An und für dich
Sadbh.
Für den Artikel über ihre Trennung von Greg damals hatten sie ein altes Foto genommen. Das hier war ein neues. Greg trug ihre Tochter etwas verkrampft auf dem Arm, als wäre sie eine Ladung Wäsche. Er sah sehr gut aus, wie immer, nur mit seinem Auge stimmte irgendetwas nicht.
Vielleicht lag es daran, dass sie gerade an ihn gedacht hatte, was sie sonst so gut wie nie tat, jedenfalls hatte Sadbh auf diesem Foto unglaubliche Ähnlichkeit mit Rob. Jill war überrascht, wie ähnlich sie ihm sah. Die gleiche blasse Haut, der breite Mund und die Augen, von Weitem braun, bei näherem Hinsehen grün. Was sie an Sadbhs Finger entdeckte, überraschte Jill jedoch am meisten.
EX-SOAP-STAR GREG GLEESON BALD UNTER DER HAUBE
Am Freitag werden sich die treuen Fans des attraktiven Feuerwehrmanns Mac Malone von ihrem Held verabschieden müssen – und es wird Tränen geben: Mac stirbt beim Versuch, ein sehbehindertes Frühchen aus dem brennenden Krankenhaus zu retten. Privat ist Schauspieler Greg Gleeson jedoch glücklicher denn je.
Irlands beliebtester Vorabendserie den Rücken zu kehren, verschaffte ihm die Muße, einen lang gehegten Plan in die Tat umzusetzen. Er hat endlich um die Hand seiner langjährigen Freundin Sadbh Martin angehalten.
Die beiden hießen uns in ihrem durchgestylten, loftartigen Apartment am Charlotte Quay willkommen und erzählten bereitwillig von der überraschenden Verlobung und ihren Zukunftsplänen.
Wenn man sich das verliebte Paar so ansieht, mag man kaum glauben, dass sie noch vor Kurzem getrennt waren. Es hatte Gerüchte gegeben, ihre Beziehung sei nicht mehr zu kitten.
»Wir haben uns am Valentinstag getrennt«, gibt Gleeson offen zu. »Ich dachte, ich wäre noch nicht bereit, mich wirklich zu binden. Aber Saffy war sehr verständnisvoll.«
»Ich habe ihm gesagt, er soll sich nicht unter Druck gesetzt fühlen«, fügt die ruhige Sadbh leise hinzu und zeigt uns ihr schüchternes Lächeln und einen zweikarätigen Diamantring.
Gleeson war für ein paar Wochen aus der gemeinsamen Wohnung ausgezogen und in sich gegangen. »Mir ist klar geworden, dass die Beziehung gar nicht das Problem war«, erzählt er mit seiner typischen rauen Stimme. »Das Problem war, dass ich einfach aus The Station herausgewachsen war und eine neue Herausforderung brauchte.«
Als der Entschluss feststand, die Serie zu verlassen, ging alles andere wie von selbst.
»Ich habe den Set verlassen und zu meiner Agentin gesagt: ›Ich bin bereit für Hollywood!‹ Dann habe ich mit Saffy einen romantischen Abendspaziergang im Regen gemacht, und der Rest ist Geschichte.«
Es folgten vier weitere Spalten mit Fotos und Text, aber Jill konnte es nicht mehr ertragen. Sie machte sich seit Wochen Sorgen um ihre Tochter. Hatte gehofft, sie würde mit dem Schmerz fertigwerden. Hatte sich gewünscht, sie trösten zu dürfen. Und Sadbh hatte die ganze Zeit ihre Verlobung gefeiert.
Ein scharfer Schmerz durchfuhr sie wie ein Krampf. Sie hatte so viel aufgegeben für ihre Tochter. Sie hatte alles aufgegeben. Ihr Zuhause, ihre Familie, ihre Karriere als Model. Sie war in ein anderes Land gezogen. Sie hatte sich ein neues Leben aufgebaut und versucht, dort hineinzupassen. Alleinerziehend zu sein war eine schwere, einsame, undankbare Aufgabe, aber sie hatte ihr Bestes gegeben. Sie hatte nie wieder einen Mann wirklich an sich herangelassen, um niemandem die Gelegenheit zu geben, ihnen beiden noch einmal so wehzutun wie Rob, als er sie verlassen hatte. Und das war der Dank: Sie musste aus einer Zeitschrift erfahren, was sich gerade im Leben ihrer Tochter abspielte.
Die Arzthelferin kam ins Wartezimmer. »Lynn Corbett?« Eine dünne, blasse Frau erhob sich mühsam von ihrem Stuhl. Eine junge Frau und ein älterer Mann halfen ihr.
Sie durchquerte den Raum so langsam, dass es fast wehtat zuzusehen. Der Mann stützte sie, die jüngere Frau lief neben ihr und flüsterte ihr aufmunternd zu: »Ja, Mum, gut so. Weiter so. Du hast es fast geschafft.«
Lynn Corbett war wahrscheinlich genauso alt wie Jill, sah aber mindestens zehn Jahre älter aus. Ihr zuzusehen machte sie dennoch so eifersüchtig, dass sie sich abwenden musste. Bei allem, was sie getan hatte, bei jedem Schritt, den sie gemacht hatte, war sie immer allein gewesen. Nie hatte sie jemanden gehabt, der sie unterstützte.
12
Als Conor von der Arbeit nach Hause kam, saß Jess in der Küche vor ihrem Laptop. An ihrer Strickjacke fehlte ein Knopf. Er beugte sich über sie und schob
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