Analog 3
Ecke. Der Hiag hatte ihm den Rücken zugedreht und ihn gar nicht bemerkt. Er war in Begleitung der jungen Frau (Pigge registrierte murrend Billys guten Geschmack), die versuchte, sich zu dem Kauf einer Miniatur- Skegga , aus dunkelmasrigem Calyptusholz, handgeschnitzt und poliert, durchzuringen. Sie hielt das Stück in ihrer Hand und prüfte es sorgfältig. Es schien, daß es nicht ihrem Geschmack entsprach, denn sie legte es zurück auf die Verkaufsmatte. Das Paar schlenderte weiter.
Pigge schossen mehrere Gedanken gleichzeitig durch den Kopf. Zunächst war da die professionelle Neugier, was die Begleitung des Hiags anging, aber da war noch ein anderer Gedanke … Pigge schlich zu den Straßenverkäufern hinüber. Er zeigte auf die Skegga . „Wieviel?“ nach kurzem Feilschen zahlte Pigge die Summe von zweitausend Kroon. Er bestand darauf, die Schnitzerei selbst einzupacken. Er tat dies mit ungewöhnlicher Sorgfalt und vermied dabei, die glänzende Oberfläche zu berühren. Darauf kehrte er zur Leuchtenden Lagune zurück. Auf der Skegga waren mehrere wunderschöne, deutliche Fingerabdrücke, die er per Freiwellentransmission der erkennungsdienstlichen Zentrale von Aphelix übermittelte. Pigge machte einen Eintrag über zweitausend Kroon in seinem Auslagennachweis, die er als Beschattungskosten rechtfertigte, und stellte die Skegga auf den Tisch, wo sie sich gut machte. Er klopfte an Billys Tür, erhielt jedoch keine Antwort und ging zu Bett. Er erwachte früh und rief gleich wieder nach Billy. Immer noch keine Antwort.
Pigge fragte sich, was den Hiag wohl bewogen hatte, anderswo zu übernachten. Er brauchte nicht dreimal zu raten, stieß einen satten Fluch aus und marschierte in den Speisesaal.
Das klare Wasser der Meerenge von Mermynthine glitt mit einem zarten Zischlaut am Rumpf des Aufklärers Caliban entlang. Farbenprächtige tropische Fische wimmelten im Wasser. Mit blitzschnellen Flossenschlägen flohen sie vor dem Unterseeboot. Jarneyvore und Pigge beobachteten das Schauspiel durch die transparenten Rumpfwände des Bootes. Der schweigsame Pilot konzentrierte sich auf seine Armaturen.
Die Caliban steuerte quer durch die Meerenge dem Riff Archipel entgegen. Der Hiag studierte die Karten. Vor ihnen und linkerhand lag die Insel Jaisalm, zehn Kilometer lang und mit vier hervorspringenden Sandbänken versehen, die ihr das Aussehen eines leicht verfremdeten Dudelsacks verliehen. Auf der rechten Seite lag das Vnagar Atoll mit seiner kreisrunden Lagune. Das Boot tauchte unter, blieb aber auf seinem Kurs mitten durch den Kanal, der die beiden Inseln voneinander trennte. Nun ließen sich schwach die Umrisse der Insel Strophny erkennen. Der Pilot korrigierte den Kurs, um das westliche Vorgebirge zu umgehen. Laut Karte mußte dahinter Trixydix liegen.
Es war das erste Mal auf dieser Fahrt, daß der Pilot sprach. „Jeden Augenblick werden Sie beobachten können, daß der Untergrund ansteigt.“
Der Inspektor und der Hiag blickten gebannt nach vorne und nach unten. Der geriffelte Sandboden des Meeres zeigte sich mehr und mehr mit Felsen durchsetzt. Zunächst sahen sie nur kleinere Erhebungen, aber dann auch größere. Und dann begann ein steiler Aufstieg. Weiter oben war …
Nichts.
Es war, als hätte man die Insel horizontal mit einem Messer abgeschnitten. Ungefähr zehn Meter unterhalb der Wasseroberfläche brachen die Fels- und Korallenwände abrupt ab: Darüber war nur das glitzernde Schaukeln der Wellen.
Die Caliban stieg auf bis zur Ebene des Bruchs und verlangsamte ihr Tempo.
„Bemerkenswert flach“, sagte Billy. „Ein absolut ebener, sauberer Schnitt. Das ist kaum zu glauben. Pilot, können Sie bitte langsam über dieser Fläche hin und her kreuzen?“
Das künstliche Plateau unter ihnen war mit einer dünnen Schicht aus Sand und Meeresablagerungen bedeckt. Der Hiag bat den Piloten anzuhalten und begann, Maske und Atemtanks überzuziehen.
„Ich muß mir das einmal näher angucken. In zehn Minuten bin ich wieder zurück.“
Er schlüpfte durch die Luftschleuse, schwamm ein wenig in seitliche Richtung und sank dann geradewegs auf den Boden. Der Sand wirbelte unter seinen Füßen auf, als er den Fels berührte. Er kniete sich auf die flache Oberfläche. Vorsichtig wischte er mit einer Hand den Schutt ab und ging mit den Augen ganz nah heran.
Knapp unterhalb der Oberfläche bewegte sich etwas.
Es hatte Augen. Es war ein Gesicht.
Sein eigenes.
„Mein Gott“, staunte der Hiag. „Lurkin
Weitere Kostenlose Bücher