. »Und einen DVD – Player und voll den süßen Mini-Kühlschrank! Ist da Weißwein und alles drin?«
In der Tat. Für zwanzig Euro die Flasche. Greg hatte nicht vorgehabt, ihr etwas zu trinken anzubieten, aber sie sah ihn unter ihrem blauen Pony hervor so hoffnungsvoll an. Er öffnete die Minibar.
Sie stöckelte Richtung Badezimmer davon. »Oh mein Gott! Und hier die voll kuscheligen Bademäntel!«, quietschte sie. »Mit Schleifchen drum! Und die ganzen Sachen von Aveda! Aveda ist echt voll super.«
»Kannst du gern mitnehmen.« Greg schenkte ihr ein Glas Wein ein. Ein einziges Glas, dann würde er sie wieder rausschmeißen. Höchstens eine Viertelstunde.
Es dauerte zwei weitere Miniflaschen Sauvignon Blanc und unzählige Abschweifungen, bis er endlich die ganze Geschichte aus Tanya herausbekommen hatte. Nachdem Greg den Set verlassen hatte, war Roisin in Tränen ausgebrochen und Damo hatte sie im Umkleidebus getröstet. Robert wollte Schluss für heute machen, aber die Crew weigerte sich zu gehen, bevor es keinen neuen Drehplan gab.
Die Statisten zogen ihre Kostüme nicht aus, weil ihnen kein ganzer Tag bezahlt werden sollte. Die Damo-Fans waren wütend, weil sie die Autogramme nicht bekamen, die man ihnen versprochen hatte. Dann tauchte Damo wieder auf und verkündete, dass heute im Gravedigger alles auf seine Rechnung gehen würde und er alle herzlich einlade, und die ganze Belegschaft marschierte in den
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