An und für dich
sich wie immer Mühe geben würde, kleiner zu wirken als er, konnte er vergessen.
Als sie wieder ins Wohnzimmer kam, sah es aus, als könnte er auch das Essen vergessen. Sein rechtes Auge war auf die Größe eines Tischtennisballs angeschwollen. Sie zog ihn unter eine Lampe, um es sich näher anzusehen.
»Sieht übel aus. Vielleicht gehst du lieber zurück ins Hotel und rufst einen Arzt an. Sieh dir das mal an.«
Er betrachtete sein Auge im Spiegel. Was war denn das für eine Haarkur? Am liebsten wäre er gleich ins Krankenhaus gefahren, aber er konnte ihr den Antrag ja schlecht in der Notaufnahme machen. Ihm gefiel nicht, was Saffy da über das Hotel gesagt hatte. Er würde es nicht noch eine Nacht dort aushalten, nicht noch eine Nacht ohne sie.
Also schaltete er seinen inneren Mac Malone an. »Mach dir um mich mal keine Sorgen, Süße. Alles paletti.«
Die Grand Canal Street war eine einzige Baustelle, der halbe Bürgersteig war aufgerissen. Saffy stolperte immer wieder auf ihren viel zu hohen Absätzen, lehnte Gregs Arm jedoch ab.
»Wo willst du hin, Greg? Und das meine ich diesmal nicht auf das Leben bezogen, okay? Ich meine jetzt gerade, ist es noch weit?«
Den folgenden Satz hatte er wieder und wieder geübt, bis er perfekt saß. »Wir kehren zurück in die Vergangenheit, Süße. Ins 365. Ich bring dich dahin zurück, wo alles schiefgelaufen ist, und wir fangen noch mal von vorne an.«
Saffy blieb stehen. »Nein!« Im 365 würden sie bestimmt Doug über den Weg laufen. »Ich meine, dafür habe ich nicht die richtigen Sachen an. Lass uns vielleicht lieber nur einen Kaffee trinken gehen.«
Greg war erleichtert. Er hatte Conor zwar noch zweihundert Euro mehr aus dem Kreuz geleiert, als der Ring gekostet hatte, aber davon hatte er nur noch hundertfünfzig übrig. Genug für ein gemeinsames Abendessen, aber nicht mit Champagner.
»Weißt du was? Lass uns einfach nach Hause gehen.« Er lächelte Saffy wieder an wie Jesus. Jesus, dem anscheinend Herodes oder Judas eine verpasst hatte.
»Nach Hause? Was soll das denn heißen? Wir haben kein gemeinsames Zuhause . Wir wohnen nicht mal mehr zusammen.«
Greg sah kurz nach, ob nicht etwa ein Hundehaufen vor ihm lag, und kniete sich hin. Er streckte ihr seine Hand entgegen, in der er ein rotes Lederkästchen hielt. Darin war der größte, funkelndste Platin-Brillantring, den er für die zehntausend von Conors Kreditkarte hatte kaufen können.
»Saffy, willst du mich heiraten?«
11
»Wow, Glückwunsch! Das sind ja tolle Neuigkeiten!« Conor gab sich Mühe, überrascht zu klingen.
»Du wusstest nichts davon?« Saffy lachte. Ihm wurde klar, dass die Freisprechfunktion eingeschaltet war. »Hat dir Greg nichts erzählt? Das passt ja gar nicht zu ihm. Er kann doch sonst kein Geheimnis für sich behalten.«
Greg fiel ihr ins Wort. »Wie redest du denn über deinen Verlobten? Sorry, dass ich dir nichts davon erzählt habe, Conor. Ich wollte das für mich behalten, bis sie wirklich Ja sagt.«
Es war eine harmlose Lüge, aber Conor fühlte sich nicht wohl dabei. »Hey, ich gebe euch mal Jess.« Er gab ihr den Hörer. »Saffy und Greg heiraten.«
» Was ?« Jess tat, als würde sie in Ohnmacht fallen, und setzte sich erst im letzten Moment neben Conor auf die Treppe.
»Bei euch geht’s ja ab«, sagte sie. Am Tag zuvor hatte noch in der Zeitung gestanden, sie hätten sich auseinandergelebt. »Seit wann seid ihr denn verlobt?«
»Seit zwei Stunden.« Saffys Stimme klang vor lauter Aufregung ganz quietschig und hoch, als hätte sie Helium eingeatmet. »Ist das nicht toll?«
»Auf jeden Fall!« Jess zog eine Spidermanfigur unter ihrem nackten Po hervor und sah Conor verwirrt an. »Das ist wirklich toll. Wann wollt ihr denn heiraten?«
»Wahrscheinlich erst Ende nächsten Jahres. Und wir hätten euch gern als Trauzeugen dabei ...«
Aus dem Hörer drang plötzlich Kichern und ein feuchtes Schmatzen, anscheinend knutschten die beiden.
»Uäh.« Sie reichte den Hörer wieder an Conor.
»Ihr meint es also ernst?«, fragte er. »In guten wie in schlechten Zeiten?«
»Ja, Mann! Total ernst!«, sagte Greg. »Auf dass der Tod uns scheidet!«
»Okay, wen rufen wir als Nächstes an?« Greg umarmte Saffy und stieß mit ihr an. Sie hatte ihn noch nie so glücklich erlebt, und er hatte ihrer Meinung nach auch noch nie so umwerfend ausgesehen, besonders im Profil, wenn sie sein geschwollenes Auge nicht sehen konnte. »Wir wär’s mit deiner Mutter?«
Ihre Mutter war sicher
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