An und für dich
aus Plastik malten mit Lippenstift Himmel & Hölle aufs Pflaster. Was waren denn das für Leute?, fragte sich Saffy. Wenigstens ein paar von ihnen mussten doch wohl jeden Morgen aufstehen und arbeiten. Bis auf den Bettler, der konnte natürlich ausschlafen.
Dougs Wohnung lag im dritten Stock eines Hauses in der Cur ved Street. Das Wohnzimmer stellte eine wilde Mischung aus ELLE Decoration und The Great Outdoors dar. Ein rotes Samtsofa, ein Zebrafell und ein riesiges, ungerahmtes Ölgemälde von einem nackten Mann auf einem großen weißen Bett, der sich an einen Lachs schmiegte.
»Selbstporträt«, sagte er. »Schlecht, ich weiß. Ich sollte beim Sport bleiben.« Er zeigte auf die Rudermaschine, das Surfbrett, den Stapel Gewichte und das Mountainbike mit den schlammbespritzten Reifen, das an der nackten Ziegelwand lehnte.
Er holte eine Flasche Armagnac hervor, goss ihr ein Glas davon ein und sprach weiter, während er in die Küche ging.
»Probier mal. Auf dem Etikett behauptet ein französischer Kardinal aus dem vierzehnten Jahrhundert, es heilt Hepatitis, Gicht, Geschwüre, und eine Massage erweckt gelähmte Glieder wieder zum Leben «, lachte er. »Nicht, dass ich das ausprobiert hätte!«
Saffy stieg vorsichtig über eine Hantel und legte einen Neoprenanzug über die Sofalehne, um sich hinsetzen zu können. In ihrem Kopf hämmerte es. Sie stellte ihr Glas ab, lehnte sich zurück und schloss für einen Moment die Augen. Als sie sie wieder öffnete, war es Tag und sie saß nicht mehr auf dem Sofa. Sie lag in einem Bett, Doug schlief neben ihr und es roch nach Schokolade und Orangen.
»Hey! Ich hab voll die gute Idee! Barfuß über Samt laufen!« Die blauen Spitzen von Tanyas Pony verschwammen zu einem bläulichen Nebel. Greg wünschte sich, er hätte einen Fotoapparat dabei. Oder Farbe. Er hätte sie so gern gemalt!
Sie zog Schuhe und Söckchen aus, legte die Tagesdecke auf den Boden, trat drauf und vergrub die Zehen darin. Sie sahen aus wie kleine, dicke Nonnen mit winzigen Nagelgesichtern. Greg kicherte.
»Ooohhh, das musst du auch machen. Fast besser als Sex.«
Er beugte sich hinunter, um ebenfalls seine Socken auszuziehen, aber ein angenehmes Schwindelgefühl traf ihn wie ein Sack Federn. Er fiel auf die Knie. Er ließ sich zurücksinken, lag da und betrachtete von unten Tanyas volle, blasse Waden. Weit oben war wie ein Horizont der Saum ihres roten Kleides. Darunter blitzte für einen Moment weiße Spitzenunterwäsche hervor. Er fühlte sich nicht mehr allzu schwul.
Alanis Morissette war im Fernsehen, in diesem Film von Kevin Smith, in dem sie Gott spielt. Greg liebte diesen Film. Er wollte die Lautstärke aufdrehen, aber seine Arme und Beine waren mit einem Bademantelgürtel ans Bett gefesselt. Tanya hockte nur in Unterwäsche auf ihm und hatte einen Eiswürfel zwischen den Zähnen. Sie strich ihm damit über den Oberschenkel, was sich irgendwie seltsam, aber auch sehr aufregend anfühlte.
Auf einmal schepperte Justin Timberlakes »Sexy Back« durch den Raum. Tanya beugte sich über ihn und nahm sein iPhone vom Nachttisch. Sie stellte den Lautsprecher ein und widmete sich wieder ihrer Beschäftigung mit dem Eiswürfel.
»Greg, bist du da? Warum hast du mich auf laut gestellt?« Es war Lauren.
Sie fragte nicht, wie es ihm ging, aber er erzählte es ihr trotzdem.
»Ich bin wunderschön, Lauren. Wunderschön. Und du auch.« Seine Agentin hatte die sechzig bereits überschritten, hatte Übergewicht, Probleme mit der Schilddrüse, graues, dünnes Haar und zog sich an wie eine Obdachlose. Aber sie war wunderschön. Jeder war wunderschön.
»Greg, bist du verrückt geworden? Wie kommst du dazu, GOD persönlich anzurufen? Wie kommst du dazu, einfach so vom Set abzuhauen, dass die Produktionsfirma wegen dir einen halben Drehtag verliert?«
Greg erinnerte sich dunkel, dass er wegen The Station wütend gewesen war. Jetzt gerade hatte er aber ganz andere Gefühle, während Tanyas Kopf auf- und abtauchte.
»Hey, Lauren, chill mal. Ist doch alles okay.«
»Nichts ist okay, du Vollidiot! Wenn hier in L . A . jemand mitkriegt, was heute bei euch passiert ist, kannst du die Rolle in dem Elmore-Leonard-Film vergessen. Ich habe gerade eine halbe Stunde gebraucht, GOD zu überreden, nicht Harvey Weinstein anzurufen und dich auf die schwarze Liste setzen zu lassen.«
› GOD ‹ – das war total komisch, weil Alanis Morissette gerade in diesem Moment in einem weißen Satinhosenanzug auf dem Bildschirm
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