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An und für dich

An und für dich

Titel: An und für dich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ella Griffin
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Kärtchen wirklich war: ein Ticket nach London, Paris, New York und Tokyo. In all diese Städte, die sie nie sehen würde, wenn sie dem Wunsch ihrer Eltern nachgäbe und Lehrerin oder Zahnarzthelferin würde.
    Sie erzählte ihnen nichts von der Visitenkarte.
    Die Dame bei Gazelle war nur mäßig begeistert. Man bräuchte erst einmal Probeaufnahmen, bevor sie in die Kartei aufgenommen werden könnte. Jill hatte nicht genug Geld für einen professionellen Fotografen, aber sie kannte jemanden, der wenigstens eine richtige Kamera hatte. Rob Reilly, der Mann von Marie, der besten Freundin ihrer Mutter. Ihre Eltern akzeptierten ihn gerade so, konnten ihn aber nicht wirklich leiden. Vielleicht, weil er Ire oder weil er Friseur war. Vielleicht auch, weil er zwar so alt war wie ihr Vater, aber trotzdem »wie ein Hippie« Jeans und einen Schaffellmantel trug.
    Bei seinem nächsten Besuch schaffte sie es, kurz allein mit ihm zu sprechen. Sie zeigte ihm die Visitenkarte und fragte, ob er ein paar Aufnahmen von ihr machen würde.
    Rob bot an, die Fotos in dem Friseursalon zu schießen, in dem er arbeitete. Jill hatte ihrer Mutter gegenüber ein unglaublich schlechtes Gewissen. Sie hatte ihr erzählt, sie würde in die Bibliothek gehen, und gab das Geld, dass sie ihr für ein Mittagessen unterwegs zugesteckt hatte, für den Bus aus, um ans andere Ende von Bristol zu kommen.
    Sie war nervös. Ein Mädchen, das in dem Salon eine Ausbildung zur Visagistin machte, schminkte sie und machte ihr die Haare. Außerdem alberte sie die ganze Zeit herum, während Rob die Fotos schoss, und das half Jill über ihre Verlegenheit hinweg.
    Als sie wieder dort hinfuhr, um die Fotos abzuholen, war es ihr peinlich. Die Frau auf den Bildern war nicht das siebzehnjährige Mädchen, das sie aus dem Spiegel kannte. Es war eine schöne Fremde mit einer blonden Mähne, einem herzförmigen Gesicht und einem verführerischen Lächeln.
    Rob steckte die Fotos in einen braunen Umschlag und gab sie ihr schnell. Ihr wurde klar, dass es ihm ebenfalls peinlich war, als würden die Bilder genauso viel über ihn verraten wie über sie. Er wollte die zehn Pfund nicht annehmen, mit denen sie den Film bezahlen wollte. »Schon gut«, sagte er, »vergiss es.« Genau das versuchte sie dann auch. Es gelang ihr jedoch nicht.
    Sie blieb oben in ihrem Zimmer, wenn er zusammen mit Marie ihre Eltern besuchte. Aber sie musste die ganze Zeit an ihn denken, und wann immer jemand sie fotografierte, stellte sie sich vor, es wäre Rob.
    Jill war zu klein für den Laufsteg, aber sie hatte den perfekten Siebziger-Jahre-Look. Der Strom von Anfragen für Katalog-Shootings riss nicht ab, und sie musste Entschuldigungsschreiben ihrer Eltern für die Schule fälschen.
    Sie erzählte ihren Freundinnen nichts davon und versteckte die Gagen in den Taschen einer Strickjacke ganz hinten im Kleiderschrank. Sie löste keinen der Schecks jemals ein. Es ging ihr nicht ums Geld. Es war eine Flucht.
    Sie liebte es, aus der stickigen Enge ihres Elternhauses auszubrechen und wenigstens für ein paar Stunden zu diesem selbstbewussten, hübschen Wesen zu werden, das vor der Kamera aus ihr herauskam. Sie kam nie auf den Gedanken, ihre Eltern könnten die Fotos jemals zu Gesicht bekommen.
    Nach einem halben Jahr rief sie wie jeden Montagnachmittag bei Gazelle an. Man sagte ihr, sie sei für ein Zeitschriftencover gebucht worden. Ihr Herz schlug erst höher, dann blieb es fast stehen. Ihre Mutter kaufte die Women’s Weekly zwar nicht, aber sie könnte das Cover ja zufällig an einem Zeitungskiosk entdecken.
    Jill befand, dass Rob der Einzige war, mit dem sie darüber reden konnte. Sie redete sich ein, dass sie nur seine Meinung hören wollte, aber sie kaufte sich ein kurzes, buntes Kleid und Sandalen mit Keilabsatz. Sie zog sich nach der Schule auf der Mädchentoilette um und schminkte sich sorgfältig, wie sie es von den Visagisten gelernt hatte. Dann wartete sie gegenüber von Robs Friseursalon, bis alle außer ihm gegangen waren. Sie überquerte die Straße und betrat den Laden.
    Jill nahm sich die nächste Zeitschrift von dem Tischchen. In der ZIP waren die Models in den Anzeigen älter. Filmstars im gleichen Alter wie sie warben für Antifaltencreme und Pflegespülungen. Alle waren stark mit Photoshop bearbeitet worden, und keine sah besser aus als sie selbst, dachte Jill mit Genugtuung. Sie überflog einen Artikel über eine Nachrichtensprecherin und ihre Shih-Tzus, blätterte um und sah ein Bild von

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