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Analog 6

Analog 6

Titel: Analog 6 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H. J. Alpers
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Nichts.“
    „Der Böse“, sagte sie, indem sie Ös beim Wort nahm und Ös unterbrach.
    „Ja. Das ist Yd. Und Yd ist böse, soweit ist euer Glaube richtig. Später werden wir uns noch weiter über Yd unterhalten, doch zuvor mußt du mehr von mir erfahren.
    Ich herrsche nur deshalb über dein Volk, weil ich dessen Erlaubnis habe. Doch ihr profitiert auch davon. Meine Weisheit und – sagen wir – eindrucksvolle Erscheinung haben es deinem Stamm ermöglicht, sein Gebiet auszudehnen und sich über alle anderen vergleichbaren Gruppen zu erheben. Mein Vorteil ist, daß ich ohne Unterstützung deiner Gesellschaft nicht lange überleben würde.“
    Wink erlosch.
    „Oh, beruhige dich wieder. Das stimmt schon. Ich esse sehr viel. Und der See ist nicht groß genug, alle meine Bedürfnisse zu stillen. Ohne die Arbeit eurer Fischer … nun, vielleicht würde ich nicht gerade verhungern, ich könnte immer noch schrumpfen. Aber ich habe inzwischen einen Punkt erreicht, wo ich meine Größe nicht weiter verringern kann, ohne dabei etwas von meinem Intellekt einzubüßen. Das möchte ich aber lieber nicht. Doch ich habe mich oft gefragt, wie ihr es euch leisten könnt, mich zu unterstützen.“
    „Aber Gott! Du bist die Quelle allen Wissens, aller Künste der Zivilisation, aller Überlegenheit über andere Stämme, aller Macht …“
    „Nun gut. Ich nehme an, ich habe meine Schuld beglichen. Aber, kleine Grünauge, ich glaubte, du verstündest nun, daß ich kein Gott bin.“
    „Doch wie soll ich Dich dann nennen?“
    „… Daran hatte ich noch gar nicht gedacht. Du kannst mich auch weiterhin Gott nennen, wenn du möchtest, auch gegenüber deinen Gefährten, wenn du es für politisch klug hältst. Doch du mußt mich nicht als Gott betrachten. Betrachte mich lieber als … oh, als Gefangenen des Sees. Oder vielleicht als deinen größten Zuhörer. Oder als das Wartende Ös.
    Oder du könntest mich bei meinem wahren Namen nennen, der mir vor langer Zeit von meinen Freunden gegeben wurde, von denen meiner Art, von meinem lang betrauerten Volk.“
    „Und wie lautete der, Großmächtiger?“ schimmerte sie sanft, von plötzlicher Sympathie für die Gottheit erfüllt.
    „Himmelssänger.“
     
    „… Von meinen Gefährten wurde ich in unseren Begriffen als ‚Künstler’ oder ‚Poet’ bezeichnet. Ich war es, der die Augen erfand und zuerst den Schein der Sterne wahrnahm. Daher kommt der Name Himmelssänger. Selbstverständlich ist meine Gabe der Lichtsprache nur sehr beschränkt, daher mußtest du so mühselig diesen unbeholfenen Kode erlernen. Ich weiß, für dich bin ich kein Sänger, und doch würde es mich freuen …“
    „So soll ich dich demnach bei diesem Namen nennen … Himmelssänger“, antwortete sie zögernd.
    „Danke. Es ist lange her, seit ich einen Freund hatte, der mich beim Freundesnamen nannte.
    Und nun möchte ich dir erzählen, wie mein Volk starb.“
     
    Vor langer Zeit, als die Welt noch jung war, da lebte ein riesiges Meeresungeheuer. Dieses Monster war das erste und einzige seiner Art, und daher hatte es auch keinen Brutschützer, der es liebte und sich seiner annahm. Nun weiß aber jeder, daß ein Junges, das ohne die fürsorgliche Liebe eines Ös aufwächst, keine sehr liebenswerte Person wird. So war es auch mit diesem Monster.
    Es war weder er noch sie noch es und doch von allem etwas, daher machte es selbst ein Kind. Doch es liebte sein Kind nicht, denn das hatte es nie gelernt. Daher schickte es das Junge in die Verbannung.
    Doch das Kind wuchs und erzeugte ebenfalls Kinder, und da es – nach Ungeheuermaßstäben – etwas dumm war, machte es einige beinahe gleichzeitig. Diese Kleinen aber hatten einander als Spielkameraden und zum Liebhaben, daher wurden sie ganz anders als Eltern und Großeltern. Diese neuen Geschöpfe – wir werden sie nicht Ungeheuer nennen – redeten und schwammen und erforschten die Meere und spielten mit Gedanken und machten Kinder und freuten sich an der Welt, bis sie eines Nachts erkannten, daß die Nahrung knapper und knapper wurde, und sie entdeckten, daß Kind – das zweite Ungeheuer, mußt du wissen – viel zu groß geworden war und viel zu Vielfraß. Sie bemühten sich, es auf seine Irrtümer aufmerksam zu machen, doch ungeachtet seiner Größe und Zahl an Jahren war es ziemlich dumm geblieben. Bis es das Offensichtliche nicht mehr länger ignorieren konnte und versuchte, in den Großen Ozean einzudringen, wo das Älteste, das Erste, noch lebte. Doch

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