Analog 02
sehen.“
Der Tyrann von Hamilton hatte offensichtlich alles gehört, was er wissen wollte. Er sagte: „Also, Lehensmann. Ich werde Anweisung geben, daß Sie meiner persönlichen Gesandtschaft bei den Vereinten Planeten zugeteilt werden. Sie reisen mit höchster Dringlichkeitsstufe und Befehlen höchster Geheimhaltung. Major Raleigh wird sich um die Einzelheiten kümmern.“ Er sah aus, als ob er sich an diesem Morgen zur Feier eine Zusatzinjektion gönnen würde.
Auf dem Raumhafen erkannte Temple Major Diana Raleigh zunächst gar nicht. Sie trug nicht mehr die langweilige Uniform des Sicherheitsdienstes, sondern eines der gerade in Mode stehenden sariähnlichen Kleider. Es gibt wohl kaum eine weiblichere Kleidung als den Sari, und seine sanften Falten, die die schlanke, doch kurvenreiche Gestalt der Diana Raleigh umhüllten – in Grün –, änderten nichts daran.
„Heiliger Rauch“, stöhnte Stacy.
Sie war verwirrt. „Aber … was ist denn los, Oberst … das heißt, Stacy?“
Er sagte enttäuscht: „Major, ich bin an Sie in Uniform gewöhnt.
Unsere Verabredung zum Ringen! Ich weigere mich, mit einer jungen Dame in dieser Aufmachung zu ringen, auch nicht im Judostil.“ Sie schnaubte. „Sie werden es sich abgewöhnen müssen, mich Major zu nennen.“
„Mit Vergnügen.“
„Da ein Sicherheitsdienstoffizier von Hamilton auf der Erde nur Naserümpfen auslösen würde, müssen Sie mich vorstellen als Ihre …“
„Frau, Geliebte, Freundin?“
Sie starrte ihn verächtlich an. „… Sekretärin. Sie bleiben Oberstleutnant Temple, aber ich bin Miss Raleigh.“
„Schnickschnack.“
„Sie nehmen diesen Auftrag nicht sehr ernst, Oberst Temple.“
Ein junger Offizier in der Uniform eines Fähnrichs der Raumflotte der Vereinten Planeten näherte sich und salutierte stramm. „Oberst Temple, Miss Raleigh, sind Sie zum Abflug bereit? In einer halben Stunde brennen wir los.“ Seine Augen hingen bewundernd auf Diana Raleigh, und er bemühte sich gar nicht, es zu verbergen.
Stacy erwiderte kalt: „Gehen Sie voraus, wir sind bereit.“
„ Alles , was Sie sagen, Kapitän“, lispelte Diana, und ihre Augen wichen denen des jungen Mannes in einer Burleske von Schüchternheit aus, die für Stacy augenscheinlich war, die der Fähnrich aber nicht bemerkte.
Er strahlte sie an.
Den jungen Mann konnten sie erst ein paar Minuten vor dem Start loswerden; er entwickelte ein Stottern, ein klumpfüßiges Talent, alles zu verpfuschen, was er für sie tun wollte, und die absolute Unfähigkeit, seine Augen von der in Seide gekleideten Diana loszureißen, wiewohl er deswegen ständig auf die Nase fiel.
Als sie schließlich unmittelbar vor dem Anschnallen allein waren, sagte Stacy: „Was haben Sie vor? Wollen Sie die Besatzung aus dem Häuschen bringen, bevor wir noch im Weltraum sind?“
„Wie, Stacy“, meinte sie sittsam. „Sie selbst waren es, der mir zu Bewußtsein gebracht hat, daß ich schließlich eine Frau bin. Und wie süß, wie romantisch haben Sie es ausgedrückt. Sie haben gesagt, Sie hätten nie zuvor das Verlangen verspürt, einen Major zu küssen, und Sie trugen mir an, mit mir im Judostil zu ringen.“
Etwas wurde gleich zu Anfang der achteinhalbtägigen Reise deutlich, Die Offiziere der SS Goddard , eines Raumkreuzers der Vereinten Planeten, hatten kaum etwas mit den Männern gemein, die Diana Raleigh in den Jahren, seit sie eine reife Frau war, kennengelernt hatte. Sie nahmen teil am Menschheitstraum der Eroberung der Sterne, und sie zeigten keinerlei Anzeichen von der narthaverursachten Trägheit, Lethargie und Gelangweiltheit des typischen hamiltonischen Mannes. Überhaupt keine.
Stacy Temple sah sich in Zugzwang. Er hatte nicht vorgehabt, seine Offensive so früh in der Partie zu eröffnen.
Wenn er jedoch bei Diana Raleigh Erfolg haben wollte, so mußte er sich damit beeilen. An Bord der Goddard gab es acht Offiziere, und nur einer von ihnen hatte eine Frau daheim. Raumkreuzer haben selten eine Frau an Bord. Sie befördern auch selten Passagiere; es handelte sich hier um einen besonderen Gunsterweis des Tyrannen von Hamilton. Die Besatzung der Goddard war natürlich hocherfreut.
Am ersten Tag mußte sich Stacy gewaltig anstrengen, um ihr überhaupt so nahe genug zu kommen, daß er mit ihr reden konnte. Er begann sich zu fragen, ob die Offiziere der Goddard je Wache hielten oder sonst Dienst taten. Die ganze Besatzung schien die Zeit damit zu verbringen, um Diana herumzuscharwenzeln.
Am
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