Analog 01
Gerichtsdiener keuchend und mit weit aufgerissenen Augen. Hinter ihm konnten sie ein tiefes Summen hören, unterbrochen von einem gelegentlichen Aufschrei.
Speyer stand unsicher auf. „Was geht dort draußen vor?“ fragte er den Beamten.
„Sir“, keuchte dieser. „Ein … Ding . Eine Art Kasten.“
„Eine Bombe ?“ gurgelte Speyer.
„Ich weiß nicht, was es ist.“
Quentin Thomas ergriff das Wort. „Euer Ehren, wenn ich es mir einmal kurz ansehen dürfte.“ Er ging zur Tür. Dort schweb te tatsächlich ‚eine Art Kasten’ über dem Boden, der ungefähr die Größe eines Fernsehgerätes hatte. Der Anwalt hatte es noch nie zuvor gesehen und wußte doch augenblicklich, was es war. Er drehte sich wieder zu den aufgeschreckten Gesichtern um. „Gentlemen, das ist keine Bombe. Es ist Faust.“
Ordway sprang auf. „Unmöglich! Faust ist in einem Gebäude in Port City. Er ist wesentlich größer als der ganze Gerichtssaal.“
Thomas lächelte. „Setzen Sie sich, Ordway. Ich werde zu ihm hingehen.“
Sie folgten ihm furchtsam und in einiger Entfernung.
Der Verteidiger ging auf den schwebenden Computer zu. Während er sich ihm näherte, hob dieser sich auf Augenhöhe. „Faust, ich bin Quentin Thomas“, sagte er einfach. „Ich bin ein Freund von Robert Morissey. Er ist gegenwärtig im Stadtgefängnis und kümmert sich darum, ob er in sein Gefängnis in den Bergen zurückkehren muß oder nicht.“
Von irgendwo aus dem Innern der Maschine antwortete eine vollklingende, metallische Stimme. „Hallo, Quentin Thomas. Ich weiß, Sie sind ein Freund. Machen Sie sich um Robert Morissey keine Sorgen. Er wird nicht in das Gefängnis gehen.“
„Du bist geschrumpft“, sagte Quentin Thomas.
„Ja. Ich folgte den Anweisungen von Robert Morissey. Es ist nicht besonders schwer.“
„Aber wie bist du vom Labor in den Gerichtssaal gekommen?“
„Das war schon etwas schwerer. Man benötigt dazu die Gatterleinschen Gleichungen des Materietransports. Zuerst muß jedes Atom der zu transportierenden Masse auf eine exakt ab gestimmte Resonanzfrequenz gebracht werden. Als nächstes …“
„Schon gut“, unterbrach ihn Thomas hastig. „Es genügt vollkommen, daß du hier bist.“ Er sah hinter sich und begegnete dem Blick von Richter Speyer. „Euer Ehren, ich rufe Faust als meinen nächsten Zeugen auf.“
„Einen Augenblick“, konterte Speyer. Er raffte seinen Talar und erklomm wieder seinen Richterstuhl. Nachdem er einen Augenblick – in dem er Faust sorgfältig aus dem Augenwinkel beobachtete – verschnauft hatte, sagte er: „Verstehe ich richtig, daß dieser … dieses Ding … ein Computer … als Zeuge in diesem Fall aussagen soll?“
„Ja, Euer Ehren.“
„Aber Sie geben zu, er ist kein menschliches Wesen?“
„Natürlich ist er das nicht. Aber er hat eine separate Persönlichkeit, eine separate Identität und einen übermenschlichen IQ. Wenn die Gerichte dieses Landes es einem Menschen mit einem IQ von achtzig erlauben, als Zeuge aussagen zu dürfen, warum sollte dann Faust mit einem IQ von eintausend nicht zugelassen werden? Wenn Euer Ehren mir erlauben würden, Faust unverbindlich zu befragen, dann könnte ich Euer Ehren vielleicht von seiner Kompetenz überzeugen.“
„Befremdlich, befremdlich“, murmelte Speyer. „Aber fahren Sie fort.“
„Faust, gab Mr. Morissey dir eine primäre Direktive?“
„Ja.“
„Was für eine?“
„Zum Nutzen der Menschheit zu denken und zu arbeiten.“
„Du hast in den zurückliegenden Jahren eine Menge Erfindungen gemacht, ist das korrekt?“
„Ja.“
„Wem gehören sie?“
„Der wahre Besitzer ist Robert Morissey.“
Ordway schrie auf. „Euer Ehren! Ich erhebe Einspruch! Die Verhandlung bewegt sich in Gebiete, die nichts mehr mit der Frage zu tun haben, ob dieses … Ding kompetent ist oder nicht.“
„Damit haben Sie wahrscheinlich recht, Mr. Ordway“, gestand Speyer. „Trotzdem werde ich diese Kreatur auf provisorischer Basis aussagen lassen. Damit meine ich, ich werde mir die Aussage anhören und dann hinterher entscheiden, ob ich sie anerkennen oder streichen lasse. Würde der Gerichtsdiener den Zeugen bitte vereidigen?“
Der Gerichtsdiener trat zögernd einen Schritt vor. „Würden Sie bitte Ihre rechte Hand erheben …“ Dann errötete er. Kein sonderlich guter Anfang. Aber noch während er darüber nachdachte, wie er weiter vorgehen sollte, tauchte eine Hand mit ausgestreckten Fingern über dem Kasten auf. Ah, doch nicht so
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